# taz.de -- Ein Pilz zerstört Bananenstauden: Die Panama-Krankheit ist zurück | |
> Ein aggressiver Pilz bedroht die konventionelle Bananenproduktion. TR4 | |
> hat mit Kolumbien das erste wichtige Exportland erreicht. | |
Bild: Um den Pilz zu stoppen, wurden diese Bananenstauden auf einer Plantage to… | |
HAMBURG taz | Panama und auch Puerto Rico haben Mitte August sämtliche | |
Bananenimporte aus Kolumbien verboten. Die Angst geht um unter | |
Lateinamerikas Bananenproduzenten, denn Analysen der niederländischen | |
Agraruniversität Wageningen haben bewiesen, dass [1][der Pilz TR4] | |
Lateinamerika erreicht hat. „Fusarioum oxysporum f. sp. Cubense, Tropical | |
Race 4“ heißt der Pilz mit ganzem Namen, dessen kugelrunde Sporen nur unter | |
dem Mikroskop zu erkennen sind. Sie sitzen im Boden, kleben an | |
Gummistiefeln, manchmal auch an Containern und haben den Weg aus Asien | |
über Afrika nach Lateinamerika geschafft. | |
Das war für Experten wie Gert Kema, Professor an der Agraruniversität | |
Wageningen, nur eine Frage der Zeit. „Der Pilz wurde zu Beginn der 1990er | |
Jahre in Südostasien entdeckt und zog dann langsam über Australien, den | |
Nahen Osten und Mosambik weiter und hat überall eine Spur der Verwüstung | |
hinterlassen“, so der Pflanzenpathologe. Seit im Juni erste Anzeichen in | |
Kolumbiens La Guajira Provinz entdeckt wurden, läuten die Alarmglocken in | |
der Region. Aus Ländern wie Kolumbien, Ecuador oder Costa Rica kommt das | |
Gros der auf dem Welthandel gehandelten Bananen, und die Wahrscheinlichkeit | |
ist hoch, dass sich der Pilz weiterverbreiten wird. | |
In Kolumbien wurde der nationale Notstand ausgerufen, 170 Hektar | |
Anbaufläche gerodet, um die Verbreitung des Pilzes zu erschweren. 18 | |
Millionen US-Dollar wurden bereitgestellt, um die Sofortmaßnahmen zu | |
finanzieren, die helfen sollen, das Übergreifen auf die Hauptanbauregionen, | |
die weiter südlich in Urabá und Magdalena Medio liegen – La Guajira ist nur | |
eine kleine Anbauregion. | |
Doch Gert Kema, Pflanzenpathologe und Spezialist für TR4 und die Banane, | |
ist nicht sonderlich optimistisch, dass die Maßnahmen erfolgreich sein | |
werden. Er verweist auf die Erfahrungen im australischen Queensland, wo TR4 | |
nur in einigen wenigen Pflanzen nachgewiesen wurde, Zehntausende von | |
Stauden gerodet wurden und der Verbreitung der Seuche trotzdem kein Einhalt | |
geboten werden konnte. | |
„In Kolumbien haben wir es jedoch mit vielen befallenen Stauden zu tun, die | |
sich an mehreren Punkten der Plantagen befinden. Das spricht dafür, dass | |
sich der Pilz schon verbreitet hat“, so Kema. Er ist Leiter eines | |
klassischen Kreuzungsprogramms mit dem Ziel, neue Bananenvarianten zu | |
züchten, die helfen sollen, die einseitige Abhängigkeit von einer | |
Bananensorte zu reduzieren. | |
## Anfällige Monokulturen | |
Cavendish heißt die Sorte, die zu 95 Prozent den Welthandel dominiert – | |
aber auch für die regionale Versorgung der Bevölkerung in Indien und China | |
entscheidend ist. Die Sorte hat sich durchgesetzt, weil sie gute Erträge | |
liefert, ist aber relativ anfällig, so Kema. Nicht nur für den Pilz TR4, | |
der sich an den Wurzelspitzen festsetzt, die Leitbahnen der Staude | |
hochklettert, sie verstopft, sodass die Blätter welken und die Staude | |
irgendwann abknickt und stirbt, sondern auch für andere Pilze wie Black | |
Sigatoka. Der befällt die Blätter der Staude und wird mit massiven | |
Pestizideinsatz aus der Luft auf den großen, in Monokultur betriebenen | |
Plantagen in Schach gehalten. | |
