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# taz.de -- Erste U-Bahn in Jakarta: Eine Antwort auf den Megastau
> Staus gehören in Jakarta zum Alltag. Nun erhält die Stadt erstmals eine
> U-Bahn. Der große Andrang zum Start macht klar: Sie wird nicht reichen.
Bild: Große Feier: Indonesiens Präsident Joko Widodo präsentiert die neue U-…
Jakarta taz | Trotz des Massenandrangs und der schwülheißen Luft lässt sich
Agus seine gute Laune nicht verderben. „Wir warten schon seit 40 Minuten“,
sagt Agus. Er steht mit seinen beiden Kindern vor der neu eröffneten
Metro-Station Bundaran HI, dem zentralen Kreisverkehr im Zentrum Jakartas.
Wegen Überfüllung mussten Sicherheitskräfte die Zugänge zeitweise
schließen. „Das ist uns das historische Ereignis aber wert“, sagt der
34-Jährige und strahlt.
Seit dem Wochenende rollt in Indonesiens Hauptstadt Ratangga, das alte Wort
auf der Insel Java für „Kriegswagen“. Auf diesen Namen für die modernen
Triebwagen haben sich die Stadtoberen von Jakarta geeinigt. Sie rauschen
nun im Minutentakt unterirdisch, zum Teil auf mächtigen Betonstelzen durch
die Stadt. Es handelt sich um die erste Metro in der
11-Millionen-Metropole. Der Großraum zählt über 30 Millionen Menschen.
Zehntausende Indonesierinnen und Indonesier durften am Wochenende die neue
Metro kostenlos ausprobieren. In den Zügen und den Metrostationen
herrschten teilweise Verhältnisse wie in Tokio zur Rushhour. Inzwischen ist
die Metro von Jakarta auch für den Regelbetrieb geöffnet.
Im Vergleich zu den meisten anderen asiatischen Metropolen ist Indonesiens
Hauptstadt spät dran. Im Schnitt 22 Tage im Jahr hat der Einwohner Jakartas
Berechnungen des Fahrdienstleisters Uber und der Boston Consultant Group
zufolge im Stau verbracht. Versuche für ein U-Bahn-System gab es immer
wieder: Seit Mitte der 1980er Jahre gab es 25 Anläufe für den Bau eines
soliden öffentlichen Personennahverkehrsystems (ÖPNV). Sie scheiterten
allesamt an Inkompetenz der Behörden, korrupten Politikern und unklaren
Zuständigkeiten. Mit der Eröffnung der ersten Metro in dem
südostasiatischen Inselstaat hat Joko „Jokowi“ Widodo zunächst als
Gouverneur der Hauptstadt Jakarta, seit 2014 als Präsident von Indonesien
seinen Ruf als „Macher“ bewiesen.
Entsprechend weiß er seinen Erfolg politisch auszuschlachten. Hunderte
Anhänger von Widodos Partei PDI-P donnerten mit ihren Motorrädern zur
Eröffnung an der Metrostration Bundaran HI vorbei. Seine Anhänger trugen
rote T-Shirts mit einem schwarzen Büffelkopf, dem Parteilogo. Einige
schwenken rote PDI-P-Fahnen. „Jokowi, Jokowi“, jubelten sie. Ein älterer
Mann schnaubte verächtlich „Prabowo No“. Es ist Wahlkampf in Indonesien.
Prabowo Subianto ist bei der Präsidentschaftswahl am 17. April Jokowiils
größter Gegner.
## Der Präsident ist im Wahlkampf
Die neue Metro ist daher nicht nur eine Kampfansage an den mörderischen
Verkehr, sondern auch der „Kriegswagen“ des amtierenden Präsidenten im
Wahlkampf. Seine gesamte erste Amtszeit ist geprägt von großen
Infrastrukturmaßnahmen. Der Bau eines neuen Zugs von Jakartas Zentrum zum
internationalen Flughafen Soekarno-Hatta fällt ebenso in seine Amtszeit wie
der Beschluss, eine Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Jakarta und dem 150
Kilometer entfernten Bandung zu errichten.
Das 4,5 Milliarden Euro teure Projekt, das von China finanziert wird, ist
jedoch umstritten. Eine Erhöhung der Geschwindigkeit der bestehenden Züge
auf 100 Stundenkilometer wäre wesentlich billiger, mahnen Kritiker. Sie
würde die Fahrzeit dennoch von derzeit etwa vier Stunden um die Hälfte
reduzieren.
Doch auch mit der neuen Metro wird in Jakarta noch lange kein goldenes
Verkehrszeitalter anbrechen. Der erste Teilabschnitt der neuen Metro ist
gerade einmal 16 Kilometer lang und zählt 13 Stationen. Sie wird erst nach
und nach auf 100 Kilometer ausgebaut.
## Berüchtigt für die vielen Staus
Auf die App-basierten Motorradtaxidienste von Grab and GoJek sind die
meisten Einwohner von Jakarta auch weiterhin angewiesen. Die vielen Mopeds
tragen maßgeblich zu den vielen Staus bei, für die Jakarta in ganz
Südostasien berüchtigt ist.
Ein Problem sieht Faela Sufa, stellvertretende Leiterin des Instituts für
Verkehrs- und Entwicklungspolitik (ITDP) in der fehlenden Integration der
neuen Metro mit etwa Transjakarta, einem Bussystem mit eigener Fahrbahn.
„Die Betreiberfirmen gehören zwar der Stadtverwaltung von Jakarta, aber sie
konkurrieren miteinander“, klagt Sufa.
Und doch: 70 Minuten braucht das Taxi für die 10 Kilometer lange Strecke
zum Haus eines Freundes in Selatan, einem Stadtteil im Süden der Stadt. Mit
der neuen Metro dauert die Strecke etwa halb so lange. Im ersten
Selbstversuch hat sich die MRT also bewährt.
3 Apr 2019
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Verkehrswende
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