# taz.de -- Parteitag der CDU: Ausfall im Maschinenhaus | |
> Die CDU macht Kulturstaatsministerin Monika Grütters zwar zur | |
> Parteichefin – lässt dann aber ihren Wunsch- Generalsekretär nur knapp | |
> durchkommen. | |
Bild: Einer geht, eine kommt: Frank Henkel übergibt auf dem CDU-Parteitag den … | |
Die CDU hat ihren Neustart weitgehend verpatzt. Ein Signal der | |
Geschlossenheit und der Veränderung hatte von dem Kleinen Parteitag am | |
Freitag ausgehen sollen, der die Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur | |
neuen Landesvorsitzenden und Nachfolgerin von Frank Henkel wählte. Das | |
„Maschinenhaus“ der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg hatten die | |
Christdemokraten, bei der Abgeordnetenhauswahl auf einen historischen | |
Tiefststand abgerutscht, dafür als Tagungsort ausgesucht. Hebel umlegen, | |
durchstarten – vielfältig waren die damit verbundenen | |
Assoziationsmöglichkeiten. | |
Doch gerade mal 40 Minuten nachdem Grütters mit 81,7 Prozent gewählt worden | |
war, verweigerte ihr die Partei bereits die Gefolgschaft und ließ ihren | |
Vorschlag für den Generalsekretärsposten im ersten Anlauf durchfallen: Nur | |
23 der 71 Delegierten stimmten für Stefan Evers, was bloß 32,9 Prozent | |
entsprach. Grütters hatte zwar dessen Vorgänger Kai Wegner gelobt, aber auf | |
Evers bestanden, weil der anders als sie und Wegner nicht | |
Bundestagsmitglied, sondern Landesparlamentarier ist. Eine solche Mischung | |
an der Spitze hielt sie für unabdingbar. | |
Es war, als wollte die Partei wahr machen, was in einer sofortigen | |
Pressemitteilung nach Grütters’ Wahl FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja | |
gemutmaßt hatte, selbst bis 2005 CDU-Mitglied: „Ob da die feinsinnige | |
Kulturfrau ausreicht, erscheint zumindest fraglich – vermutlich bedarf es | |
jetzt eher des Kalibers einer Eisernen Lady, die mit der Faust auf den | |
Tisch haut und innerparteilich für Ruhe sorgt.“ | |
Die Frau, die nach Evers’ Durchfaller erneut ans Rednerpult trat, war eine | |
andere als jene, die da kurz zuvor schon geredet hatte. Gleiches hellgrünes | |
Jackett, gleiche Frisur, aber verhärtete Gesichtszüge: „Vielleicht haben | |
Sie eins übersehen“, erinnerte Grütters die Delegierten, „es ist das | |
satzungsgemäße Recht einer Landesvorsitzenden, einen Generalsekretär | |
vorzuschlagen.“ Wenn man jetzt keine Geschlossenheit zeige, wann dann? | |
„Unser Gegner steht nämlich draußen bei Rot-Rot-Grün und nicht hier im | |
Saal.“ | |
## Dreiklang aus Frust, Machtdemonstration, Verärgerung | |
Knapp eine Viertelstunde später war Evers dann doch gewählt, mit dem | |
knappstmöglichen Ergebnis von 51 Prozent. Wäre es nicht bei der CDU üblich, | |
Enthaltungen nicht zu berücksichtigen, wäre er erneut durchgefallen: Von 73 | |
gültigen Stimmen gab es 36 mal Ja und 34 mal Nein. Evers hatte in seiner | |
Bewerbungsrede die Partei gewarnt, sie laufe Gefahr, von der Gesellschaft | |
abgehängt zu werden. Über sich selbst sagte er: „Ich bin schwul, und das | |
Schöne an der CDU ist: Das tut überhaupt nichts zur Sache.“ Wer wollte, | |
hatte das schon auf Evers’ Internetseite nachlesen können, wo er sich als | |
glücklich verpartnert beschreibt. | |
Führende Parteifunktionäre versicherten der taz später, die sexuelle | |
Orientierung habe überhaupt nichts mit dem Wahlausgang zu tun – dafür sei | |
allein ein Dreiklang aus Frust, Machtdemonstration und auch Verärgerung | |
über Überrumpelung durch Grütters verantwortlich: Die hatte in ihrer Rede | |
unter anderem vorgeschlagen, den künftigen Spitzenkandidaten per | |
Mitgliederentscheid und damit nicht mehr durch Delegierte bestimmen zu | |
lassen, wie sie nun vor ihr saßen. Außerdem warb sie für bessere | |
Frauenplätze auf der Kandidatenliste für die Bundestagswahl 2017. | |
Grütters zeigte sich auch nach dem knapp erfolgreichen zweiten Wahlgang | |
erschüttert. Seit Wochen sei ihr Vorschlag bekannt gewesen, sie habe | |
seither mit allen Kreisvorsitzenden gesprochen und „von keinem einzigen“ | |
Ablehnung gehört. Bei Kritik an Evers hätte es aus ihrer Sicht offene Worte | |
statt eines Nein in der Wahlkabine geben sollen. Grütters ließ zwar offen, | |
ob sie bei einem anderen Wahlausgang gleich wieder zurückgetreten wäre. | |
Aber sie, die in vieler Augen immer nur die Nette und die Lächelnde ist, | |
will auch anders können, wie sie mit sehr belegter Stimme ankündigte: „Ich | |
lasse mir nicht alles bieten, das möchte ich hier mal sagen.“ | |
4 Dec 2016 | |
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Stefan Alberti | |
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