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# taz.de -- Der NDR und die Sommerinterviews: Große Bühne für die AfD
> Auch der NDR hält an den jährlichen Sommerinterviews fest und lädt nun
> Hamburgs AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann ein. Protest ist angekündigt.
Bild: Mit ihm will der NDR unbedingt auch ein Sommerinterview führen, allerdin…
[1][Umstritten ist es nun schon jedes Jahr aufs Neue], doch der
öffentlich-rechtliche Rundfunk hält weiter stur daran fest: auch
AfD-Politiker*innen bei den sogenannten Sommerinterviews eine Bühne zu
bieten. Am Donnerstag aber kann der NDR Hamburg zumindest nicht wie geplant
sein Interview mit dem Vorsitzenden der AfD-Bürgerschaftsfraktion, [2][Dirk
Nockemann], führen.
Eigentlich wollte der NDR das Interview mit ihm, wohl um Nähe zu
Bürger*innen darzustellen, in der Harburger Fußgängerzone führen. Doch
nachdem das [3][Hamburger Bündnis gegen Rechts] (HbgR) seinen Protest gegen
die Veranstaltung angekündigt hatte, verlegte der NDR das Interview mit
Nockemann kurzerhand auf das abgeschirmte Funkhausgelände in Lokstedt. Die
Kritik am NDR, die AfD wie die anderen demokratischen Parteien zu
behandeln, bleibt dennoch bestehen.
Die jährlichen Sommerinterviews geben Spitzenpolitiker*innen einen
großen Raum: Jenseits von kurzen Statements zu aktuellen Anlässen können
sich Politiker*innen persönlicher und umfangreicher dem Publikum
präsentieren. Der öffentlich rechtliche Rundfunk lädt grundsätzlich aus
allen in den Parlamenten vertretenen Parteien ein.
Und so hatte der NDR Niedersachsen im Juni schon den niedersächsischen
Vorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion, Klaus Wichmann, zu Gast. Der nutzte
das Forum, um sich im Vergleich zu Björn Höcke als moderat zu geben – ohne
sich aber von ihm zu distanzieren. Über Höcke wolle er sich, so sagte er es
im Interview, „weder positiv noch negativ äußern“. Ohne einen internen
Parteikonflikt auszulösen, konnte Wichmann im Sommerinterview seine
Botschaft, die AfD in Niedersachsen sei nicht extremistisch, an das große
Publikum problemlos transportieren.
## NDR Hamburg weicht Kritik aus
Der NDR Hamburg geht in einer Erklärung, warum er das Sommerinterview mit
Nockemann verlegt, nicht auf die zuvor geäußerte Kritik des HbgR ein. „Bei
den örtlichen Gegebenheiten in Harburg ist angesichts der angekündigten
Demonstration eine produktionssichere Aufzeichnung aus Sicht des NDR
Landesfunkhauses Hamburg nicht gewährleistet“, erklärte eine NDR-Sprecherin
lediglich.
Das Bündnis hatte den NDR aufgefordert, Nockemann wieder auszuladen und
dabei explizit auf die mangelnde Distanz von Nockemann zu Rechtsextremisten
verwiesen. So lobte er seinen [4][Fraktionsmitarbeiter und
Europawahl-Kandidaten Michael Schumann] als „Politiker der neuen
Generation, der anpacken will für unsere Heimat und ein Europa der
Vaterländer.“ Schumann fordert beispielsweise vom Flugzeugbauer Airbus,
„Pläne für die Remigrationsflotte“ vorzulegen, um die „europäische
Völkerfamilie, das deutsche Volk“ zu schützen.
Zuletzt gab es am NDR Hamburg eine ähnlich gelagerte Kritik, als die
[5][AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Siftung (DES) um einen Besuch beim NDR
bat], dem der Sender nachkam. Eine Sprecherin des NDR erklärte der taz
seinerzeit: Der Sender stünde in der Verantwortung, im Austausch „mit allen
Teilen der Gesellschaft“ zu stehen. Den Besuchswunsch müsse der Sender
genauso behandeln wie den jeder anderen Partei in der Bürgerschaft, so die
Sprecherin.
Dabei blendet diese Haltung aus, dass die AfD nicht wie die anderen
demokratischen und im Parlament sitzenden Parteien ist: Zwar sind auch die
nicht immer über kritische Medienberichterstattung erfreut. Doch laden sie
nicht die Presse von Veranstaltungen aus, verheimlichen Parteitermine oder
sortieren aus, welche Journalist*innen über die Parteitage vor Ort
berichten dürfen. In Niedersachsen etwa ließ die vermeintlich moderate AfD
die taz nicht zu ihrem Parteitag.
Auch der ÖRR ist in der AfD prinzipiell verhasst: Auch er sei Teil der
„Lügenmedien“, wie AfD-Politiker*innen bundesweit ständig behaupten. Das
hat Folgen: Mehrfach schon wurden Journalist*innen von
AfD-Anhänger*innen bedroht und angegriffen.
Kundgebung des Hamburger Bündnisses gegen Rechts vor dem NDR anlässlich des
Sommerinterviews mit AfD-Politiker Dirk Nockemann: heute, 12 Uhr,
Hugh-Greene-Weg 1, Hamburg
15 Aug 2024
## LINKS
[1] /Hoeckes-Sommerinterview-beim-MDR/!5949690
[2] /Landesparteitag-der-AfD-in-Hamburg/!5914294
[3] http://www.hbgr.org/
[4] /Europa-Kandidat-der-Hamburger-AfD/!5951012
[5] /AfD-Besuch-beim-NDR/!5969933
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Kolumne Der rechte Rand
Schwerpunkt AfD
Sommerinterview
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Social-Auswahl
Soziale Spaltung
Kolumne Starke Gefühle
Schwerpunkt AfD
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