# taz.de -- Digitalisierung und die Ampel: Lindner hat leider recht | |
> Hat jemand zufällig Räumlichkeiten für ein Digitalministerium? Bitte bei | |
> Christian Lindner melden! Wird aber wahrscheinlich trotzdem nix. | |
Bild: Kein Platz, aber auch keine Kraft für ein Digitalministerium | |
Endlich Weg von Fax und Rohrpost, [1][war Christian Lindners Traum | |
gewesen]. Nun hat es sich wohl ausgeträumt. Am Donnerstag hieß es aus den | |
Verhandlungskreisen für den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung: ein | |
eigenes Digitalministerium sei vom Tisch. Zunächst berichtete das | |
Handelsblatt, unter Berufung auf besagte Verhandlungskreise. Dabei hatte | |
die FDP als einzige der drei Ampelparteien ein solches Ressort ausdrücklich | |
in ihrem Wahlprogramm stehen. Im Wahlkampf meinte Parteichef Christian | |
Lindner noch: „Die Bundesregierung braucht ein Digitalministerium, um | |
Verwaltung und Netzinfrastruktur zu modernisieren.“ | |
Nun aber treffen Lindners digitale Träume auf die harte Realität. Denn ein | |
eigenes Digitalministerium würde neues Personal erfordern sowie eine enorme | |
Umstrukturierung. Und außerdem – nun wird es wunderbar bittersüß – schei… | |
es sehr schwierig zu sein, Räumlichkeiten in Berlin-Mitte für ein neues | |
Bundesministerium zu finden. Die Problematik Wohnen und Mieten macht auch | |
vor denen keinen Halt, die sie lösen könnten. | |
Die digitale „Wind of Change“-Stimmung aus dem Wahlkampf ist also verpufft. | |
Denn für ein neues Digitalministerium müsste einiges verändert werden, | |
andere Ressorts müssten Verantwortlichkeiten und Personal abgeben, es | |
bräuchte eine fachliche Restrukturierung. Und da wird es haarig. | |
Bekanntermaßen haben die vergangenen Bundesregierungen es verpasst, zu | |
beweisen, dass sie in der Lage sind, sich für die Digitalisierung mal um | |
180 Grad zu drehen. Oder für überhaupt irgendetwas. | |
Anstelle eines Ministeriums gab es schon nach der Bundestagswahl 2017 nur | |
eine Digitalstaatsministerin. [2][Dorothee Bär] (CSU) hatte zwar einen | |
hübschen Titel, aber kein Budget. Hinzu kam eine Abteilung für Digitales im | |
Kanzlerinnenamt und ein Digitalrat, der die Bundesregierung beraten sollte. | |
Gebracht hat das alles nichts. Deutschland liegt in so ziemlich allen | |
internationalen Vergleichen auf den letzten Plätzen unter den | |
Industrienationen. | |
Was nun? Es gibt mehrere Möglichkeiten. Erstens, ein bestehendes | |
Ministerium mit der Zuständigkeit für Digitales aufzuwerten – und zwar | |
richtig, mit dem Budget, Innovationen auch umzusetzen. In | |
Nordrhein-Westfalen beispielsweise gibt es ein Ministerium für Wirtschaft, | |
Innovation, Digitalisierung und Energie. Möglichkeit zwei: Digitalisierung | |
zur „Chefsache“ machen. So hätte Olaf Scholz das gerne. Im Sommer sagte der | |
SPD-Kanzlerkandidat, er könne sich vorstellen, einen „Chief Digital | |
Officer“ im Bundeskanzleramt zu installieren – inwiefern das anders wäre | |
als Dorothee Bär, bleibt unklar. Möglichkeit drei: So weitermachen wie | |
bisher. Überall hie und da die Wörter „Digitalisierung“ und „elektronis… | |
einfließen lassen, um den Bürger:innen weiterhin vorzugaukeln: Alle, | |
wirklich alle in diesem Laden kümmern sich! Besser wäre, und ich möchte es | |
kaum aussprechen, wenn sich in diesem einen Fall doch die FDP durchsetzt. | |
7 Nov 2021 | |
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[1] /Digitalisierung-in-Wahlprogrammen/!5791629 | |
[2] /Ministerium-fuer-Digitales/!5782589 | |
## AUTOREN | |
Malaika Rivuzumwami | |
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