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# taz.de -- Erste Wahlergebnisse in Indonesien: Widodo erklärt sich zum Sieger
> Der gemäßigte bisherige Staatschef erringt einen klaren Erfolg über
> seinen islamistischen Gegenkandidaten. Damit demokratisiert sich das Land
> weiter.
Bild: Indonesiens Wahlsieger Widodo lässt sich von Anhängern fotografieren
Jakarta taz | Der Jubel der Fans und Schaulustigen vor dem Djakarta-Theater
in Indonesiens Hauptstadt ist groß, und die Handykameras klicken wie wild,
als Joko Widodo am Mittwochabend in einer schwarzen Limousine vorfährt.
Laut den Hochrechnungen hat er eine zweite Amtszeit als Präsident
Indonesiens sicher.
Jokowi, wie das Staatsoberhaupt allenthalben genannt wird, gab sich gewohnt
bescheiden. „Warten wir das offizielle Ergebnis der Wahlkommission ab“,
sagte er in die Kameras der Journalisten. Das offizielle Ergebnis wird
Anfang Mai bekanntgegeben. Dank deutlicher Hochrechnungen war er sich am
nächsten Morgen seines Erfolges sicher.
Im Djakarta-Theater trafen sich am Abend des 17. April die Spitzenpolitiker
von Jokowis Partei PDI-P, der Koalitionspartner und sein designierter
Vizepräsident Ma’ruf Amin, um live die ersten Resultate aus den 800.000
Wahlkreisen zu verfolgen. Joko Widodo und der erzkonservative muslimische
Kleriker Ma’ruf Amin kommen nach den bis Donnerstagmittag verfügbaren
Ergebnissen auf 54 Prozent der Stimmen und liegen knapp zehn Prozent vor
Herausforderer Prabowo Subianto und seinem „running mate“ Sandiaga Uno.
Ma'ruf Amins Nominierung war als taktischer Zug Jokowis gewertet worden und
hat ihm offenbar doch mehr genützt als geschadet.
Ex-General Prabowo behauptete allerdings schon vor den ersten
Hochrechnungen, er habe mit 62 Prozent die Wahl gewonnen. Alles andere sei
Wahlbetrug und eine Lüge „parteiischer Wahlforschungsinstitute“, tönte der
ehemalige Kommandeur brutaler militärischer Sondereinheiten unter seinem
damaligen Schwiegervater Diktator Suharto. „Ich bin und werde immer der
Präsident des indonesischen Volkes sein“, verkündete der 67-Jährige.
## Die Mehrheit lehnt Islamisten ab
Prabowos trumphafte Realitätsverweigerung ruft in Indonesien Kopfschütteln
hervor. „Damit hat Prabowo auch unter seinen Anhängern seine
Glaubwürdigkeit verloren“, sagt Andreas Harsono, Autor eines Buches über
„Ethnische und religiöse Gewalt im Post-Suharto-Indonesien“.Der in
Indonesien hoch angesehene politische Analyst, Philosoph und Jesuit Franz
Magnis Suseno erklärt: „Hochmut kommt in der indonesischen Kultur nicht gut
an.“
Der am Tag nach der [1][Wahl] von indonesischen Medien als Interviewpartner
viel gefragte deutschstämmige Suseno zeigt sich erleichtert über die
Wiederwahl von Widodo. „Prabowo wäre sehr gefährlich gewesen“, sagt der
82-Jährige über den Politiker, der sich im Wahlkampf mit radikalen
Islamisten saudi-arabischer Prägung verbündet hatte. „Die Mehrheit der
Indonesier lehnt die Radikalen ab. Die religiösen Spannungen werden jetzt
nachlassen.“
Mit der friedlich verlaufenen Wahl hat Indonesien einmal mehr bewiesen,
dass die Nation mit der weltweit größten muslimischen Bevölkerung seit dem
Sturz von Suharto sich immer weiter demokratisiert. „Die Wahl ist gut, fair
und abgesehen von kleineren Problem auch zufriedenstellend verlaufen“,
bilanziert Harsono.
## Denkzettel nach Blasphemie-Kampagne
Die extrem hohe Wahlbeteiligung von 82 Prozent der 193 Millionen Wähler
führt Harsono auch auf den „Ahok-Faktor“ zurück. Prabowos islamistische
Hilfstruppen hatten 2017 mit dem Vorwurf der Blasphemie die Wiederwahl des
christlichen Gouverneurs von Jakarta, Basuki Tjahaja „Ahok“ Purnama,
vereitelt und den politischen Wegefährten von Jokowi für zwei Jahre ins
Gefängnis gebracht. Das hat viele verärgert. „Die Menschen sind mehr an
Brot-und-Butter-Themen interessiert, auch wenn Religion zunehmend wichtiger
wird“, sagt Harsono.
Wer eine Wahl verliert, ist nach dem Motto „Außer Spesen nix gewesen“
frustriert. Das gilt besonders in Indonesien, wo Kandidaten ihren Wahlkampf
ohne staatliche Finanzierung bestreiten müssen. Für deprimierte
Wahlverlierer haben Krankenhäuser daher Sondereinheiten zur psychischen
Therapie von postwahltraumatischen Belastungsstörungen gebildet.
18 Apr 2019
## LINKS
[1] /Indonesien-vor-der-Wahlentscheidung/!5585145
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Indonesien
Islamismus
Demokratie
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Joko Widodo
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Verkehrswende
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