# taz.de -- Extinction Rebellion startet Proteste: Probier's mal mit Klimastreik | |
> Die Klimaaktivist*innen von Extinction Rebellion starten ihre | |
> Protestwoche in Berlin und anderswo. Kritik vom Kanzleramt und den | |
> Grünen. | |
Bild: Schminken für das Klima: bunter Protest in Berlin | |
BERLIN/SYDNEY taz/afp/dpa | Das Klimaaktionsbündnis Extinction Rebellion | |
startet am Montagmorgen in Berlin Protestaktionen für mehr Klimaschutz. | |
Nach Angaben des Bündnisses sind rund tausend Aktivist*innen an der | |
Siegessäule. Seit vier Uhr blockieren die Demonstrant*innen alle Straßen | |
rund um den Großen Stern, teilt die Gruppe mit. Die [1][Polizei bestätigt | |
im Kurzbotschaftendienst Twitter], dass tausend Menschen diesen | |
Verkehrsknotenpunkt der Stadt blockieren. | |
Rund um den Großen Stern [2][singen und tanzen vielleicht 600 Menschen]. | |
Banner sind aufgehängt, überall sind mit bunter Kreide Sanduhren in Kreise | |
gemalt – dies ist das Logo der Bewegung. In manchen Zufahrten ist wegen der | |
tiefstehenden Sonne noch Schatten, dort ist es kalt. „Hier bieten uns | |
regelmäßig Leute an, zu rotieren. Oder bringen Tee vorbei“, sagt Laura | |
Metz, Studentin aus Köln. Für die Blockade verpasst sie ihre erste | |
Semesterwoche. Die Klimakrise sei ihr wichtiger, sagt sie. | |
Wer die Blockaden verlässt, kann rund um die Siegessäule die Sonne | |
genießen. In einem Moment bildet sich ein Kreis mit zwanzig Menschen auf | |
der Straße, die Yoga-Übungen machen. Gleich daneben bildet sich ein | |
weiterer Kreis. Die meisten Demonstrierenden rund um den Großen Stern | |
lachen, singen, tanzen – manche schlafen auch einfach nur. | |
„Vielleicht können wir das Ruder ja noch herumreißen. Aber wenn die | |
Menschheit ausstirbt, hat sie es nicht anders verdient“, sagt Kai Röth. Er | |
ist aus Frankfurt ins Klima-Camp am Bundeskanzleramt ganz in der Nähe | |
angereist und wie viele andere bereits um viertel vor 4 losgezogen. Auf | |
seinen Rucksack ist ein Schlafsack geschnürt, an seinem Arm baumelt ein | |
Gitarrenkoffer. „Ich singe Lieder aus dem Songbook for Survival“, sagt er. | |
Im Hintergrund singen andere „Probier's mal mit Klimastreik“ im Rhythmus | |
von „Probier's mal mit Gemütlichkeit“. | |
## Pikachu-Kostüm verbreitet Freude | |
Läuft man vom Brandenburger Tor zum Großen Stern, begegnet man einer Frau | |
im Pikachu-Kostüm, einer Pokémon-Figur. Vanessa Kruse ist müde und auf dem | |
Weg zurück ins Klima-Camp am Bundeskanzleramt: „Wir sind schon seit vier | |
Uhr hier. Wir brauchen eine Pause.“ Vanessa und ihre Begleitung Jan sind | |
aus Lüneburg angereist, seit Samstagmorgen sind sie da. „Mit dem | |
Pikachu-Kostüm wollte ich Freude verbreiten. Das hat auch geklappt. Viele | |
fremde Leute rufen mir ‚Pikachu‘ zu und lachen.“ | |
Extinction Rebellion hat auch eine Arche an der Siegessäule aufgestellt, | |
die auf der Mitte des Großen Sterns steht. Das hölzerne Boot soll an das | |
Artensterben erinnern. Die als Seenotretterin bekannt gewordene Kapitänin | |
Carola Rackete soll dort am Mittag eine Rede halten. Die Polizei wollte die | |
Fläche eigenen Angaben zufolge vorerst nicht räumen. | |
Das Bündnis will in dieser Woche mit Aktionen des zivilen Ungehorsams auf | |
der ganzen Welt den Druck auf die Regierungen erhöhen, mehr gegen den | |
