# taz.de -- Zweite Staffel „Die Discounter“: Über Banalitäten des Menschs… | |
> Auch die zweite Staffel ist lustiger, als man es vom deutschen Fernsehen | |
> erwartet. Und ein bisschen Gesellschaftskritik steckt vielleicht auch | |
> drin. | |
Bild: Rapperin Nura als draufgängerische Verkäuferin Flora | |
In der Pandemie wurden Supermärkte mehr denn je zu Schauplätzen archaischer | |
menschlicher Verhaltensweisen. Banalitäten des Menschseins sind auch das | |
Material der Serie „Die Discounter“, deren zweite Staffel seit Mitte | |
November auf Amazon Prime zu sehen ist. | |
Drehbuch und Regie verantworten wieder einmal die Brüder Oskar und Emil | |
Belton sowie Bruno Alexander, die in der Serie selbst mitspielen – als | |
befeindete Mitarbeiter konkurrierender Kolinski-Filialen in den Hamburger | |
Bezirken Altona und Eimsbüttel. Auch sonst entspricht die Besetzung | |
weitestgehend jener der ersten Staffel, darunter Marc Hosemann als | |
notorisch überforderter Filialleiter Thorsten Kruse, [1][die Rapperin Nura] | |
als draufgängerische Verkäuferin Flora und Merlin Sandmeyer als | |
selbstzweifelnder Ladendetektiv Jonas. | |
Ihr Supermarktalltag hat was von Freizeitpark oder Schullandheim: Im | |
Warenlager fiebern die Mitarbeiter:innen mit dem Chef beim Stadtderby | |
HSV gegen St. Pauli, sie spielen „Wahrheit oder Pflicht“ und Playstation, | |
hinter dem Markt bauen sie eine kleine Hühnerfarm. Weil es bei Kolinski so | |
geil ist, unternimmt Abiturient Titus (Bruno Alexander) erst gar keinen | |
Versuch, die Vorzüge seines Abschlusses zu nutzen. | |
Dass die Arbeit im Supermarkt eine systemrelevante, aber gesellschaftlich | |
wenig anerkannte ist, blitzt nur einmal kurz auf: Die | |
Mitarbeiter:innen protestieren gegen schlechte Bezahlung und | |
Arbeitsbedingungen. Dieser Serie geht es nun mal nicht vordergründig um | |
Sozialkritik, sondern um Menschen, die selbstsüchtig, aber sehnsüchtig, | |
peinlich, aber liebenswürdig, egoistisch, aber loyal, gemein, aber | |
verletzlich sind. Der Supermarkt ist als Ort des gesellschaftlichen | |
Zusammentreffens austauschbar. | |
Obwohl die Macher:innen keine Gelegenheit ausgelassen haben, um maßlos | |
zu übertreiben, gibt es reichlich Anknüpfungspunkte für Gefühle des | |
Alltags. Verlässlich bedient der [2][Mockumentary-Mechanismus] die | |
universelle Lust am Fremdschämen. „Die Discounter“ behandelt ihre Figuren | |
dabei stets würdevoll und verzichtet auf billige Lacher mit Darstellungen | |
von oben herab. | |
Und vielleicht steckt am Ende doch auch ein bisschen Gesellschaftskritik | |
drin – wenn man bedenkt, dass sich die Lohnabhängigen mit dem Quatsch, den | |
sie während der Arbeitszeit veranstalten, ja auch dem Zwang der Lohnarbeit | |
widersetzen. | |
26 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Volkan Ağar | |
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