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# taz.de -- Filme im Flughafen Tempelhof: Kino zum Abheben
> Große Halle, große Streifen: Zwei Monate lang zeigt ein Pop-Up-Kino im
> Flughafen Tempelhof Klassiker der Filmgeschichte und mehr.
Bild: Hat schon einiges gesehen, und jetzt auch Filme: Abflughalle in Tempelhof
Geht man durch die erstaunlich kleine Tür in dem gigantischen, am frühen
Abend bereits ganz vom Schatten verschluckten Gebäude, tritt man in der
Zeit zurück. Im Angesicht der bordeauxrot gestreiften Decken und den
Säulen, die weit hinaufragen in die [1][Tempelhofer] Haupthalle, denkt man
sofort an rauchende Männer in Hut und weit geschnittenem Anzug, in braun
oder grau.
Genau das bekommen die Gäste an diesem Donnerstagabend dann auch. Die
Haupthalle des 2008 stillgelegten Flughafens verwandelt sich nämlich
Donnerstags bis Sonntags in ein Kino. Gezeigt werden bis Ende Dezember vor
allem Klassiker, aber auch Animationsfilme für Kinder. Organisiert hat das
ganze Carolin Ruder, Geschäftsführerin der [2][„Neuen Kammerspiele
Kleinmachnow“.]
Nach einem kurzen Hinweis, dass man die Stühle bitte nicht auf den
wertvollen PVC-Boden rücken sollen, geht es mit dem ersten Klassiker los.
„Immer gebührt der Liebe der erste Platz im Universum“, heißt es auf der
[3][Website des Projekts „thf cinema“] und so startet die Reihe am
Donnerstag mit [4][„Außer Atem“] von Jean-Luc Godard.
Das Licht geht aus. An der rechten Seite des Saales glühen 12 Säulen in
rötlichem Licht. Man hat das Gefühl, die Charaktere könnten jeden Moment
aus der Kinoleinwand hinaustreten und ihre Rauchschwaden in das
Flughafengebäude dampfen, das dafür wie geschaffen scheint. Das liegt nicht
nur an den weiten Anzügen und Hüten, sondern auch daran, dass jedes Wort im
Saal sein Echo findet.
Die Caféstühle aus Eisen sind unbequem. Legt man allerdings den Pulli unter
den Hintern, merkt man wie kalt es in der Halle ist. Die 300 Leute, die vor
der Leinwand Platz genommen haben, sind eben doch nicht genug, um den
leeren Saal zu wärmen. Die meisten, vorhin noch im Corona-Abstand
aufgestellten Stühle sind inzwischen zu Pärchen zusammengerückt worden. Das
Wärmen geht ja auch à deux.
Bevor es zu kalt wird, ist der Film auch schon zu Ende. Der letzte Schuss
hallt durch die Halle, die letzte Rauchwolke dampft aus [5][Belmondos]
Gangster-Maul und Jean Seberg fährt sich mit tiefem Blick über die Lippen.
„Der Typ war so 'ne Nullnummer! Warum dreht man einen ganzen Film über ein
konsequentes Arschloch?“ moniert ein Mann in der Reihe hinter uns. Ich kann
nur zustimmen. Doch dann erklärt uns seine Freundin, dass „Außer Atem“
einer der ersten feministischen Filme gewesen sei. Im damaligen Kontext sei
die Figur des Michel eine Karikatur gewesen, ein ironischer Kommentar auf
den [6][Film Noir].
In der Flughalle aus den 1930ern – und damit noch älter als der Film – ist
diese Ironie wohl an mir vorbeigezogen. Also vielleicht doch nicht das
richtige Ambiente für „Außer Atem“. Nun ja, vielleicht gehe ich in der
ersten Dezemberwoche noch einmal hin. Dann läuft Solaris. Und was kann es
Befreienderes geben, als von einem Flughafen, von dem schon lange nichts
mehr abhebt, ab ins All zu starten – mag es auch das All der 70er-Jahre
sein.
Vom 25.11. bis zum 26.12.2021, Donnerstags bis Sonntags. Tickets auf
thf-cinema.de. 10 Euro Erwachsene, 7 Euro ermäßigt, 5 Euro Kinder
26 Nov 2021
## LINKS
[1] /Gerichtsentscheidung-zum-Vorkaufsrecht/!5815067
[2] /Beginn-der-Berlinale-2020/!5663497
[3] http://thf-cinema.de
[4] /Kinotipp-der-Woche/!5813839
[5] /Zum-Tod-von-Jean-Paul-Belmondo/!5795525
[6] /Hamburger-Filmerbe-Festival-Cinefest/!5810809
## AUTOREN
Hanno Rehlinger
## TAGS
Kino Berlin
Flughafen Tempelhof
Klassiker
Schwerpunkt Stadtland
Spielfilm
Animationsfilm
Schwerpunkt LGBTQIA
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