| # taz.de -- Erneuerbare Energien: Windkraft im Aufwind | |
| > Der Ausbau der Onshore-Windenergie geht voran. Mecklenburg-Vorpommern | |
| > entmachtet Landkreise, Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben große | |
| > Pläne. | |
| Bild: Sollen schneller mehr werden: Windräder, hier im Landkreis Vorpommern-Gr… | |
| Osnabrück taz | Kehrtwenden sind mitunter rasant. Noch vor wenigen Jahren, | |
| in Berlin regierte die CDU-dominierte Große Koalition des Kabinetts Merkel | |
| IV, stand der Windenergieausbau fast vor dem Aus: komplizierte | |
| Ausschreibungen, auslaufende Förderungen, langwierige | |
| Genehmigungsverfahren, Streit um Mindestabstände und Bauflächen. Die Zahl | |
| der Neubauten fiel auf einen Tiefstand. | |
| Jetzt [1][nimmt der Ausbau wieder Fahrt auf]. Einer, der ihn anschiebt, ist | |
| Mecklenburg-Vorpommerns Klimaschutz- und Umweltminister Till Backhaus | |
| (SPD). „Derzeit dauern Genehmigungsverfahren einfach noch zu lange“, sagt | |
| er. „Das müssen wir ändern, wenn wir es mit der Energiewende ernst meinen.�… | |
| Ende 2021 hatte Mecklenburg-Vorpommern Anlagen mit zusammen rund 3,5 | |
| Gigawatt (GW) Leistung. Das ist ausbaufähig. | |
| Um die Hinwendung zur Windkraft zu beschleunigen, hat Backhaus einen | |
| Gesetzentwurf auf den Weg gebracht; Ende Oktober hat das Schweriner | |
| Kabinett ihn gebilligt. Es geht um eine Entmachtung der Landkreise, in | |
| deren Zuständigkeit bei einem Bauantrag die natur- und | |
| artenschutzrechtliche Prüfung fällt. Diese Aufgabe soll den staatlichen | |
| Umweltämtern zugeschlagen werden, die dazu eigens personell aufgestockt | |
| werden. Das führe zu einer „stringenteren Abarbeitung“, hofft Backhaus, zu | |
| mehr Einheitlichkeit. Zieht das Parlament mit, könnte die neue Regelung ab | |
| Januar 2023 greifen. | |
| [2][Schleswig-Holstein] erteilt die Genehmigungen bereits seit Jahren auf | |
| Landesebene. Zuständig für die Genehmigung nach | |
| Bundes-Immissionsschutzgesetz ist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt | |
| und ländliche Räume. | |
| Die neue Landesregierung aus CDU und Grünen habe sich „zum Ziel gesetzt, | |
| weite Flächen für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung zu stellen“, | |
| sagt Tim Radtke, Sprecher des Ministeriums für Inneres und Kommunales, der | |
| taz. „Perspektivisch sollten 15 GW installierte Leistung bis 2030 erreicht | |
| werden.“ Bis dahin muss noch viel geschehen. Ende 2021 kam | |
| Schleswig-Holstein auf rund 7 GW. Zwei Prozent der Landesfläche sind bisher | |
| für die Windenergienutzung bereitgestellt, davon ist viel schon | |
| aufgebraucht. | |
| ## Das Tempo zieht bundesweit an | |
| Wie schleppend der Ausbau bundesweit derzeit vorangeht, zeigt der im | |
| Oktober 2022 erschienene [3][2. Bericht des | |
| Bund-Länder-Kooperationsausschusses], der den Ausbau der erneuerbaren | |
| Energien überwacht, die Flächen, Planungen und Genehmigungen für die | |
| Nutzung der Onshore-Windenergie bilanziert. Das Ergebnis ist alarmierend: | |
| Mit nur etwa 1,7 GW zusätzlicher Leistung sei 2021 zwar doppelt so viel | |
| hinzugebaut worden wie beim zuletzt schwächsten Jahr 2019, dennoch sei „das | |
| Niveau sehr niedrig und etwa so hoch wie vor zehn Jahren“. | |
| Aber immerhin gibt es seit dem Sommer 2022 das „Gesetz zur Erhöhung und | |
| Beschleunigung des Ausbaus von Windenergie an Land“. Es ordnet jedem | |
| Bundesland Flächenbeitragswerte zu. Das Tempo zieht also bundesweit an. | |
| Für Niedersachsen sind hier 1,7 Prozent der Landesfläche bis Ende 2027 | |
| gefordert, 2,2 Prozent bis Ende 2032. Das will die neue rot-grüne | |
| Landesregierung notfalls sogar noch toppen. „Wir werden so schnell wie | |
| möglich 2,2 Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete | |
| rechtsverbindlich ausweisen“, sagt Christian Meyer (Grüne), der designierte | |
| Umweltminister, der taz. Reiche das nicht, um das Ausbauziel des | |
| niedersächsischen Klimaschutzgesetzes zu erreichen, das mindestens 30 | |
| Gigawatt installierter Leistung bis Ende 2035 vorsieht, werde man das | |
| Flächenziel „noch in dieser Legislaturperiode auf 2,5 Prozent anheben“. | |
| Meyers Ziel ist es, pro Jahr mindestens 1,5 GW Onshore-Leistung zu den Ende | |
| 2021 rund 11,7 GW hinzuzufügen. Auch das ist sportlich. Zum Vergleich: 2021 | |
| kamen nur rund 420 Megawatt (MW) Leistung hinzu, in den Jahren davor waren | |
| es teils nur 180. | |
| ## „Wind-Offensive“ in Niedersachsen | |
| Meyer ist zuversichtlich, dass der Zuwachs funktioniert. Niedersachsen sei | |
| „Windland Nummer eins“, sagt er, eine „Wind-Offensive“ solle das ausbau… | |
| Genehmigungsverfahren müssten „vereinfacht, beschleunigt und digitalisiert“ | |
| werden. | |
| In Niedersachsen werden Genehmigungen für Windenergieanlagen durch die | |
| Kommunen erteilt, durch Städte und Gemeinden. Trotzdem ist hier, sagt | |
| Meyer, „jetzt der Turbo drin“. Hat der Windkraftausbau künftig hier | |
| Vorrang, müssen auch Bundeswehr und Denkmalschutz zurückstecken, bisher oft | |
| eine Bremse für die Errichtung neuer Rotoren. | |
| Auch in den kommenden Jahren wird der Bund-Länder-Kooperationsausschuss der | |
| Bundesregierung Bericht erstatten. Eine Zahl steht dann besonders im Fokus: | |
| die Dauer vom Antrag auf Errichtung einer Windkraftanlage bis zur | |
| Genehmigung. Im Moment vergehen im Durchschnitt mehr als zwei Jahre. | |
| 5 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Habeck-gelobt-Ausbau/!5880243 | |
| [2] /Gruene-Energie-in-Schleswig-Holstein/!5849185 | |
| [3] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/EEG-Kooperationsausschuss/2022… | |
| ## AUTOREN | |
| Harff-Peter Schönherr | |
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