Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zwangsräumung indonesischer Bauern: Landebahn statt Reisfelder
> In Indonesien wird der Bau eines internationalen Flughafens
> vorangetrieben – ohne Rücksicht auf die örtliche Bevölkerung.
Bild: Bald ist hier alles asphaltiert
BREMEN taz | Im Landkonflikt um den Neubau des internationalen Flughafens
der indonesischen Stadt Yogykarta kommt es seit Wochenbeginn zu
Zwangsräumungen und Gewalt von staatlichen Sicherheitskräften gegen
Dorfbewohner und Aktivisten. Am Dienstagmorgen standen die Anwohner
mehreren Bulldozern und Hundertschaften von Polizisten gegenüber. Zuvor war
ihnen versichert worden, nur bereits für die Baustelle frei gegebene
Grundstücke würden planiert werden.
Die Realität sah anders aus: Die Bulldozer stießen auf Land mit bewohnten
Häusern vor, rissen Wände ein, fällten Bäume. „Wir wurden von den
Sicherheitskräften eingekesselt“, erzählte der Anwohner Fajar dem
indonesischen Onlineportal Tirto. „Ich sagte ihnen: Das ist mein Land, das
sind meine Bäume. Aber ich bekam keine Antwort.“
Fajar gehört zu den 250 BäuerInnen im Landkreis Kulonprogo, die sich
weigern, das Land ihrer Vorfahren für den Flughafenbau zu verkaufen. Der
Streit besteht seit Jahren. Zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft
unterstützen die Anwohner. Vor dem Bulldozer-Einsatz waren zwölf
AktivistInnen mittels Polizeigewalt, durch die mehrere Menschen verletzt
wurden, in Gewahrsam genommen worden.
Nachdem den aus Yogyakarta angereisten Studierenden nichts vorgeworfen
werden konnte, wurden sie am späten Abend wieder entlassen. Auf ihren
konfiszierten Mobiltelefonen und Kameras hätten die Beamten jedoch alle
Aufnahmen vom Ort des Geschehens gelöscht, so die AktivistInnen.
## Neuer Flughafen für noch mehr Touristen
Das Sultanat Yogyakarta im Herzen der indonesischen Insel Java kann schon
jetzt über Touristen nicht klagen. Am Flughafen Adisucipto am östlichen
Stadtrand landen jährlich mehr als sieben Millionen Passagiere. Die über
1000 Jahre alten Tempel Borobudur und Prambanan in der Nähe Yogyakartas
sind, ebenso wie der Sultanspalast im Herzen der Stadt, berühmte
Reiseziele. Doch die Regierung möchte Tourismus und Infrastruktur ausbauen
und hat ein massives Entwicklungsprogramm aufgelegt.
Yogyakartas Flughafen ist dafür zu klein. Ursprünglich ausgelegt war er
lediglich für 1,6 Millionen Passagiere. Deshalb legten Anfang 2017
Präsident Joko Widodo und Yogyakartas Gouverneur und Sultan, Hamengkubuwono
X., den Grundstein für ihr neues Megaprojekt, das sie auf den Namen NYIA
tauften.
Der New Yogyakarta International Airport soll bis 2019 fertig gestellt sein
und eine Kapazität für jährlich 14 Millionen Passagiere bieten. Der
Sultan/Gouverneur von Yogyakarta hatte zuvor eine Fläche von rund 600
Hektar für den Flughafenbau in fünf Dörfern im Landkreis Kulonprogo
südwestlich von Yogyakarta bestimmt.
Das Areal ist jedoch fruchtbares Landwirtschaftsgebiet, das die Ernährung
vieler Menschen sichert. In einem [1][Dokumentarfilm] der
Rechtshilfeorganisation LBH sieht man Bauern inmitten ihrer grünen Felder
und Gemüsebeete „Die Regierung schert sich nicht um die kleinen Leute“,
sagt die Reisbäuerin Wagirah aus einem der betroffenen Dörfer weinend vor
laufender Kamera.
## Regionale Stimmen ungehört
„Unsere Erde ist fruchtbar, was auch immer wir anbauen, es wächst“, so auch
Agus Widodo, ein Gemüsebauer. Zwar wurde den Bauern Geld für ihr Land
angeboten, doch „Geld macht nicht glücklich“, weiß Bauer Fajar Ahmadi. �…
wird ausgegeben und dann ist es weg. Unser Land hingegen kann auch noch
unsere Enkel ernähren.“
Der Flughafen, betrieben vom Staatskonzern PT Angkasa Pura, ist eines von
248 Projekten von „nationalem strategischen Interesse“, die mit Hilfe eines
Präsidentenerlasses schnell vorangetrieben werden sollen. „Wessen
Interesse?“, fragen sich die Anwohner. Der Planungsprozess habe ohne sie
statt gefunden. Außerdem kritisieren sie die Umweltverträglichkeitsprüfung
für den Flughafen, die erst ausgestellt wurde, nachdem die Bauarbeiten
schon begonnen hatten.
Eigentlich müsste es umgekehrt sein. Die Stimmen der Wissenschaftler, die
den Flughafenbau nahe der Südküste Javas wegen der Gefahr von Tsunamis
ablehnten, fanden offenbar ebenfalls kein Gehör.
9 Dec 2017
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=VMfiyL04Zfw
## AUTOREN
Anett Keller
## TAGS
Flughafen
Indonesien
Kleinbauern
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Verkehrswende
Indonesien
Indonesien
Streetart
## ARTIKEL ZUM THEMA
Erste U-Bahn in Jakarta: Eine Antwort auf den Megastau
Staus gehören in Jakarta zum Alltag. Nun erhält die Stadt erstmals eine
U-Bahn. Der große Andrang zum Start macht klar: Sie wird nicht reichen.
Indonesiens islamistischer Terror: Familien als neue Attentäter
In Indonesien kam es innerhalb eines Tages zu zwei Terroranschlägen. Beide
Male waren die Attentäter Familien mit minderjährigen Kindern.
Der indonesische Vulkan Agung: Anwohner mehr bedroht als Touris
Seit September kündigt sich eine Eruption an, doch der Ausbruch lässt auf
sich warten. Was ist typisch und was nicht beim Agung auf Bali?
Streetart in Yogjakarta: Die Polizei als Auftraggeber
Yogjakarta auf der Insel Java wird durch eine lebendige Streetartszene ganz
bunt. Das ist Kunst für den öffentlichen Raum, ohne Preisschilder.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.