| # taz.de -- Faktisches Blutspendeverbot für Queers: Sie müssen weiter warten | |
| > Dürfen homo-, trans- und bisexuelle Männer künftig einfacher Blut | |
| > spenden? Die zuständige Arbeitsgruppe hat eine Entscheidung erneut | |
| > vertagt. | |
| Bild: Wer als Mann mit anderen Männern Sex hatte, darf erst ein Jahr danach Bl… | |
| „Dieser Unwillen zum Handeln macht mich fassungslos. Es ist ein richtiger | |
| Schock“, sagt Lucas Hawrylak. Der Aktivist setzt sich schon länger für die | |
| Abschaffung des de facto Blutspendeverbots für Männer ein, die mit anderen | |
| Männern Sex haben. In Deutschland gilt aktuell: Wer als Mann mit anderen | |
| Männern Sex hat, [1][darf erst 12 Monate nach dem letzten | |
| Geschlechtsverkehr Blut spenden.] „Andere Länder gehen mit gutem Beispiel | |
| voran, deshalb verstehe ich nicht, wieso sich Deutschland dagegen wehrt“, | |
| sagt Hawrylak. | |
| Grund für Hawrylaks jüngste Enttäuschung ist eine Antwort des | |
| Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten | |
| Jens Brandenburg, die der taz exklusiv vorliegt. Darin heißt es, die | |
| Arbeitsgruppe Blut wolle sich erst wieder an einem bisher „nicht bekannten“ | |
| Termin treffen, um über eine Änderung der Blutspenderegeln zu entscheiden. | |
| „Der aktuelle Ausschluss stigmatisiert schwule Männer und verschärft die | |
| ohnehin schon akute Knappheit an Blutkonserven. Das diskriminierende | |
| Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer gehört endlich | |
| abgeschafft“, sagt Brandenburg, Sprecher für LSBTI-Angelegenheiten im | |
| Bundestag. | |
| Eigentlich wollte die Arbeitsgruppe [2][schon Ende März entscheiden, ob die | |
| Rückstellfrist von zwölf auf vier Monate verkürzt oder ganz abgeschafft | |
| werden kann]. Die Gruppe besteht aus Paul-Ehrlich Institut, | |
| Robert-Koch-Institut und BMG unter Leitung der Bundesärztekammer (BÄK). | |
| Dieses Treffen war auf den 12. April verlegt worden. Und auch dieser Termin | |
| ist jetzt wieder verschoben worden. | |
| ## „Jahrzehntelang gepflegte Vorurteile“ | |
| „Grund hierfür ist, dass die im Nachgang an die zweite | |
| Arbeitsgruppensitzung erforderliche Überarbeitung der schriftlichen | |
| Ausarbeitungen zu den aktuellen Sachständen noch nicht abgeschlossen ist“, | |
| heißt es in dem Schreiben aus dem BMG. | |
| Der FDP-Abgeordnete Brandenburg hat dafür kein Verständnis. Das | |
| Blutspendeverbot sei wissenschaftlich längst überholt: „Eine überzeugende | |
| wissenschaftliche Erklärung für 12 Monate Enthaltsamkeit gibt es nicht. | |
| Jahrzehntelang gepflegte Vorurteile müssen jetzt endlich objektiven | |
| Erkenntnissen weichen. Für die Sicherheit der Blutspenden ist nicht die | |
| sexuelle Identität der Spender entscheidend, sondern tatsächliches | |
| Risikoverhalten.“Die BÄK, die in der Richtlinie „Hämotherapie“ die | |
| Rückstellfrist regelt, hat sich auf Anfrage nicht zur Verschiebung des | |
| Termins geäußert. | |
| Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss vor drei Wochen kritisierten | |
| unter anderem die Deutsche Aidshilfe und der Lesben- und Schwulenverband | |
| die aktuelle Regelung als diskriminierend und stigmatisierend. Auch die | |
| Initiative „Prout at work“, zu der 16 internationale Unternehmen zählen, | |
| spricht sich in einem Positionspapier für eine Änderung der Regelung aus. | |
| Im Bundestag wollen neben der FDP auch die Grünen eine Gesetzesänderung und | |
| selbst aus der Fraktion des Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) werden | |
| solche Rufe lauter.Vor wenigen Wochen hatte der parlamentarische | |
| Geschäftsführer der CSU, Stefan Müller, bei Twitter geschrieben: „Die | |
| jetzigen Einschränkungen sind nicht nur lebensfern und diskriminieren Homo- | |
| und Bisexuelle, sondern sie sind auch medizinisch gar nicht notwendig.“ | |
| Auch der CDU Bundestagsabgeordnete und Hamburger Landeschef Christoph Ploß | |
| schließt sich dem an. | |
| Dass die Blutspenderegeln noch vor der Bundestagswahl im September geändert | |
| werden, bezweifelt mittlerweile auch Aktivist Hawrylak. Dabei hatte er sich | |
| im August vergangenen Jahres noch mit Gesundheitsminister Spahn getroffen | |
| und zu dem Thema ausgetauscht. „Ich bin damals mit einem guten Gefühl aus | |
| dem Gespräch gegangen“, sagt er rückblickend. Die erneute Vertagung der | |
| Entscheidung bezeichnet Hawrylak als „Hinhaltetaktik, weil | |
| EntscheidungsträgerInnen keine Entscheidung treffen wollen.“ | |
| 9 Apr 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Cedrik Pelka | |
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