Klimawandel zu tun. In den kommenden zwei Wochen plant die Gruppe Proteste | |
in rund 60 Städten rund um den Globus. Schwerpunkte sind Europa, | |
Nordamerika und Australien, Proteste sind aber auch in Argentinien, | |
Südafrika und Indien vorgesehen. | |
## Kritik aus dem Bundeskanzleramt | |
Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) kritisiert das Vorgehen der | |
Demonstrant*innen. „Man kann dafür oder dagegen demonstrieren, das ist in | |
Ordnung“, sagt Braun im ZDF-„Morgenmagazin“. „Aber gefährliche Angriff… | |
etwa auf den Straßenverkehr – anzukündigen, das geht gar nicht.“ | |
Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigt im Rundfunk | |
Berlin-Brandenburg an, dass die Polizei „mit Augenmaß“ gegen die Blockaden | |
vorgehen werde. „Es ist ja so, dass wir Blockaden, Veranstaltungen durchaus | |
als spontane Demonstrationen werten können, die ja nach Demonstrationsrecht | |
zulässig sind“, sagt Geisel. | |
„Mit Augenmaß heißt, dass wir uns das anschauen werden – es wird dann | |
solche Versammlungen geben, die wir durchaus eine Weile gewähren lassen“, | |
ergänzt der Innensenator. An anderer Stelle werde die Polizei aber bereit | |
sein zu räumen. Gewalttaten würden ebenso wenig geduldet wie Blockaden | |
sogenannter kritischer Infrastruktur wie beispielsweise der Flughäfen. | |
Am Montagfrüh läuft offenbar alles friedlich ab. Die Demonstrant*innen | |
verteilen Handzettel an die Polizei mit dem Hinweis, dass sie die Erde | |
gewaltfrei retten wollen. „Wir bitten Euch: Respektiert unsere körperliche | |
Unversehrtheit!“, heißt es auf den Zetteln. | |
## Giegold und Palmer kritisieren XR | |
Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold kritisiert das Vorgehen von | |
Extinction Rebellion, die bereits mit Drohnen in London den Flugverkehr | |
behindern wollten. „In keiner Demokratie darf man Veränderung durch Protest | |
erzwingen – bei Drohnen am Flughafen gehen Proteste zu weit“, sagt Giegold | |
der Bild-Zeitung. | |
Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, sagt dem Blatt, wer | |
Demokratie und Rechtsstaat für das Handeln gegen den Klimawandel über Bord | |
werfe, werde sicher auch den Kampf gegen den Klimawandel verlieren. | |
„Protest ja, Rebellion nein.“ | |
Auch in Australien und Neuseeland starten am Montag Anhäng*innen des | |
Klimabündnisses ihre Aktionen. In Melbourne treffen sich Demonstrant*innen | |
am frühen Morgen zu einer Mahnwache auf den Stufen des Parlaments. In | |
Sydney halten hunderte Aktivisten einen Sitzstreik auf einer stark | |
befahrenen Straße in der Innenstadt ab, während sich in Brisbane eine | |
kleine Gruppe von Aktivisten an eine Brücke kettet. Im neuseeländischen | |
Wellington sorgen Aktivisten für Verkehrsstörungen, indem sie sich an ein | |
Auto ketten. | |
Extinction Rebellion wurde im vergangenen Jahr in Großbritannien gegründet. | |
Das Aktionsbündnis hofft, allein in London 20.000 bis 30.000 Menschen für | |
Blockaden rund um das Parlament und Regierungsgebäude zu mobilisieren. | |
7 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/PolizeiBerlin_E/status/1181062061280911361 | |
[2] https://twitter.com/XR_Ruhrgebiet/status/1181080317748224000 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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