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# taz.de -- Digitaler CSU-Parteitag: Markus Söder und die Zaubertasse
> Beim virtuellen CSU-Parteitag schwört der Parteichef alle auf seinen
> Coronakurs ein und kündigt ein Ende des fossilen Zeitalters an.
Bild: Perfekt inszeniert mit Kreuz, Tasse und Franz Josef Strauß: CSU-Chef Sö…
München taz | Eigentlich, das sagt Markus Söder ganz offen, hätte es ein
Jubelparteitag werden sollen. Und natürlich nicht im Netz, sondern live mit
vielen Bussis, Umarmungen und vor allem reichlich Schulterklopfen.
Schließlich ist die CSU gerade 75 Jahre alt geworden, und sich selbst zu
feiern gehört bekanntlich zur Kernkompetenz dieser Partei.
Nun aber ist das Jahr 75 nach christsozialer Zeitrechnung auch das Jahr von
Corona, und so ist dies schon [1][ihr zweiter virtueller Parteitag]. Bis zu
700 Delegierte sind am Samstag zwischenzeitlich zugeschaltet, melden sich
aus ihren Wohnzimmern zu Wort.
Der Höhepunkt freilich ist die Rede des Parteivorsitzenden. Und die
Inszenierung ist – wie immer bei Söder – perfekt. Das Foto, das später auf
der CSU-Homepage prangt, ist das beste Beispiel: Söder sitzt an seinem
Schreibtisch in der CSU-Zentrale. Den Bildausschnitt hat er so wählen
lassen, dass links oben das Holzkreuz zu sehen ist, rechts die Büste von
Franz Josef Strauß und vor ihm eine Tasse. Während der Rede hat die Kamera
näher herangezoomt, Kreuz und Strauß sind nun nicht mehr zu sehen, die
Tasse jedoch bleibt im Bild.
Tassen, das muss man wissen, haben bei Markus Söder immer eine besondere
Bedeutung. Stand hier beim letzten ebenfalls virtuellen Parteitag noch eine
Star-Trek-Tasse auf dem Tisch, war die Botschaft diesmal noch
unmittelbarer. Auf dem schwarzen Trinkgefäß war ein Zitat aus der US-Serie
„Game of Thrones“ zu lesen: „Winter is coming“. Später, als Söder dann
heißen Tee in die Tasse gießt, verfärbt sie sich plötzlich. „Winter is
here“, heißt es nun. Ein Effekt, von dem der CSU-Chef gar nichts gewusst
haben will – der aber natürlich perfekt passt.
## Keinen Coronakater riskieren
Der Winter, sprich die zweite Welle, ist gewissermaßen das zentrale Motiv
dieser Rede, in der sich Söder nahezu ausschließlich mit Corona und den
Folgen befasst. Er könne keine Entwarnung geben, sagt Söder. „Corona ist
mit aller Wucht, mit aller Macht wieder da. Diese zweite Welle läuft.“
Während er spricht, hält Söder die Arme die meiste Zeit verschränkt – was
ihn aber nicht davon abhält, allein mit den Händen zu gestikulieren. Zum
Beispiel wenn er betont, dass er bei der Pandemiebekämpfung bei seinem von
manchen [2][als zu streng betrachteten Kurs] bleibe. Er wolle Corona
eindämmen, keine „Durchseuchungsstrategie“. Als Christ sei er nicht bereit,
für das Freizeitverhalten vieler das Leben einiger weniger zu opfern. Es
sei besser, weniger extrem zu feiern, als mit einem Coronakater
aufzuwachen.
Söder hat schon über eine halbe Stunde geredet, als er auch auf die
wirtschaftlichen Folgen zu sprechen kommt. Hier spielt – gerade in Bayern –
natürlich die Automobilbranche die zentrale Rolle. „Wir müssen Anreize für
Nachfrage setzen“, sagt der Ministerpräsident und schließt bei den
Kaufprämien erneut moderne Verbrennungsmotoren mit ein. Er spricht von
einem Übergangsmodell und beruft sich einmal mehr auf seinen
Lieblingsgrünen als Kronzeugen: Wenn Winfried Kretschmann Werbung für einen
modernen Diesel mache, könne „es ja gar nicht falsch sein“.
Er nehme die Klimakrise aber „als eines der größten Probleme unserer
Geschichte“ wahr und wolle Antriebsformen fördern, neben Elektro auch
Wasserstoff und Biokraftstoffe. Erstmals spricht sich Söder dabei auch für
ein konkretes Enddatum aus, „zu dem Verbrennungsmotoren mit fossilen
Kraftstoffen nicht mehr neu zugelassen werden können“, und verweist auf das
kalifornische Beispiel. Dort wurde 2035 als Enddatum festgesetzt. „Gott
schütze Bayern“, sagt Söder dann noch und greift zur Tasse.
27 Sep 2020
## LINKS
[1] /CSU-veranstaltet-digitalen-Parteitag/!5687599
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## AUTOREN
Dominik Baur
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CSU
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