# taz.de -- Einstufung der AfD als Verdachtsfall: Das reicht nicht | |
> Endlich hat der Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall eingestuft. | |
> Aber die Behörde kann die Auseinandersetzung mit der AfD nicht allein | |
> tragen. | |
Bild: AfD-Wahlkämpfer 2016 in Sachsen-Anhalt | |
Nun also ist [1][die AfD ein rechtsextremer Verdachtsfall]. Wir reden von | |
einer Partei, in der die Gräuel des Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ | |
bezeichnet wurden. In der Zuwanderung einigen als „Zersetzung“ dieses | |
Landes gilt und Geflüchtete mit Massenabschiebungen außer Landes befördert | |
gehörten, egal wie die Lage in ihren Herkunftsländern aussieht. In der der | |
Islam als „Krebsgeschwür“ bezeichnet wurde und überlegt, alle Moscheen zu | |
überwachen. Und in der permanent Parteien und Medien, ja letztlich die | |
Demokratie an sich, verächtlich gemacht werden. | |
Die Frage ist also nicht, ob die AfD ein rechtsextremer Verdachtsfall ist, | |
sondern was es daran ganze zwei Jahre zu prüfen gab. All diese Äußerungen | |
sind rechtsextreme Narrative, und sie ziehen sich bis hoch in die | |
Parteispitze. Es ist daher folgerichtig, dass dies nun auch der | |
Verfassungsschutz quittiert – und die AfD einen Schritt mehr in Richtung | |
NPD rückt. | |
Und doch hat die Entscheidung einen Makel. Denn durch das lange Abwarten | |
des Geheimdienstes wird diese nun just anderthalb Wochen vor zwei | |
Landtagswahlen publik. Das hat [2][demokratisch einen faden Beigeschmack]; | |
es wirkt wie ein Abschreckungsmanöver für Wähler:innen – und ist für die | |
AfD eine Steilvorlage in ihrem Vorwurf, der Verfassungsschutz werde | |
politisch instrumentalisiert. Man hätte es verhindern können, wäre die | |
Einstufung längst erfolgt. | |
Auch ist noch nicht ausgemacht, ob die Einstufung vor Gericht Bestand hat. | |
Denn die rechtsextremen Äußerungen müssen der Gesamtpartei angelastet | |
werden. Und in den östlichen Bundesländern votierte keine radikale | |
Minderheit für die Partei, sondern mehr als 20 Prozent der Wähler:innen. | |
Dennoch: Nur weil die AfD breit gewählt wird, darf sie das nicht schützen. | |
Im Gegenteil macht es ihre Propaganda umso gefährlicher, wenn sie derart in | |
die Breite streut. | |
## Vormarsch der Radikalen steht bevor | |
Die Partei selbst dürfte die Einstufung nun vorerst wieder in interne | |
Grabenkämpfe werfen. Vor allem Parteichef Meuthen wird unter Beschuss | |
geraten, dessen Mäßigungsappell eine Einstufung nicht verhinderte. Beamte | |
und wer sich sonst noch in der Partei als bürgerlich versteht, [3][müssten | |
jetzt Reißaus nehmen]; eigentlich hätten sie es längst tun müssen. Eine | |
weiterer Vormarsch der Radikalen in der Partei scheint damit | |
vorprogrammiert. | |
Klar ist aber auch: Der Geheimdienst kann der Gesellschaft nicht die | |
Auseinandersetzung mit der AfD abnehmen. Nicht die Diskussion in der | |
Nachbarschaft, nicht in den Parlamenten, nicht den Widerspruch, wenn die | |
Partei Rassismus oder Revisionismus verbreitet. Diese Auseinandersetzung | |
lässt sich nicht an eine Instanz delegieren, die ihre Befunde hinter | |
verschlossenen Türen erarbeitet. | |
Also gleich ganz den Verfassungsschutz rauslassen? Das auch nicht. Solange | |
es diese Behörde gibt und diese als Frühwarnsystem fungieren soll, muss sie | |
Demokratiefeinde benennen – auch die der AfD, und auch dann, wenn man einen | |
früheren Zeitpunkt verpasst hat und nun Wahlkämpfe stattfinden. Der | |
Radikalisierung einfach zuzuschauen, geht nicht. | |
3 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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