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# taz.de -- Dokumentarfilm „Aquarela“ im Kino: Wassermassen reißen die Kam…
> Victor Kossakovskys Film „Aquarela“ inszeniert klang- und bildmächtig das
> Wasser als Naturgewalt. Und zeigt, was sich mit dem Klimawandel ändert.
Bild: Autos retten auf dem vereisten Baikalsee
Donnernd knackt das Eis, das Geräusch hallt in der Weite der gefrorenen
[1][Landschaft um den Baikalsee] wider. Eine Gestalt hebt sich dunkel von
der Eislandschaft ab, läuft suchend durchs Bild, geht auf die Knie, blickt
hinunter ins Eis. Als im Frühjahr darauf das Eis von den Bergen im
Hintergrund verschwunden ist, dringt ein Rettungstrupp aufs Eis vor, sägt
Löcher, sucht von einem Schlauchboot aus auf dem unterdessen aufgetauten
Teil des Wassers. Das knarzende Brechen des Eises ist einem deutlichen
Rauschen des Wassers gewichen.
Als es Abend wird, unterbrechen sie die Bergung. Am Ufer brennt ein
Schuppen, die Flammen heben sich bunt von der grauweißen Umwelt ab. Am Tag
darauf ist das Loch im Eis schließlich groß genug, damit der Rettungstrupp
mit einer Winde ein Auto unter dem Eis hervorziehen kann. Die Fahrer stehen
daneben auf dem Eis und erklären, wie sie aus dem Auto herausgekommen sind.
Ein Schnitt. Das nächste Auto wird aus dem Eis gezogen. Ein weiterer
Schnitt. Ein Auto fährt über das Eis und bricht mitten in der Fahrt ein,
versinkt im Eis.
„Aquarela“ von Victor Kossakovsky ist ein Film über das Wasser, dessen
Macht als Naturgewalt und die Veränderungen im Zeichen des Klimawandels.
Die scheinbar zeitlosen Eislandschaften des Baikalsees tauen früher als
bisher. Die Atlantikstürme peitschen Regenfluten durch die Straßen Miamis.
Kossakovsky begann seine Karriere Ende der 1970er Jahre am Leningrader
Studio für Dokumentarfilme. 1
988 beendete er die höheren Kurse für Drehbuch und Regie an der VGIK in
Moskau und gewann mit seinen ersten Filmen in den 1990er Jahren eine ganze
Reihe von Preisen. [2][2011 erkundete Kossakovsky in „Vivan Las Antipodas!“
den Globus in geografischen Gegensätzen], 2013 begleitete er zusammen mit
Studierenden die Proteste in Spanien gegen die Sparpläne der Regierung.
Im langsam wogenden Wellenschlag brechen in „Aquarela“ die letzten
Eisschollen vor den Gletscherbergen. Ein Segelschiff schiebt sich vor der
mächtigen Kulisse vorüber. In die Geräusche mischt sich ein Blubbern, schon
lange bevor krachend die Front des Gletschers zu brechen beginnt. Eismassen
stürzen ins Wasser. Schließlich versinkt der ganze Eisberg wie ein riesiges
Schiff im Wasser. Ruhe kehrt wieder ein in der Eislandschaft. Die Kamera
gleitet unter Wasser das Eis entlang, das von Wasser abgerundet wurde.
Sanft dringt das Licht von der Oberfläche herunter. Luftblasen spielen über
die Oberfläche des Eises.
## Die Bilder steigen in die Luft
Die Bilder, die Kossakovsky gemeinsam mit dem deutschen Kameramann Ben
Bernhard für den Film gedreht hat, steigen in die Luft, um die Landschaft
in ihrer Gänze zu erfassen, und tauchen hinab. Immer wieder lässt sich die
Kamera von den Wassermassen mitreißen, nimmt Fahrt auf, wird langsamer und
wechselt den Kurs.
Atlantik. Wellen ohne Eis. Die Besatzung eines Schiffs kämpft mit den
wachsenden Wellen. Das glitzernde Blau färbt sich dunkler und dunkler. Über
das Toben der Wellen legt sich Sirenengeheul. Die Palmen in Miami werden
vom Wind seitwärts gepeitscht. Schwäne flanieren über den Friedhof, halten
an, um die Kamera misstrauisch zu beäugen, picken ins Wasser, das zwischen
den Gräbern flutet.
Die Übergänge zwischen den verschiedenen Schauplätzen des Films sind mit
Heavy-Metal-Musik unterlegt. Das Dröhnen der Musik verbindet sich mit den
Geräuschen des Wassers. „Aquarela“ ist eine klang- und bildgewaltige
Symphonie der Naturgewalten. Wenn am Ende die Wassermassen den Salto Ángel
in Venezuela herunterstürzen, ist „Aquarela“ schon selbst zu einer
Naturgewalt auf der Leinwand geworden.
13 Dec 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
Baikalsee
Schwerpunkt Klimawandel
Dokumentarfilm
Wasser
Schwerpunkt Berlinale
Indien
Historienfilm
Leonardo DiCaprio
Ukraine
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