| # taz.de -- Nazi-Sprache in der Berliner CDU: „Linksfaschisten ausräuchern“ | |
| > Der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, hetzt auf Nazi-Niveau | |
| > gegen Steinewerfer in der Rigaer Straße. Er findet das normal. | |
| Bild: CDU-Generalsekretär Stefan Evers (re.), Konrad Adenauer | |
| Berlin taz | Über Sprache und ihre Bedeutung lässt sich streiten. Will man | |
| eine Aussage bewerten und eine Debatte auf eine sachliche Grundlage | |
| stellen, empfiehlt sich ein Blick in den – politischer Voreingenommenheit | |
| unverdächtigen – Duden. Über den Begriff „ausräuchern“ steht dort als | |
| Erklärung: „Schädlinge o. Ä. mithilfe von Rauch oder Gas vertreiben oder | |
| vernichten“ bzw. „einen Raum o. Ä. durch Räuchern von Ungeziefer befreien… | |
| Anders, als es der Duden vorsieht, hat der Generalsekretär der Berliner | |
| CDU, Stefan Evers, den Begriff in einem Facebook-Eintrag vom Sonntag nicht | |
| auf tierische Schädlinge, sondern auf Menschen angewandt. „Ausgeräuchert“ | |
| gehören für ihn jene Angreifer, die in der Nacht auf Samstag Polizisten in | |
| der Rigaer Straße durch einen Brand angelockt und dann aus einem | |
| Hauseingang mit Steinen beworfen haben. Einen entsprechenden Artikel der | |
| Berliner Morgenpost verlinkte Evers unter seinem Kommentar. | |
| Evers Sprache lässt wenig Interpretationsspielraum zu. Die angeblichen | |
| Angreifer aus der linken Szene sind für ihn keine Menschen; seine Ansicht, | |
| wie man mit ihnen umgehen sollte, kommt einer Gewaltfantasie gleich. Dass | |
| zumindest Letzteres für einen Politiker einer demokratischen Partei eine | |
| problematische Haltung ist, scheint auch Evers gedämmert zu haben. | |
| Nachträglich bearbeitete er seinen Beitrag. Inzwischen ist auf seinem | |
| Profil der Zusatz zu lesen: Die Linksfaschisten gehören „mit allen Mitteln | |
| des Rechtsstaats“ ausgeräuchert. | |
| Am Tag danach wollte sich Evers der taz gegenüber nicht von seiner Aussage | |
| distanzieren, stattdessen stellte er sie als emotionale Sprache dar: „Wut | |
| ist Wut, und die packe ich nicht in Samthandschuhe.“ Kritiker seines Posts | |
| bezeichnete er als „sensible Gemüter“ – für diese habe er eine Präzisi… | |
| vorgenommen. An die Adresse der Angreifer sagte Evers: „Falls sich die | |
| Täter durch meine Aussage verletzt fühlen, sollen sie sich an Behörden | |
| wenden. Die werden sich freuen.“ | |
| Auf „semantische Diskussionen“ will sich der 37-jährige Evers, der seit | |
| Dezember den Posten des Generalsekretärs innehat, nicht einlassen. Dabei | |
| steht Sprache auch immer in ihrem historischen Verwendungskontext. | |
| ## Schon Goebels wollte „ausräuchern“ | |
| Der Begriff „ausräuchern“ ist im politischen Raum eng verbunden mit dem | |
| ehemaligen NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. In einer Rede gegen den | |
| Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“, gegen dessen Vorführung im Jahr | |
| 1930, etwa im Neuen Schauspielhaus am Nollendorfplatz, die Nazis Sturm | |
| liefen, sagte er: „Wir werden einst Deutschland ausräuchern, wie wir | |
| neulich das Kino ausgeräuchert haben. Dann werden wir ganz legal die Köpfe | |
| rollen lassen, die für die heutige Schande verantwortlich sind.“ Und 1939 | |
| schrieb er in sein Tagebuch: „Prag hat noch zu viele Juden und Marxisten. | |
| Die werden wir schon ausräuchern.“ | |
| Auch die Bezeichnungen „Gesindel“ und „Linksfaschisten“ deuten darauf h… | |
| dass Evers ein Menschenbild hat, wie es bis zur Etablierung der AfD in der | |
| deutschen Parteienlandschaft nur außerhalb eines demokratisch legitimierten | |
| Spektrums denk- und formulierbar war. Es sind Kampfbegriffe der extremen | |
| Rechten, die geeignet sind, der Gewalt Vorschub zu leisten. In seinem | |
| Versuch, sich gegen Gewalttäter zu positionieren, macht sich Evers selbst | |
| zu einem. | |
| Das Bewusstsein von einem Fehltritt, gar ein Zurückrudern ist mit Evers, | |
| der bislang dem liberalen Flügel der CDU zugerechnet wurde, nicht zu haben. | |
| Seinen Verbalausfall, der genauso gut aus Reihen der AfD oder NPD kommen | |
| könnte, sieht er als ehrliche Empörung, womöglich als Beweis seiner | |
| Authentizität als Politiker, der sich nicht verbiegen lässt. Dass Politiker | |
| wegen ähnlicher Entgleisungen schon zurücktreten mussten, ist für ihn kein | |
| Thema. Die Berliner CDU-Vorsitzende Monika Grütters war bis | |
| Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. | |
| ## Bescheidene Kritiker | |
| Der Innenexperte der Linken, Hakan Taş, forderte dagegen: „Evers muss sich | |
| für seine Äußerung entschuldigen“, sie sei ein „Gewaltaufruf“ und mit … | |
| „NS-Sprachgebrauch zu vergleichen“. Das Motiv Wut lässt Taş nicht gelten, | |
| schließlich sei Evers kein Politikneuling, sondern war bereits in der | |
| letzten Legislaturperiode stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender. Er | |
| habe die „Regierungsarbeit hinsichtlich der Rigaer Straße | |
| mitzuverantworten.“ Die harte Linie von Exinnensenator Frank Henkel CDU) | |
| habe die Bewohner der Straße unter „Generalverdacht“ gestellt – stattdes… | |
| sei Kommunikation nötig. | |
| Auch da ist Evers anderer Meinung. In seinem Beitrag schrieb er ergänzend: | |
| „Man muss sich mal vorstellen, dass mit der Linkspartei der verlängerte Arm | |
| der Hausbesetzer inzwischen am Senatstisch sitzt. Da packt einen die Wut.“ | |
| Der Grünen-Landesvorsitzende Werner Graf sagte: „Die Formulierung von Herrn | |
| Evers ist menschenverachtend und absolut inakzeptabel. Der | |
| CDU-Generalsekretär sollte sich schämen, mit so einer Sprache an dunkelste | |
| Zeiten deutscher Geschichte anzuknüpfen.“ | |
| Innensenator Andreas Geisel (SPD) ging indirekt auf die Vorkommnisse und | |
| deren Bewertung ein: „Ich kann allen nur empfehlen, die Gewalt nicht weiter | |
| eskalieren zu lassen. Dazu gehört auch, verbal nicht weiter aufzurüsten. | |
| Dies mag der eigenen Klientel dienen, in der Sache hilft es denkbar wenig.“ | |
| Milde Worte für einen, für den auch eine andere Forderung denkbar wäre: | |
| Rücktritt. | |
| 29 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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