# taz.de -- Lufthansa-Zukunft ungewiss: Rettung hängt weiter in der Luft | |
> Die Gewerkschaft Verdi warnt vor dem Scheitern des staatlichen | |
> Hilfspakets. Großaktionär Thiele bekommt Audienz bei Finanzminister Olaf | |
> Scholz. | |
Bild: Lufthansapersonal in Frankfurt am Main | |
BERLIN taz | Die Vize-Chefin der Gewerkschaft Verdi, Christine Behle, warnt | |
vor einem Scheitern des [1][staatlichen Rettungspakets] für die Lufthansa. | |
Dann drohe die Insolvenz der Airline. „Eine Insolvenz würde die | |
Beschäftigtenstrukturen der Lufthansa zerstören und das öffentliche | |
Vertrauen in die Lufthansa nachhaltig beschädigen“, sagte sie. Unterdessen | |
hat die Lufthansa bereits Hunderten von Beschäftigten die Entlassung | |
angekündigt. | |
Wie alle Airlines leidet die Lufthansa massiv unter der Coronakrise. Am | |
Donnerstag findet die Hauptversammlung der AktionärInnen statt, die über | |
das zwischen Bundesregierung und Lufthansa-Management ausgehandelte | |
Hilfspaket abstimmt. Das Paket sieht Finanzhilfen in Höhe von 9 Milliarden | |
Euro vor. Bedingungen, etwa zum Klimaschutz oder Arbeitsplatzerhalt, | |
[2][stellt die Bundesregierung nicht]. Allerdings will der deutsche Staat | |
mit einer Beteiligung von 20 Prozent bei dem Unternehmen einsteigen. | |
Das gefällt dem Investor Heinz Hermann Thiele nicht, der 15,5 Prozent der | |
Aktien hält. Der 79-Jährige ist einer der reichsten Deutschen und | |
bekennender Gewerkschaftsgegner. Er hat sich gegen die Staatsbeteiligung | |
ausgesprochen und damit gedroht, dem Rettungspaket nicht zuzustimmen. Weil | |
sich zur Hauptversammlung nur knapp 40 Prozent der StimmrechtsinhaberInnen | |
angemeldet haben, brauchen Beschlüsse dort eine Zweidrittelmehrheit – | |
Thieles Stimmen dürften den Ausschlag geben. Am Montag haben er, | |
Lufthansa-Chef Carsten Spohr, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und | |
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein Gespräch geführt. Die | |
Regierungsvertreter hätten das Hilfsangebot vorgestellt und erläutert, hieß | |
es aus Regierungskreisen. Wie sich Thiele bei der Hauptversammlung verhält, | |
ist weiterhin unklar. | |
Ein Insolvenzverfahren hätte für die Beschäftigten gravierende Folgen, | |
warnt Verdi. „Die Arbeitsplätze wären dann noch unsicherer“, sagte Mira | |
Neumaier, Bundesfachgruppenleiterin Luftverkehr bei Verdi. „Die | |
tarifvertraglichen Bindungen wären in Gefahr.“ Am Freitag setzen Verdi und | |
die Lufthansa ihre Gespräche über die Krisenbewältigung fort. Auch mit der | |
Pilotenvereinigung Cockpit und der Kabinengewerkschaft Ufo laufen | |
Verhandlungen. Ursprünglich wollte die Lufthansa bis zur Hauptversammlung | |
eine Einigung erreichen. Da darüber die AktionärInnen aber nicht abstimmen | |
müssen, ist ein späterer Abschluss möglich. Die Lufthansa droht damit, | |
[3][in Deutschland 11.000 Stellen abzubauen]. | |
## Kündigungen an acht Standorten | |
Trotz der laufenden Gespräche hat die Lufthansa erste Entlassungen | |
angekündigt. Der Konzern hat rund 400 Beschäftigten der Abfertigung und des | |
Flugsteigbetriebs an acht deutschen Flughäfen mitgeteilt, dass sie ein | |
Abfindungsangebot annehmen sollen oder gekündigt werden, berichtete ein | |
Lufthansa-Mitarbeiterin der taz. Sie will aus Angst vor Nachteilen anonym | |
bleiben. Dass die Standorte aufgelöst werden, weil die Lufthansa dort | |
Leistungen von außen einkaufen will, habe zwar festgestanden, sagte sie. | |
Bis zum 10. Juni hatten die Beschäftigten aber die Zusage, dass sie nicht | |
gekündigt werden, sondern an die Standorte München und Frankfurt gehen | |
könnten. „Man kann nicht für alles die Coronakrise verantwortlich machen“, | |
sagte sie. | |
Die Beschäftigten hätten die Schließung der Standorte und die damit | |
verbundene Auslagerung an Dienstleister mitgetragen, weil ihnen zugesagt | |
worden sei, dass sie nicht gekündigt würden, berichtete sie. Jetzt gelte | |
das nicht mehr, Gespräche mit den Beschäftigten hätten nicht stattgefunden. | |
Dabei seien viele etwa zur Reduzierung ihrer Arbeitszeit bereit. „Die Krise | |
wird von der Lufthansa genutzt, um sich langjähriger Mitarbeiter zu | |
entledigen“, sagte die Mitarbeiterin. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es, das | |
Vorgehen der Lufthansa sei nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch | |
rechtlich. Die Lufthansa erklärte, durch die Coronakrise könne sie an dem | |
ursprünglichen Angebot nicht mehr festhalten. | |
23 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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