# taz.de -- Ex-Wehrsportgruppenchef vor Gericht: Herr Hoffmann kämpft weiter | |
> Der Rechtsextremist streitet vor Gericht gegen den Verfassungsschutz. Der | |
> 78-Jährige gibt sich geläutert – und züchtete zuletzt Schweine. | |
Bild: „Nicht mal über eine rote Ampel gefahren“: Karl-Heinz Hoffmann am Mi… | |
BERLIN taz | Karl-Heinz Hoffmann redet sich in Rage, sein Glatzkopf läuft | |
rot an. „Was soll das alles? Wissen Sie, wie ich mich fühle?“, fragt der | |
78-Jährige den Richter. „Wie ein Jude im Dritten Reich.“ | |
Hoffmann kämpft. Noch immer. Der Bayer war in den siebziger Jahren Anführer | |
der rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann. Im Fränkischen ließ er bis zu | |
450 Anhänger durch Wälder robben, 1980 wurde die Gruppe als | |
verfassungsfeindlich verboten. Ein Anhänger, Gundolf Köhler, verübte später | |
das Oktoberfestattentat in München, 13 Menschen starben. Ein Mitglied | |
erschoss im gleichen Jahr den einstigen Vorsitzenden der israelitischen | |
Kultusgemeinde Nürnbergs und dessen Partnerin. Auch Hoffmann saß mehrere | |
Jahre in Haft. | |
Am Mittwoch kämpft Hoffmann wieder gegen die Bundesrepublik. Diesmal aber | |
mit Paragrafen. In Trachtensakko und Kordhose sitzt er im | |
Verwaltungsgericht Berlin, Raum 1103. Hoffmann hat den | |
Bundesverfassungsschutz verklagt. | |
Neun Monate hatte ihn das Amt 2012 überwachen lassen. Ein Tippgeber hatte | |
dem Verfassungsschutz von einer neuen Rechtsterrorgruppe berichtet: fünf | |
Neonazis, vier „Senioren“. Diese wollten Anschläge auf Kanzlerin Merkel, | |
den „politischen Mittelbau“ oder US-Einrichtungen verüben. Einer der | |
Terrorplaner angeblich: Karl-Heinz Hoffmann. | |
## Hoffmanns Visitenkarte führt den Titel „Systemkritiker“ | |
Der nutzt nun am Mittwoch den kleinen, kargen Gerichtssaal als seine Bühne. | |
Hoffmann ist ohne Anwalt erschienen, an Journalisten verteilt er | |
Visitenkarten mit der Berufsbezeichnung „Systemkritiker“. Die neue | |
Terrorgruppe sei eine „Legende“ des Geheimdienstes, „alles erfunden“, s… | |
er den Richtern. | |
Seit Jahrzehnten sei er „politisch abstinent“, habe „nicht mal eine rote | |
Ampel überfahren“. Selbst seine jüngsten Vorträge vor Neonazis hätten nur | |
dazu gedient, für „Versöhnungsbereitschaft“ mit Migranten zu werben. | |
Dennoch, beklagt er, werde er überwacht. „Das hat mich ruiniert.“ | |
Tatsächlich verdingte sich Hoffmann zuletzt, von seinen Vorträgen | |
abgesehen, vor allem als Züchter von Wollschweinen. Sein Kampfgebiet | |
verlegte er ins Internet. In endlosen Beiträgen lobt er dort AfD-Chefin | |
Frauke Petry oder beklagt die „gnadenlose Hetze“ gegen Beate Zschäpe. Dazu | |
gibt es Videos, in denen Hoffmann nackt in seiner Badewanne sitzt und so | |
tut, als telefoniere er mit dem LKA oder Ursula von der Leyen. | |
## Wohnsitz im alten „Hauptquartier“ | |
Seine Schlachten außerhalb des Internets aber liefen zuletzt nicht gut. In | |
Sachsen verlor er kürzlich sein Rittergut Sahlis mit den Wollschweinen. | |
130.000 Euro hatte Hoffmann nicht an den lokalen Abwasserzweckverband | |
gezahlt. Nun lebt er im Schloss Ermreuth bei Erlangen, einst | |
„Hauptquartier“ der Wehrsportgruppe. Von Sozialhilfe, wie er sagt, als | |
„Ärmster der Armen“. | |
Auch in Berlin läuft es nicht rund. Der Richter lässt durchblicken, dass | |
dem Verfassungsschutz zwar formelle Fehler unterliefen, er aber durchaus | |
einen ausreichenden Verdacht für die Ausforschung sieht – auch wenn sich | |
dieser Verdacht später nicht bestätigte. Nach drei Stunden knickt Hoffmann | |
ein, er zieht die Klage zurück. | |
„Mehr war heute nicht zu holen“, raunt er seiner Handvoll Anhänger zu. Aber | |
es laufe ja noch eine Klage von ihm gegen SPD-Chef Sigmar Gabriel, eine | |
gegen den früheren Generalbundesanwalt Harald Range, eine gegen den | |
Freistaat Bayern. Er habe ja eigentlich nicht mehr politisch tätig sein | |
wollen, sagt Hoffmann. Nun aber werde er die letzten Jahre seines Lebens | |
nutzen, um sich zu „rehabilitieren“. „Jetzt gebe ich keine Ruhemehr.“ | |
10 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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