| # taz.de -- Erinnerungskultur in Bremen: „Arisierungs“-Mahnmal kommt | |
| > Angestoßen durch eine taz-Kampagne spricht sich Bremens Bürgerschaft | |
| > dafür aus, Profite von Logistikern wie Kühne+Nagel zu benennen. | |
| Bild: Umstrittener Ort: Oben will Kühne+Nagel neu bauen, unten in der Flutschu… | |
| Bremen taz |Alle Fraktionen der Bremer Bürgerschaft haben sich gestern für | |
| die Errichtung eines „Arisierungs“-Mahnmals ausgesprochen. Es soll an die | |
| besondere Rolle Bremens bei der Logistik der „Verwertung“ jüdischen | |
| Eigentums erinnern. | |
| Bremen profitierte von der Massenauswanderung jüdischer Emigranten, die | |
| während des Nationalsozialismus ihren Besitz im Hafen zurücklassen mussten, | |
| vor allem aber von der Ausplünderung der jüdischen Familien, die aus den | |
| besetzten Ländern Westeuropas deportiert wurden. Die maßgebliche Rolle beim | |
| Abtransport ihrer Habseligkeiten zur „Verwertung“ auf „Juden-Auktionen“ | |
| spielte die Bremer Spedition Kühne+Nagel. | |
| Die taz hatte das von der Firma unter den Teppich gekehrte Thema durch ihre | |
| Kampagne „4 qm Wahrheit“ bekannt gemacht und einen Ideenwettbewerb für das | |
| „Arisierungs“-Mahnmal ausgelobt. Zudem stellte sie das Thema durch ein | |
| Symposium in einen breiten historischen Kontext: Fachleute analysierten die | |
| Profit-Trias aus „Fiskus, Firmen und Privatleuten“, auf die das Mahnmal | |
| verweisen soll, in ihrem jeweiligen „Umgang mit dem Unrechtserbe“. | |
| Vertreter aller Fraktionen appellierten nun an Kühne+Nagel, die | |
| Firmenarchive zu öffnen und sich der Thematik zu stellen. Claas Rohmeyer | |
| (CDU) betonte mit Blick auf Mehrheitsaktionär Klaus-Michael Kühne: „Es sind | |
| nicht die Mitarbeiter von Kühne+Nagel, die sich der Aufarbeitung | |
| entgegenstellen.“ Das Gesprächsangebot gegenüber allen Beteiligten bleibe | |
| bestehen – allerdings warnte Claudia Bernhard von der Links-Fraktion: „Wir | |
| dürfen nicht weitere 70 Jahre einem Dialog hinterherlaufen.“ | |
| Unterschiede zeigten sich zwischen den Fraktionen in der Frage, wie das | |
| Mahnmal realisiert werden soll. Mit einem Dringlichkeitsantrag beschloss | |
| eine Mehrheit aus Grünen, SPD und Linken bei Enthaltung der CDU, die | |
| zuständigen Fachgremien zu befassen, dabei auf den Ideen- und | |
| Gestaltungswettbewerb der taz Bezug zu nehmen und „insbesondere auch einen | |
| Standort im Umfeld des Neubaus der Firma Kühne+Nagel einzubeziehen“. | |
| Die CDU betonte in einem umfangreich begründeten eigenen Antrag zwar die | |
| Rolle „von Logistikunternehmen, insbesondere auch in und aus Bremen“ als | |
| „Erfüllungsgehilfen einer Menschen vernichtenden Diktatur“ – verzichtet | |
| aber auf die Nennung von Firmennamen und konkrete Verortungsvorschläge für | |
| das Mahnmal. | |
| Zudem schlägt die CDU einen weiteren Ideenwettbewerb seitens des | |
| Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum vor, „unter Einbeziehung | |
| bereits bestehender Entwürfe“. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) brach eine | |
| Lanze für den Entwurf von Angie Oettingshausen, der aus dem taz-Wettbewerb | |
| hervorging: „Er bringt das Thema sachlich und plastisch auf den Punkt.“ | |
| Denkbar sei darüber hinaus die Einbeziehung weiterer Gedenkorte. | |
| Für die FDP, die einen eigenen Antrag einbrachte, sagte Magnus Buhlert: | |
| „Ich habe viel gefragt, auch zu den alten Möbeln, die bei uns zu Hause | |
| stehen.“ Es gehe, betonte auch Robert Bücking von den Grünen, um die | |
| „Erinnerung an eine Realität, die uns bedrohlich nahe kommt: Die schöne | |
| Kommode im Wohnzimmer, der Karrieresprung des Onkels, vielleicht auch das | |
| Silberbesteck“. | |
| Rohmeyer plädierte für eine pädagogische Befassung mit dem Thema in | |
| Zusammenarbeit mit den Bremer BerufsschülerInnen für Transport und | |
| Logistik: „Sie müssen lernen, dass Möbelwagen zur Ausführung von Verbrechen | |
| gegen die Menschlichkeit verwendet werden können.“ | |
| Als Zeichen der Geschlossenheit stimmten SPD, Grüne und Linke Punkt eins | |
| des CDU-Antrags zu. Der fordert ein „Arisierungs“-Mahnmal als „wichtigen | |
| Beitrag zur Entwicklung einer möglichst breit akzeptierten | |
| Erinnerungskultur“. | |
| Abschließend meldete sich Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) zu Wort: „Der | |
| Senat begrüßt die Errichtung eines solchen Mahnmals ganz ausdrücklich. Wir | |
| werden dafür sorgen, dass dieses Mahnmal errichtet wird.“ In seiner | |
| Eigenschaft als Kultursenator habe er sein Ressort beauftragt, entsprechend | |
| aktiv zu werden und die zuständigen Gremien zu befassen. | |
| 8 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Henning Bleyl | |
| ## TAGS | |
| Kühne und Nagel | |
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| Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
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