Für Kema ist ein Kernproblem die einseitige Abhängigkeit von einer Sorte. | |
„Bei allen anderen Kulturpflanzen gibt es Dutzende Sorten, wird in die | |
Zucht neuer widerstandsfähiger Sorten investiert – bei der Banane war das | |
nicht der Fall, kritisiert er. Angesichts der Tatsache, dass sich mit der | |
kontinuierlichen Ausbreitung von TR4 die Geschichte wiederholt, kaum | |
nachzuvollziehen. | |
Schon Ende der 1950er raffte der Opa von TR4, TR1, die damals dominierende | |
Bananensorte „Gros Michel“ dahin. Die als Panama-Krankheit in die | |
Geschichte eingegangene Bananenseuche sorgte für die Umstellung auf eine | |
resistente Sorte namens Cavendish. Die hat heute dem Enkel TR1 nichts | |
entgegenzusetzen. Doch anders als Anfang der 1960er gibt es heute keine | |
echte Alternative zur dominierenden Sorte Cavendish. | |
Allzu lange haben die großen Fruchtkonzerne von Chiquita über Dole bis | |
Fyffes die Augen vor der TR4-Gefahr verschlossen. Sie, aber auch die | |
Regierungen der Bananen produzierenden Länder, die vom Handel mit der | |
Südfrucht abhängen oder auf die Banane als Grundnahrungsmittel angewiesen | |
sind, haben an einem System festgehalten, das für Gert Kema das | |
Grundproblem ist: mangelnde Vielfalt der Bananensorten und monokultureller | |
Anbau im industriellen Ausmaß. „Für mich macht es keinen Sinn, die | |
Cavendish-Sorte durch eine andere Sorte zu ersetzen und weiterzumachen wie | |
bisher“, mahnt Kema. Er plädiert für ein Umdenken. | |
Grundproblem ist jedoch, dass es bisher keine Alternative zur Cavendish | |
gibt. Während Wildbananen Samen in Form von Kernen und wenig Fruchtfleisch | |
haben, ist die Exportbanane Cavendish samenlos und wird durch Stecklinge | |
vermehrt – die einzelnen Bananen sind Klone mit sehr einheitlichem Erbgut. | |
Das macht es so schwer, Alternativen durch Kreuzung zu züchten. Zudem | |
kostet es Zeit, so Kema. Frühestens in sieben Jahren rechnet er mit | |
Erfolgen seines Zuchtprogramms an der Universität Wageningen. | |
Weiter ist sein Kollege James Dale an der Universität Brisbane in | |
Australien. Er hat es geschafft, die Erbanlagen einer gegen TR4-resistenten | |
Wildbanane zu isolieren und auf verschieden Cavendish-Varianten per | |
Gentechnik zu übertragen. Erste Freilandversuche sind erfolgreich | |
verlaufen, und in ein paar Jahren könnten die gentechnisch veränderten | |
Sorten im großen Stil angebaut werden – vorausgesetzt, die Vebraucher | |
greifen dann auch zu. | |
## Geld und Zeit | |
Für Kema jedenfalls ist es ein Forschungserfolg, der einhergeht mit neuen | |
Erkenntnissen zu TR4 und resistenten Sorten. Kema befindet sich im | |
kontinuierlichen Austausch mit dem australischen Team von James Dale, setzt | |
aber auf die klassische Kreuzungsvariante. | |
Das kostet neben Geld auch Zeit. Geduld ist gefragt, bis echte Alternativen | |
zur Cavendish zur Verfügung stehen. Da der Pilz nur langsam | |
voranschreitet, ist die Bananenversorgung in den Supermärkten vorerst | |
ohnehin nicht gefährdet. Dabei sieht Kema derzeit kleine Plantagen mit | |
einer diversen Anbaukultur im Vorteil. „Das hilft, bietet massive Vorteile | |
gegenüber dem üblichen monokulturellen Anbau“, so Kema. | |
Der ist für ihn das eigentliche Problem. Die Anbaustrukturen liefern dem | |
Pilz, der wahrscheinlich einst als nützlicher Pflanzenbewohner begann und | |
erst durch Monokultur und Agrarpestizide zur Gefahr mutierte, optimale | |
Lebensbedingungen. Die gilt es laut Kema zu ändern. | |
5 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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