# taz.de -- EU-Lieferkettengesetz: Gegen Ausbeutung | |
> Faire Löhne und Ende von Kinderarbeit: Deutschland will seine | |
> EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein EU-weites Lieferkettengesetz zu | |
> erarbeiten. | |
Bild: Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch einer Kaffeeplantage … | |
taz | BERLIN Im Kampf gegen Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltzerstörung | |
will Deutschland seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein europäisches | |
Lieferkettengesetz zu erarbeiten. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel die | |
Diskussion über deutsche Normen im März vertagt hatte, macht | |
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nun einen europäischen Vorstoß. | |
Er wolle Regeln für die Lieferketten zu einem Schwerpunkt der deutschen | |
EU-Ratspräsidentschaft machen, [1][sagte er anlässlich des Internationalen | |
Tags gegen Kinderarbeit der Neuen Osnabrücker Zeitung]. „Alle großen | |
Unternehmen wären dann verpflichtet, faire Löhne für die Arbeiter in ihren | |
Lieferketten zu bezahlen und Kinderarbeit zu beenden, dort wo unsere | |
Schuhe, Kleidung, Kaffee produziert werden“, sagte Müller. | |
Das Wirtschaftsministerium hatte die Arbeit an einem deutschen Gesetz auf | |
Druck der Wirtschaft mit Verweis auf die Coronakrise zurückgestellt. Den | |
Firmen gehe es ohnehin schon schlecht – da könne die Regierung nichts | |
planen, das weitere Kosten verursache. Dabei kommt der neue Vorstoß auch | |
den Forderungen der Verbände entgegen. So hat der Handelsverband | |
Deutschland (HDE) schon im vergangenen Jahr eine europäische Regelung | |
gefordert – damit deutsche Firmen keine Nachteile gegenüber der Konkurrenz | |
haben. | |
[2][Einer Studie der EU-Kommission zufolge] würde ein Lieferkettengesetz | |
die großen Unternehmen nur 0,005 Prozent ihrer Umsätze kosten. Für die | |
Menschen auf Kaffeeplantagen oder in den Textil- oder Chemiefabriken der | |
Schwellenländer könnte es dagegen einen riesigen Unterschied machen. | |
[3][Ein entsprechend streng gestaltetes Gesetz könnte auch der Abholzung | |
der Regelwälder für den Anbau von Kakaobohnen entgegenwirken, glauben | |
Experten der Organisation Mighty Earth]. | |
## Knappe Zeit | |
Der Vorstoß Müllers stößt bei Menschenrechtsgruppen daher auf Zustimmung. | |
„Wir haben selbst schon länger eine EU-Regulierung zu menschenrechtlichen | |
Sorgfaltspflichten gefordert“, sagt Armin Paasch von der Organisation | |
Misereor der taz. Allerdings sollte zuerst das deutsche Gesetz stehen, | |
damit die EU mitziehen könne. Ein Prüfverfahren, das Ansichten von | |
verschiedenen Seiten zusammenträgt, könne im Juli abgeschlossen werden. | |
Müller und SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil könnten dem Bundestag dann | |
möglicherweise schon im Herbst ein Gesetz zur Entscheidung vorlegen. Wenn | |
es jedoch länger dauere, könne es wegen des Wahljahres 2021 lange | |
Verzögerungen geben, befürchtet Paasch. Es empfehle sich daher nicht, erst | |
auf eine EU-Richtlinie zu warten. | |
Deutschland übernimmt ab Juli die Präsidentschaft der EU, bei der sich die | |
Mitgliedsstaaten abwechseln. Es ist üblich, dabei Themenschwerpunkte zu | |
setzen. Wegen der langen Entscheidungswege in der EU werden allerdings nur | |
die wenigsten Initiativen in dem halben Jahr der Präsidentschaft umgesetzt. | |
Bei EU-Justizkommissar Didier Reynders aus Belgien läuft Müller immerhin | |
offene Türen ein: Er fordert seinerseits ebenfalls ein Lieferkettengesetz. | |
12 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/2068093/kampf-gegen-kin… | |
[2] https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/8ba0a8fd-4c83-11ea… | |
[3] http://www.mightyearth.org/eu-legislation-must-end-child-labour-and-defores… | |
## AUTOREN | |
Finn Mayer-Kuckuk | |
## TAGS | |
Lieferketten | |
Kinderarbeit | |
Ausbeutung | |
Kinderarbeit | |
Menschenrechte | |
Lieferketten | |
China | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Utopie nach Corona | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unicef-Bericht zu Kinderarbeit: Jedes zehnte Kind weltweit | |
Internationale Organisationen verzeichnen bei Kinderarbeit massive | |
Zuwächse. Die Corona-Pandemie dürfte die Situation deutlich verschlimmern. | |
Umfrage unter deutschen Firmen: Kaum Interesse an fairem Handel | |
Nicht mal jede fünfte Firma achtet Menschenrechte bei Zulieferern aus dem | |
Ausland. Nun droht die Bundesregierung mit einem Lieferkettengesetz. | |
Eckpunkte für Lieferkettengesetz: Billig produzieren, verklagt werden | |
Firmen, deren Zulieferer Menschenrechte missachten, drohen Bußgelder. | |
Arbeits- und Entwicklungsministerium legen die Eckpunkte für das Gesetz | |
vor. | |
Wirtschaftsmarkt in China: Firmen bleiben trotz Hindernissen | |
Ausländische Unternehmen klagen über Staatseinfluss und Marktbarrieren in | |
China. Wegziehen will jedoch kaum ein Betrieb. | |
Bekleidungsfirma Boss in der Kritik: Dividende statt Existenzlohn | |
Kritische Aktionäre fordern Hugo Boss auf, sich um die Beschäftigten bei | |
den Zulieferern zu kümmern. Sie leiden besonders unter Corona. | |
Corona verändert die Weltwirtschaft: Grenzen der Globalisierung | |
Die Coronakrise belastet den Welthandel massiv. Das trifft vor allem die | |
exportlastige Wirtschaft der Deutschen. Ist das nicht eine Chance? |