# taz.de -- Demonstrationen in Berlin: Gesetzliche Regelung gefordert | |
> Verwirrung um die Veröffentlichung von Demorouten. | |
> SPD-Innenstaatssekretär ruft Polizei zur Räson. Gewohnheitsregelung hat | |
> Fortbestand. | |
Bild: Revolutionäre 1. Mai Demonstration 2018 in Berlin | |
Versucht die Polizei der rot-rot-grünen Landesregierung auf der Nase | |
herumzutanzen? Die Klarstellung von Torsten Akmann (SPD) wirkte fast so: | |
Die Praxis, dass die Polizei im Vorfeld von Versammlungen Auskunft über den | |
Verlauf von Demonstrationsrouten gebe, „bleibt bestehen“, betonte der | |
Innenstaatssekretär am Mittwoch in einer Presseerklärung. | |
Wenige Stunden zuvor hatten Mitarbeiter der Polizeipressestelle das | |
Gegenteil erklärt. taz und dpa hatten sich unabhängig voneinander nach den | |
geplanten Versammlungen am 1. Mai erkundigt. Die Antwort: Die interne | |
Prüfung eines Polizeijuristen habe ergeben, dass die Polizei geplante | |
Strecken von Demos sowie angemeldete Teilnehmerzahlen nicht mehr bekannt | |
gebe. Eine Veröffentlichung der Routen könne den Verlauf der | |
Demonstrationen beeinflussen, so die Begründung. Die Regelung gelte für | |
alle Versammlungen, „bis eine Entscheidung erfolgt ist“. Dazu nun Akmann: | |
„Selbstverständlich gilt für uns der Koalitionsvertrag“. In dem steht, da… | |
Zeit und Ort von Demonstrationen auf Anfrage von Abgeordneten und | |
Medienvertretern veröffentlicht werden und Gegenproteste in Hör- und | |
Sichtweite zugelassen werden sollen. | |
War es alles nur ein Missverständnis oder steckt mehr dahinter? Über diese | |
Frage wird nun heftig diskutiert. Dass Demorouten im Vorfeld veröffentlicht | |
werden, geht auf den früheren SPD-Innensenator Erhart Körting zurück. | |
Auslöser für diesen war ein Aufmarsch von Rechtsextremen im Mai 2011 am | |
Mehringdamm in Kreuzberg. Neonazis hatten Polizisten überrannt und | |
Passanten attackiert. | |
Körting verpflichtete die Polizei, die Bevölkerung über Demonstrationen | |
aller Art zu informieren – wenn die Gespräche mit dem Anmelder gelaufen | |
seien. | |
Entstanden ist daraus eine Gewohnheitsregel. Damals wie heute schmeckt das | |
nicht allen bei der Polizei. Die Einsätze würden durch die Veröffentlichung | |
erschwert, finden einige. Gegendemonstranten könnten sich auf eine | |
Behinderung von rechten Aufzügen besser einstellen. Dass ein Polizeijurist | |
nun in einem Gutachten für die Rückkehr zur Geheimhaltung plädiert, wundert | |
wenig. Die Rechtsabteilung der Polizei war immer der Meinung, dass es für | |
die Veröffentlichung keine Rechtsgrundlage gibt. | |
Dass die Polizeipressestelle diese Meinung der Öffentlichkeit am Mittwoch | |
als vorläufige Richtlinie verkaufte, sei Kommunikationsproblemen geschuldet | |
gewesen, erfuhr die taz aus unterrichteten Kreisen. Gut, dass der | |
Innenstaatssekretär so schnell für Klarheit gesorgt hat, würde man lobend | |
sagen, wäre da nicht ein großes Aber: Die Polizei sei von Rechts wegen | |
nicht verpflichtet, die Öffentlichkeit von sich aus über angemeldete | |
Versammlungen zu informieren – Akmann selbst hatte das im August 2018 | |
geschrieben. Nachgefragt hatte der Linken-Abgeordnete Hakan Taş. Akmann | |
wurde noch deutlicher: „Eine entsprechende Information hat auch aus | |
Neutralitätsgesichtspunkten zwingend zu unterbleiben.“ Fazit: Linke und | |
Grüne müssen durchsetzen, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung im | |
neuen Versammlungsgesetz festgeschrieben wird. | |
25 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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