# taz.de -- „Die Discounter“ Serie: Alles ein bisschen abgefuckt | |
> In der dritten Staffel der Amazon-Mockumentary „Discounter“ bröckelt | |
> nicht nur die Kulisse. Doch Momente der Zärtlichkeit wirken dann umso | |
> intensiver. | |
Bild: Plastikstühle und Resignation: Supermarkt „Kolinski“ | |
Die Kasse ist leer, die Schlange lang, die Leute wütend. Die lässige | |
Belegschaft sitzt rauchend im Pausenhof, Vizechefin Pina weinend im Büro, | |
denn sie hat das Sagen, nur hört niemand darauf. | |
Szenen wie diese lassen leicht ratlos zurück. Einerseits ist da die | |
Sympathie mit Pina, der als junger Frau keine Autorität zuerkannt wird, als | |
sie für ihren Chef als Leiterin der [1][Supermarktfiliale] „Kolinski“ | |
einspringen soll. Andererseits das kleine Triumphgefühl über den | |
Mitarbeiter:innenboykott, die Botschaft: Ohne uns läuft hier gar nichts, | |
erst recht nicht das Kassenband. | |
Das Konzept von „Discounter“, aktuelle Diskurse miteinander in Konflikt zu | |
bringen und daraus komische Situationen zu kreieren, geht [2][auch in der | |
dritten Staffel] auf. In diesem Fall: Frauen an die Macht oder doch lieber | |
alle? | |
Spannend ist es von Beginn an, denn die Kolinski-Clique ist in einen | |
Supermarkt gezogen, der noch heruntergekommener ist als der alte. Nur Pina | |
versucht ihn auf Vordermann zu bringen, die anderen glauben nicht, dass | |
sich an diesem Ort etwas bessern könnte, und haben sich ein Stück weit | |
selbst aufgegeben. Titus hat Haarausfall, Lia trägt Gesundheitsschuhe, und | |
Samy duscht nur mehr einmal die Woche – wegen der Gasrechnung. | |
## Armut nicht romantisiert | |
Zum Glück tappt „Discounter“ nicht in die Falle, die quasifamiliäre | |
Gemeinschaft der Supermarkt-Crew zum harmonischen Fluchtort zu erklären. | |
Armut wird nicht romantisiert, sondern zum Auslöser von Spannungen. Sogar | |
Jonas, der liebenswürdige Sicherheitsmann, den alle wie ein Kind behandeln, | |
lehnt sich auf und mimt den Macker. | |
Einmal mehr trifft die Serie [3][den Zeitgeist], das Gefühl, dass alles ein | |
bisschen kaputt ist. Zwischendurch gibt es aber auch sonderbar zarte | |
Momente. Am schönsten: die verhalten beglückte Mimik von [4][Supermarktchef | |
Thorsten] (Marc Hosemann), als er plötzlich einen Moment der Nähe findet. | |
1 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lara Ritter | |
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