# taz.de -- Falschberichte in Spanien: Fakes gegen Podemos | |
> 2016 verbreiteten spanische Medien Vorwürfe der illegalen | |
> Parteifinanzierung gegen Podemos. Jetzt zeigen Aufnahmen, dass sie | |
> konstruiert waren. | |
Bild: „Wie kannst du eine Information verbreiten, wenn du denkst, das sie ein… | |
MADRID taz | Gelder aus Venezuela und dem Iran, Konten in Steuerparadiesen. | |
Das sind nur einige der Vorwürfe, denen sich der Gründer der | |
[1][linksalternativen Podemos, Pablo Iglesias], in den letzten Jahren | |
ausgesetzt sah. Alles endete mit der Einstellung der Verfahren, doch der | |
2014 entstandenen Protestpartei schadeten sie trotzdem. Denn die Vorwürfe | |
waren wochenlang Thema in zahlreichen Talkshows. Jetzt wurden Tonaufnahmen | |
bekannt, die zeigen, woher die mutmaßlichen Beweise kamen und wie sie an | |
die Presse gelangten. Und schlimmer noch: wer sie veröffentlichte, obwohl | |
klar war, dass es sich um Fälschungen handelte. | |
„Ich sagte ihm: ‚Eduardo, das ist eine ernste Sache, ich bring das, aber | |
das ist sehr heikel und es ist zu plump‘“, ist Antonio García Ferreras, der | |
Moderator der Sendung „Al Rojo Vivo“ („Glühend heiß“), zu hören. Der… | |
des beliebten Nachrichtenmagazins beim TV-Sender La Sexta unterhält sich | |
mit dem ehemaligen Kommissar José Manuel Villarejo, der wohl für den | |
Mitschnitt verantwortlich ist. | |
Villarejo erklärt, dass die Nachricht, um die es geht, von der Polizei | |
konstruiert wurde. Demnach unterhalte Pablo Iglesias ein Konto auf den | |
Namen seiner Mutter im Steuerparadies Granadinas. Der Präsident Venezuelas, | |
Nicolás Maduro, habe 272.000 Dollar einbezahlt. | |
Ferreras wiederum kam an diese vermeintliche Exlusivstory über einen | |
anderen Kollegen, eben jenen Eduardo Inda, Herausgeber der Nachrichtenseite | |
Okdiario und jeden Samstagabend Teilnehmer der wichtigsten Talkshow bei La | |
Sexta. Ferreras brachte die Nachricht tatsächlich am 6. Mai 2016. Kaum | |
veröffentlicht, sprangen so gut wie alle Sender und die meisten Zeitungen | |
drauf. Tagelang gab es kein anderes Thema, auch dann nicht, als die Bank, | |
auf der Iglesias angeblich das Konto unterhielt, die Nachricht dementierte. | |
## Innenministerium und kleine Gruppe von Polizisten | |
Der Zeitpunkt der Falschnachricht kam nicht von ungefähr. [2][Die 2014 | |
gegründete Podemos] erhielt mit ihrer Politik gegen Korruption und | |
EU-Sparpolitik auf Anhieb fünf EU-Abgeordnete. Im Frühjahr 2016, nur zwei | |
Monate vor den spanischen Parlamentswahlen, lagen sie bei verschiedenen | |
Umfragen auf Platz zwei und eins. Die Schmutzkampagne begann. | |
Das Innenministerium der Regierung unter [3][Mariano Rajoy] von der | |
konservativen Partido Popular (PP) konstruierte mit einer kleinen Gruppe | |
von Polizisten, der sogenannten „patriotischen Polizei“, Vorwürfe gegen | |
Podemos. Bereits zuvor wurde, ebenfalls über Indas Okdiario, eine | |
Ermittlungsakte mit dem Titel PISA, zu deutsch „Pablo Iglesias | |
Aktiengesellschaft“, veröffentlicht. Auch dort ging es um angebliche | |
Zahlungen aus Venezuela und dem Iran. Ein Verfahren wurde später | |
eingestellt. | |
Letztendlich landete Podemos auf Platz drei und die PP regierte weiter. | |
„Was sie gegen uns gemacht haben, kennt keinen Namen“, beschwert sich | |
Iglesias, der schließlich 2020 Vizeregierungschef in einer Koalition mit | |
den Sozialisten wurde. „Wie kannst du eine Information verbreiten, wenn du | |
denkst, das sie eine Lüge ist? Ist das Journalismus?“, fragt er. Moderator | |
Ferreras sieht darin bis heute kein Problem. Er habe Iglesias die | |
Möglichkeit gegeben, sich zu erklären. Iglesias erinnert sich: „Antonio, | |
hältst du es wirklich für wahrscheinlich, das ich ein Konto auf den Namen | |
meiner Mutter unterhalte und Maduro mir Geld überweist?“, habe er gefragt. | |
„Natürlich nicht, aber ich bringe das, und meine Arbeit als Journalist | |
besteht darin, dich nach deiner Version zu fragen“, entgegnete Ferreras. | |
Der ehemalige Kommissar Villarejo wiederum konstruierte nicht nur gegen | |
Iglesias falsche Vorwürfe wie etwa vermeintliche Kontakte nach Kuba und zu | |
der baskischen ETA, sondern auch gegen die Unabhängigkeitsbewegung in | |
Katalonien. Und er ließ Beweise über die illegale Finanzierung der PP | |
verschwinden. Als Rentner bot er seine Dienste Unternehmern an. Dabei ging | |
er wohl zu weit. Seit 2017 sitzt er in Haft. Verfahren unter anderem wegen | |
Geldwäsche und Erpressung laufen. Seither tauchen immer mehr seiner | |
Tonmitschnitte auf. | |
## Bitterkeit auf der Linken, Hahnenkämpfe unter Journalisten | |
„Nachrichten zu veröffentlichen, wenn klar ist, dass sie falsch sind, | |
beschädigt die Demokratie“, erklärt Àngels Barceló, Chefin des | |
Morgenprogramms des meistgehörten spanischen Radiosenders Cadena Ser. Auch | |
ihr Sender verbreitete die falschen Informationen. Auf der Internetseite | |
ist bis heute die vollständige „Ermittlungsakte PISA“ zu finden, ohne | |
Vermerk, dass es sich um einen Fake handelt. | |
Enric Juliana, stellvertretender Direktor der Tageszeitung La Vanguardia | |
aus Barcelona, war einer der wenigen, die 2016 vor falschen Anschuldigungen | |
gegen Podemos warnten. Er schreibt: „Der ‚Villarejo-Effekt‘ wird | |
letztendlich für die PP von Vorteil sein: Bitterkeit auf der Linken, | |
Hahnenkämpfe unter Journalisten, Beleidigungen in den Netzwerken.“ All das | |
würde „bei Menschen, die sich nicht ständig für Politik interessieren“, | |
einen größeren „Wunsch nach einer ‚Partei der Ordnung‘ entstehen“ las… | |
13 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-den-Regionalwahlen-in-Madrid/!5765569 | |
[2] /Nach-Rueckzug-von-Gruender-Pablo-Iglesias/!5774836 | |
[3] /Ermittlungen-gegen-Spaniens-Ex-Premier/!5861526 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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