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# taz.de -- Staatshilfen für die Lufthansa: Rettung kurz vor dem Start
> Nach langer Zitterpartie stimmen die AktionärInnen für das Hilfspaket der
> Bundesregierung. Klimaschutzauflagen hat der Bund nicht vorgesehen.
Bild: Ohne schnelle staatliche Hilfe würde die Lufthansa in wenigen Tagen in d…
Berlin taz | Wirtschaftskrimi mit Happy-End: Die Pleite der Lufthansa ist
abgewendet. Am Donnerstag hat die Hauptversammlung der AktionärInnen dem
staatlichen Rettungspaket zugestimmt. Auch die EU-Kommission hat grünes
Licht für die Unterstützung der Bundesregierung gegeben.
Die Coronakrise brachte die größte deutsche Fluglinie in existenzielle Not.
„Wir haben kein Geld mehr“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Ludwig
Kley, ein früherer Pharmamanager und Ex-Finanzvorstand der Lufthansa, bei
der Eröffnung der Hauptversammlung. Ohne Hilfe drohe in den nächsten Tagen
die Insolvenz, erklärte er. Die Lufthansa leidet massiv unter den Folgen
der Coronakrise, weil über Wochen kaum Maschinen starten konnten. Noch
immer sind mehr als 80 Prozent der Lufthansa-Flieger am Boden.
Nach zähen Verhandlungen haben sich die Bundesregierung und das Management
auf ein Rettungspaket geeinigt. Es sieht Hilfen von bis zu 9 Milliarden
Euro in Form rückzahlbarer Kredite und eine Staatsbeteiligung von 20
Prozent vor. [1][Bedingungen], etwa zum Klimaschutz oder
Arbeitsplatzerhalt, hat die Bundesregierung damit nicht verknüpft. Mit dem
Rettungspaket könne die Lufthansa die Krise überwinden, so Kley. „Wir
packen das.“
Weil bei der virtuellen Hauptversammlung am Donnerstag nur 38 Prozent der
AktionärInnen mit Stimmrechten vertreten waren, mussten Beschlüsse mit
einer Zweidrittelmehrheit ergehen – [2][ein Drama für die Lufthansa]: Denn
damit wurden die Stimmen des umstrittenen Milliardärs Heinz Hermann Thiele
ausschlaggebend, der seinen Anteil kurz vor der Abstimmung auf 15,5 Prozent
aufgestockt hatte. Der Mehrheitsaktionär des Bremsenherstellers
Knorr-Bremse und der Zugtechnikfirma Vossloh ist ein Gegner der
Staatsbeteiligung.
## Krise trifft Beschäftigte hart
Am Montag hatten Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter
Altmaier versucht, Thiele zur Zustimmung zu bewegen. Doch der Investor ließ
kein Entgegenkommen erkennen. Daraufhin soll die Bundesregierung
Vorbereitungen für weitere, rasch verfügbare Kredite für die Lufthansa
getroffen haben, um die sofortige Insolvenz abzuwenden. Auch das
Lufthansa-Management bereitete sich auf das Scheitern des Rettungspakets
vor.
Möglicherweise bewegte das Thiele zum Einlenken. Am Mittwochabend wurde
bekannt, dass er dem Rettungspaket zustimmen würde. Thiele kündigte
allerdings an, künftig Einfluss auf die Entwicklung der Lufthansa nehmen zu
wollen. Mindestens einen Verbündeten hat er dort: Im Aufsichtsrat sitzt der
frühere Airbus-Manager Thomas Enders, der in Kürze auch in den Aufsichtsrat
von Thieles Unternehmen Knorr-Bremse einziehen soll.
Die Krise trifft die Beschäftigten hart. Weltweit arbeiten 138.000 Menschen
bei der Lufthansa. Da die Flotte von derzeit rund 860 Maschinen dauerhaft
um 100 reduziert werden soll, sind laut Management 22.000 Stellen
überzählig, davon 11.000 in Deutschland. Die Gewerkschaften sind über die
Annahme des staatlichen Rettungspakets erleichtert, weil eine Insolvenz für
die Beschäftigten noch härte Einschnitte bedeutet hätte, als ohnehin
anstehen.
In der Nacht zum Donnerstag hatte sich das Lufthansamanagement mit der
Gewerkschaft Ufo, die das Kabinenpersonal vertritt, auf ein Krisenpaket
geeinigt. Es sieht bis Ende 2023 Kürzungen bei den Beschäftigten von einer
halben Milliarde Euro vor, unter anderem durch die Senkung der
Altersversorgung und Flugstunden ohne Lohnausgleich. Im Gegenzug sichert
die Lufthansa einen vierjährigen Kündigungsschutz zu. Mit der
Pilotenvereinigung Cockpit stehe die Lufthansa vor einer Einigung in
ähnlicher Größenordnung, sagte Vorstandschef Carsten Spohr bei der
Hauptversammlung. Am Freitag gehen die Verhandlungen zwischen Verdi und
Lufthansa weiter.
## Kritik an fehlenden Auflagen
Die EU-Kommission genehmigte am Donnerstag das staatliche Hilfspaket –
unter Auflagen. So muss die Fluggesellschaft Start- und Landerechte in
Frankfurt am Main und München abgegeben. Erst wenn die Airline 75 Prozent
der Staatshilfen zurückgezahlt hat, darf sie andere Fluggesellschaften
übernehmen. Die Bundesregierung muss im kommenden Jahr einen Fahrplan für
den Konzernausstieg vorlegen, der bis 2026 erfolgt sein soll.
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und die
Naturschutzorganisation BUND kritisieren den Einstieg des Staats ohne
Klimaschutzauflagen. „Geld nur gegen Klimaschutz, das hätte die Marschroute
sein müssen“, so BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Die
AnteilseignerInnen hätten die Wahl zwischen Pest und Cholera gehabt,
erklärte Markus Dufner vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und
Aktionäre. Bei einer Insolvenz nach Ablehnung des Rettungspakets hätten
nachhaltig orientierte InvestorInnen keine Möglichkeit mehr, über eine
Aktionärsversammlung einzugreifen. Bei einer Zustimmung müssten soziale und
ökologische Forderungen zurückgestellt werden.
25 Jun 2020
## LINKS
[1] /Klimaschutz-im-Flugverkehr-fehlt/!5692526
[2] /Lufthansa-Zukunft-ungewiss/!5691070
## AUTOREN
Anja Krüger
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