| # taz.de -- Experten rücken von der Digitalsteuer ab: Zweifel an stärkerer Be… | |
| > Experten im Bundesfinanzministerium stellen eine mögliche Digitalsteuer | |
| > in Frage. Sie warnen vor einer „Dämonisierung der großen | |
| > Digitalunternehmen“. | |
| Bild: Können die großen Digitalkonzerne aufatmen? | |
| Berlin dpa | Im Bundesfinanzministerium gibt es erhebliche Zweifel an einer | |
| stärkeren Besteuerung von US-Internetkonzernen wie Google, Facebook und | |
| Amazon. Eine „Dämonisierung der großen Digitalunternehmen“ sei nicht | |
| zielführend, heißt es der „Bild“-Zeitung zufolge in einem vertraulichen | |
| Papier aus dem Leitungsstab des von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) geführten | |
| Ministeriums. Stattdessen solle man sich auf Maßnahmen gegen | |
| Gewinnverlagerungen konzentrieren. Bei einer stärkeren Besteuerung werden | |
| zudem Gegenmaßnahmen für deutsche Unternehmen in den USA befürchtet. Damit | |
| rücken die Experten von einem Lieblingsprojekt der SPD ab. | |
| Der Sprecher von Scholz betonte aber am Mittwoch in Berlin: „Das Ziel einer | |
| fairen Besteuerung von Internetkonzernen verfolgt das | |
| Bundesfinanzministerium weiter.“ Es würden derzeit mehrere Modelle | |
| diskutiert. „Eine Festlegung des Ministers oder des Hauses auf ein oder | |
| mehrere Instrument(e) gibt es noch nicht.“ | |
| Zu Beginn der Amtszeit hatte Scholz mit Blick auf Verhandlungen auf | |
| EU-Ebene und im Kreis der G20-Staaten noch betont: „Die internationale | |
| Gemeinschaft muss Antworten finden auf die Herausforderungen der | |
| Digitalisierung, die Besteuerung der digitalen Wirtschaft gehört dazu.“ | |
| Doch zuletzt war im Ministerium – [1][auch wegen des Handelskonflikts mit | |
| den USA] – die Skepsis deutlich gewachsen. | |
| Gerade die Parteilinke der SPD pocht aber auf eine Digitalsteuer, da die | |
| Steuervermeidung am Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger rüttelt. Die | |
| EU-Kommission hatte vorgeschlagen, bei einem Jahresumsatz ab 750 Millionen | |
| Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent | |
| Ertragssteuer zu verhängen. Argumentiert wird, dass die Konzerne mit den | |
| Daten von Millionen Nutzern in Europa gewaltige Umsätze machen, aber dort | |
| kaum Steuern zahlten, während Industriekonzerne mit Fabriken in anderen | |
| Ländern dort auch entsprechend Steuern zahlen müssten. | |
| Wenn Scholz sich gegen die Digitalsteuer entscheiden sollte, würde ihm das | |
| Ärger nicht nur in seiner eigenen Partei, sondern auch innerhalb der | |
| Bundesregierung einbringen. So will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
| (CDU) gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine | |
| „faire Digital-Besteuerung“ einsetzen, auf die die EU sich bis Jahresende | |
| einigen soll – das vereinbarten die beiden bei einem Treffen im Juni. | |
| Innerhalb der EU herrscht in Sachen Digitalsteuer allerdings große | |
| Uneinigkeit. [2][Frankreich pocht auf die sogenannte „Gafa-Steuer“] | |
| (Google, Apple, Facebook, Amazon). Länder wie Luxemburg, Irland und Malta | |
| sind hingegen deutlich zögerlicher. Als Argument führen sie häufig an, dass | |
| Europa bei dem Thema nicht vorpreschen, sondern eher eine internationale | |
| Lösung auf OECD-Ebene finden solle. Die Organisation zählt mehr als 30 | |
| Mitgliedstaaten, darunter die USA, eine Einigung scheint dort wenig | |
| wahrscheinlich zu sein. | |
| Ifo-Präsident Clemens Fuest wies in der „Wirtschaftswoche“ darauf hin, dass | |
| die international vereinbarten Regeln zur Besteuerung globaler Konzerne | |
| nicht vorsähen, Gewinne dort zu versteuern, wo die Produkte verkauft | |
| werden. „Sie sind dort zu versteuern, wo sie entwickelt und produziert | |
| werden.“ Da Digitalkonzerne wie Apple und Google ihre Produkte und | |
| Dienstleistungen in den USA entwickelt hätten, liege das Recht zur | |
| Besteuerung der globalen Gewinne dieser Firmen in erster Linie in den USA. | |
| „Europa sollte weniger über neue Steuern und Abgaben auf digitale | |
| Geschäftsmodelle spekulieren“, forderte Fuest. Viel wichtiger sei es, die | |
| Digitalisierung zu fördern und das Projekt eines europäischen Binnenmarktes | |
| für die Digitalwirtschaft voranzubringen. | |
| 5 Sep 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /US-Handelspolitik-und-Weltwirtschaft/!5527253 | |
| [2] /Kommentar-Merkel-Macron-und-die-EU/!5514818 | |
| ## TAGS | |
| Digitalsteuer | |
| Bundesministerium der Finanzen (BMF) | |
| Olaf Scholz | |
| Digitalisierung | |
| Digitalsteuer | |
| personenbezogene Daten | |
| Digital | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Internet-Steuer nach Brexit geplant: Internetkonzerne sollen zahlen | |
| Großbritiannien will nach dem Brexit auf eigene Faust eine Digitalsteuer | |
| für Internetkonzerne einführen. Was bedeutet das für die Konzerne? | |
| Kommentar EU und Digitalsteuer: Die Politik muss handeln | |
| Die großen Internet-Konzerne haben zu viel Macht. Europas Gesetzgeber | |
| müssen ihre Angst vor der Rache von Google, Facebook und Co. ablegen. | |
| Datenhändler im Netz sollen zahlen: Merkel will die Datensteuer | |
| Die Kanzlerin möchte eine Reform vorantreiben, um mehr Abgaben von | |
| IT-Konzernen an den Fiskus einzutreiben. Wissenschaftler sind skeptisch. | |
| EU-Kommission schlägt Steuer vor: Mehr Geld von den Internetkonzernen | |
| Digitalkonzerne würden zu wenig für den Staat zahlen, argumentiert die | |
| Brüsseler Behörde. Liberale Ökonomen warnen vor einer „Europe | |
| first“-Politik. | |
| Ökonom über EU-Haushaltsgipfel: „Die EU muss Google & Co besteuern“ | |
| Die EU verhandelt über ihren neuen Haushalt. Ökonom David Rinaldi fordert | |
| eigene Einnahmen durch Steuern auf die Gewinne von Google oder Amazon. |