# taz.de -- Rigaer Straße Berlin: Mit Härte gegen Gewalt | |
> Rigaer Strafverfolgung und Dialog: Innensenator will Brennpunkt in | |
> Friedrichshain mit Doppelstrategie zur Ruhe bringen | |
Bild: Rigaer Straße: Überbleibsel der jüngsten Straßenschlacht | |
Ziemlich genau ein Jahr ist die rechtswidrige Teilräumung der Rigaer Straße | |
94 in Friedrichshain her. Aber mit dem Jubiläum hatte es nichts zu tun, | |
dass das Thema am Montag wieder im Innenausschuss auf der Tagesordnung | |
stand. Sondern vor allem damit, dass es am letzten Freitag in der Straße zu | |
heftigen Krawallen gekommen war. Mit einem zweigleisigen Konzept, das auf | |
Dialog, aber auch auf Härte setzt, will Innensenator Andreas Geisel (SPD) | |
nun versuchen, Ruhe in die Straße zu bringen. | |
Seit Anfang des Jahres sei eine verstärkte Zunahme linksextremistischer | |
Gewalt aus dem Umfeld der früher besetzten Häuser in der Rigaer Straße zu | |
beobachten, sagte Geisel am Montag. Das habe auch mit dem G-20-Gipfel | |
Anfang Juli in Hamburg zu tun. Die Rigaer Straße 94 sei in der | |
linksradikalen Szene ein Statussymbol. „In der Straße selbst tobt | |
mittlerweile eine Art Extremismustourismus.“ Die Polizei sei am Freitag | |
nach einer Dreiviertelstunde wieder „Herrin der Lage“ gewesen. Soweit ihm | |
bekannt sei, seien unter den Festgenommenen aber keine Menschen aus der | |
Rigaer Straße 94 gewesen. Geisel wertete das als Beleg dafür, dass die | |
Bewohner des Hauses nicht unmittelbar zu den Randalierern zählten. | |
Allerdings sei die Rigaer „auch Rückzugsort für Täter“. Häufig könnten | |
Tatverdächtige nicht festgenommen werden, weil der Polizei durch das | |
geschlossene Eingangstor der Zutritt „verwehrt“ werde. | |
Er habe mittlerweile viele Gespräche geführt, so Geisel. Mit der | |
Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann | |
(Grüne) sei vereinbart, dass Herrmann einen Dialogprozess in Gang setze. | |
Begleitet von der Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), | |
soll mit Anwohnern und nicht gewalttätigen Politaktivisten aus der linken | |
Szene über die Stadtveränderung infolge Mietsteigerungen gesprochen werden. | |
Er selbst sei auch bereit, an Dialogen teilzunehmen. Aber nicht mit | |
Gewalttätern, sagte Geisel. Alle 20 Wohnungsbaugesellschaften seien rund um | |
die Rigaer Straße aktiv. Die Altbevölkerung habe das Empfinden, dass ihr | |
Kiez durch die hochpreisigen Eigentumswohnungen zerstört werde. Das führe | |
auch zu einer Solidarisierung mit Gewalttätern, so der Innensenator. | |
Er habe die Einschusslöcher in Häuserwänden von aus Zwillen abgeschossenen | |
Stahlkugeln selbst gesehen. Anwohner mit anderen Meinungen würden | |
eingeschüchtert, nach dem Motto „Wir wissen, in welchen Zimmern du und | |
deine Kinder wohnen“. Der Innensenator nannte das „Gangstermethoden“. | |
Dagegen müsse der Rechtsstaat mit aller Härte vorgehen. | |
Gleichzeitig warnte Geisel vor Schnellschüssen. Die Rigaer 94 sei kein | |
besetztes Haus im klassischen Sinne. 29 Wohnungen seien unbefristet | |
vermietet, sechs Wohnungen im Hinterhaus seien offiziell nicht bewohnt, | |
„aber bewohnt“. Über die Räumungsklage des Eigentümers, das Vereinslokal | |
Kadterschmiede betreffend, werde demnächst verhandelt. | |
Den Triumph, dass die Polizei wie im Vorjahr mit gesenktem Kopf aus der | |
Rigaer Straße abziehen müsse, „möchte ich den Linksextremisten nicht | |
lassen“, sagte Geisel. Er betonte aber auch: „Wir brechen nicht in | |
Wohnungen ein.“ Es gehe darum, rechtssicher zu handeln, das brauche Zeit. | |
19 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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