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# taz.de -- Eigentümer der Rigaer 94 in Berlin: Ungeübt in Kapitalismus
> Das Hausprojekt ist mit einem neuen Geschäftsführer konfrontiert, direkt
> aus dem Feudalismus. Einen weiteren Gerichtserfolg gibt es dennoch.
Bild: Queen Elisabetz II beim Besuch ihrer Insel Sark im Jahr 2001
Berlin taz | Noch anderthalb Monate läuft die Gnadenfrist für das autonome
Hausprojekt Rigaer Straße 94; dann wird das Landgericht erneut über die
hauseigene Szenekneipe Kadterschmiede und einen Werkstattraum entscheiden –
und womöglich feststellen, dass die Bewohner diese zu Unrecht nutzen.
Hunderte Polizisten dürften dann räumen – diesmal ganz legal.
Der Profiteur dieses Einsatzes bleibt derweil unbekannt. Im Grundbuch
eingetragen ist die Lafone Investments Limited – eine britische
Briefkastenfirma, hinter der sich der wahre Besitzer versteckt. Das anonyme
Kapital schickt aber wechselnde Geschäftsführer vor. Das muss es auch, will
es den kommenden Prozess zur Abwechslung erfolgreich gestalten.
[1][Noch im Februar konnte der Rigaer94-Anwalt vor Gericht beanstanden],
die Lafone sei seit dem Rücktritt des ehemaligen Geschäftsführers John
Richard Dewhurst im vergangenen Sommer führungslos und damit
prozessunfähig. Ein am Montag erlassenes Urteil hat aus ebendiesem Grund
eine weitere damals verhandelte Klage auf Räumung einer wohl ohne
Mietvertrag genutzten Wohnung im Vorderhaus abgewiesen.
Inzwischen ist der Geschäftsführerposten jedoch wieder besetzt – mit einem
Strohmann, der qua seiner Herkunft denkbar ungeeignet scheint: Colin Guille
von der Kanalinsel Sark. Dieses der britischen Krone unterstellte Eiland
zwischen Großbritannien und Frankreich gilt trotz einiger in jüngster Zeit
durchgeführter scheindemokratischer Reformen als letztes Bollwerk des
Feudalismus in Europa.
## Feudalsystem statt Kapitalismus
Grundeigentum gibt es auf der Insel nicht, stattdessen hat sich die
vorkapitalistische Form des Lehnswesen erhalten. An der Spitze dieses
Systems steht mit dem „Seigneur“ das Inseloberhaupt, dem – geliehen von d…
Königin – sämtlicher Grundbesitz unterliegt. Um seine Gegenleistung zu
erfüllen – die ständige Besiedlung der Insel mit 40 Mann unter Waffen –
entlehnt der Seigneur die 40 Grundstücke der Insel weiter, an sogenannte
Tenants.
Trotz dieser Prägung hat sich Guille, der einer der altehrwürdigen
Familiendynastien Sarks entstammt, im Fall der Rigaer94 einem System
privaten Immobilienbesitzes unterworfen. Ein übliches Geschäftsmodell auf
der von modernen Steuer- und Finanzgesetzen quasi unberührten Insel. Guille
wird womöglich gar nicht wissen, dass er mit seiner Unterschrift Teil eines
hoch aufgeladenen Konfliktes geworden ist. Eine Anfrage der taz ließ er
unbeantwortet.
15 May 2017
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## AUTOREN
Erik Peter
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