# taz.de -- EuGH-Urteil zu Diesel-Pkws: Abschalteinrichtungen unzulässig | |
> Autohersteller dürfen keine Software nutzen, die die Abgaswerte auf dem | |
> Prüfstand verbessert. Eine Klatsche für Verkehrsminister Scheuer, sagen | |
> die Grünen. | |
Bild: Prüfung der Abgaswerte bei einem Dieselfahrzeug | |
Luxemburg afp | Autohersteller dürfen keine Abschalteinrichtungen nutzen, | |
die gezielt die Abgaswerte auf dem Prüfstand verbessern. Auch das Ziel, | |
damit Verschleiß und Verschmutzung des Motors zu verhindern, kann eine | |
solche Abschaltvorrichtung nicht rechtfertigen. Das hat der [1][Europäische | |
Gerichtshof (EuGH)] am Donnerstag in Luxemburg entschieden. Nach Volkswagen | |
müssen damit vermehrt auch andere Hersteller mit Schadenersatzforderungen | |
rechnen. (Az: C-693/18 CLCV und weitere) | |
Anlass des EU-weit geltenden Grundsatzurteils ist ein Strafverfahren in | |
Frankreich gegen einen „Autohersteller, der in Frankreich Kraftfahrzeuge | |
vertreibt“. Der Name ist in dem Luxemburger Urteil nicht genannt. Der | |
Hersteller nutzt für seine Diesel-Pkws Abschalteinrichtungen: Dabei erkennt | |
die Steuerungssoftware, ob sich das Auto auf dem Prüfstand befindet. Sie | |
erhöht dann über ein Ventil die Abgasrückführung in den Motor und | |
verbessert so die Emissionswerte. | |
Ein französischer Gutachter hatte festgestellt, dass bei gleicher | |
Abgasrückführung auch die Abgasemissionen im normalen Fahrbetrieb erheblich | |
geringer wären. Aufgrund einer schnelleren Verschmutzung des Motors würden | |
aber „häufigere und kostspieligere Wartungsarbeiten anfallen“. | |
Der EuGH betonte in seinem Urteil, dass die EU-Verordnung zur | |
Typengenehmigung Abschalteinrichtungen verbietet, „die die Wirkung von | |
Emissionskontrollsystemen unter normalen Nutzungsbedingungen verringern“. | |
Die festgelegten Abgaswerte müssten im normalen Fahrbetrieb und über die | |
gesamte Lebensdauer des Autos erreicht werden. „Punktuelle“ Verbesserungen | |
wie hier reichten nicht aus. | |
## Grüne: Klatsche für Scheuer | |
Damit stellten die Luxemburger klar, dass auch die Steuerungssoftware als | |
„Konstruktionsteil“ des Motors anzusehen ist, so dass es sich um eine | |
„Abschalteinrichtung“ im Sinne der Verordnung handelt. Diese sei nach | |
EU-Recht auch dann unzulässig, „wenn die Einrichtung dazu beiträgt, den | |
Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verhindern“. Rechtfertigen | |
lasse sich eine Abschalteinrichtung nur, um „unmittelbare | |
Beschädigungsrisiken“ zu vermeiden, „die zu einer konkreten Gefahr während | |
des Betriebs des Fahrzeugs führen“. | |
Das Urteil erging auf Grundlage der EU-Verordnung zur Typengenehmigung von | |
Kraftfahrzeugen aus dem Jahr 2007. Weil es hier um ein Strafverfahren ging, | |
entschied der EuGH aber nicht ausdrücklich, ob eine Typengenehmigung durch | |
eine unzulässige Abschaltvorrichtung hinfällig wird. Hersteller müssten in | |
dem Fall sämtliche Autos mit einer solchen Einrichtung europaweit | |
zurückrufen. | |
Die Grünen sprachen nach der Urteilsverkündung von einem „guten Tag für | |
saubere Luft in den Städten“. Gleichzeitig sei das Luxemburger Urteil „die | |
nächste Klatsche“ für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Er und sein | |
Vorgänger Alexander Dobrindt (beide CSU) hätten „praktisch alle | |
Abschalteinrichtungen mit Ausnahme derer von VW für legal erklärt“, sagte | |
Fraktionsvize Oliver Krischer der Augsburger Allgemeinen. | |
Keine Entscheidung fällte der EuGH allerdings zu sogenannten | |
Thermofenstern, wie sie beispielsweise Mercedes verwendet. Diese schalten | |
die Abgasreinigung bei hohen und insbesondere auch bei niedrigen | |
Außentemperaturen ab. Dies kann dazu führen, dass in Deutschland im Winter | |
nahezu keine Abgasreinigung mehr stattfindet. Für die Typengenehmigung | |
werden die Abgaswerte bei 20 Grad Celsius gemessen. | |
17 Dec 2020 | |
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[1] https://europa.eu/european-union/about-eu/institutions-bodies/court-justice… | |
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