# taz.de -- Der Milliardär und die Airline-Rettung: Lufthansa-Aktionär, stram… | |
> Heinz Hermann Thiele, Großinvestor bei der Lufthansa, wollte lange die | |
> Staatsbeteiligung am Konzern verhindern. Jetzt hat er nachgegeben. | |
Bild: Heinz Hermann Thiele weiß seinen Einfluss zu nutzen – diesmal bei der … | |
BERLIN taz | Mit Heinz Hermann Thiele ist ausgerechnet ein überzeugter | |
rechter Haudegen der deutschen Wirtschaft zum wichtigsten Spieler im | |
[1][Poker um die Rettung der Lufthansa] geworden. Von dem Mann, der Angela | |
Merkel für eine Autokratin hält, hängt die Zukunft der größten deutschen | |
Fluggesellschaft ab. Und die ihrer derzeit 138.000 Beschäftigten. | |
Um die [2][krisengeschüttelte Airline] zu retten, hat die Bundesregierung | |
mit Lufthansa-Managern ein Rettungspaket von 9 Milliarden Euro | |
ausgehandelt. Im Gegenzug soll der Staat eine Beteiligung von 20 Prozent am | |
Konzern erhalten. Thiele, der seinen Aktienanteil an der Airline seit März | |
auf 15,5 Prozent aufgestockt hat, war lange strikt gegen die | |
Staatsbeteiligung. Und: Bei der Abstimmung über das Hilfspaket an diesem | |
Donnerstag auf der Hauptversammlung des Konzerns hat der 79-Jährige die | |
entscheidenden Stimmen. | |
Das Problem: Nur knapp 40 Prozent der Stimmrechtsinhaber haben sich für das | |
Aktionärstreffen angemeldet. Für die Annahme des Pakets ist jedoch eine | |
Zweidrittelmehrheit der Teilnehmenden nötig. Scheitert der Rettungsplan, | |
droht der Lufthansa die Pleite. Deshalb versuchten am Montag Finanzminister | |
Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CSU) anderthalb | |
Stunden lang, Thiele bei einem Treffen für das Rettungspaket zu gewinnen. | |
Offenbar mit Erfolg. | |
## Thiele stimmt gegen Insolvenz | |
Am Abend vor der entscheidenden Abstimmung ließ der 79-Jährige die Luft | |
raus. Er werde dem Rettungspaket für die angeschlagene Airline zustimmen, | |
[3][sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung], in der er bereits mit | |
einem Interview die ganze Aufregung ausgelöst hatte. | |
Der Unternehmenschef hatte den geplanten starken Staatseinfluss ebenso | |
kritisiert wie die seiner Meinung nach kaum zu erfüllenden Bedingungen für | |
einen Wiederausstieg des Bundes. Nun sagte Thiele, er stimme gegen die | |
Insolvenz: „Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das | |
Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige | |
Restrukturierung führen kann.“ | |
An Sendungsbewusstsein fehlt es dem Mann auf jeden Fall nicht. Bei | |
öffentlichen Auftritten hat Thiele wiederholt die Kanzlerin und ihre | |
Flüchtlingspolitik massiv kritisiert. AfD-Mitglieder verbreiten Videos | |
davon im Internet. Thiele sorgt sich um die deutsche Identität. Er sieht | |
„kulturelle Unverträglichkeiten“ mit „jungen Türken der 3. Generation�… | |
„Wir können nicht auf Dauer immer mehr Parallelgesellschaften entwickeln“, | |
sagte er etwa bei einer Diskussion des Münchener Ifo-Instituts und beklagte | |
eine „ungeheure Konzentration von Muslimen“ in Deutschland. „Wir sind am | |
Rande eines kulturellen Zusammenbruchs“, erklärte er. | |
## Der sechstreichste Deutsche | |
Der studierte Jurist war 2019 laut Manager Magazin mit einem Vermögen von | |
16 Milliarden Euro der sechstreichste Deutsche. Als der Bahntechnik-Konzern | |
Knorr-Bremse in den 1980ern wegen eines Erbstreits in Schwierigkeiten | |
geriet, übernahm Thiele das Unternehmen – finanziert von der Deutschen | |
Bank, obwohl er bis auf ein unbezahltes Haus keine Sicherheiten zu bieten | |
hatte. Seitdem er einen Machtkampf mit den Anteilseignern des | |
Bahninfrastruktur-Herstellers Vossloh gewann, hat Thiele auch in diesem | |
Konzern das Sagen. | |
Der Oberstleutnant der Reserve pflegt einen autoritären Führungsstil. | |
Etliche Topmanager bei Knorr-Bremse schmissen das Handtuch. Sein Sohn | |
Hendrik hat nach einem Zerwürfnis das Unternehmen verlassen. Thiele mag | |
Atomkraft, aber keine Gewerkschaften. Knorr-Bremse ist 2004 aus dem | |
Unternehmerverband ausgetreten und demzufolge nicht mehr tarifgebunden. Im | |
Thiele-Konzern beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 42 Stunden, der | |
Branchentarifvertrag sieht 35 Stunden vor. | |
Auch wenn er offenbar nun der Staatsbeteiligung zustimmen will: Dass Thiele | |
bei der Lufthansa künftig ein stiller Teilhaber bleibt, ist schwer | |
vorstellbar. Erst vor Kurzem hat er sich durch Aktienverkäufe mehr als 700 | |
Millionen Euro besorgt, mit denen er seinen Einfluss ausbauen dürfte. | |
25 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Lufthansa-Zukunft-ungewiss/!5691070 | |
[2] /Lufthansa-in-der-Krise/!5687972 | |
[3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/lufthansa-grossaktionaer… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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