# taz.de -- Deal mit Staatsanwaltschaft: Thomas Strobl ist unzurücktretbar | |
> Der baden-württembergische Innenminister akzeptiert einen Deal mit der | |
> Staatsanwaltschaft und will im Amt bleiben. Die Opposition schäumt. | |
Bild: Strobl geht zu der nicht öffentlichen Befragung in Stuttgart | |
STUTTGART taz | Die Nehmerqualitäten von Thomas Strobl waren schon vor der | |
Affäre um einen durchgestochenen Brief legendär. Da war seine zweifach | |
verhinderte Spitzenkandidatur und demütigende Szenen in der eigenen | |
Fraktion. Doch mit der Akzeptanz eines Deals mit der Staatsanwaltschaft, um | |
sein Amt als Innenminister zu retten, beeindruckt Strobl offenbar auch | |
seine Gegner. Strobl halte sich offenbar für „unzurücktretbar“, | |
[1][schreibt FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke] leicht verzweifelt. | |
Nach einer nächtlichen Sitzung mit seiner Fraktion hatte der | |
baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) um kurz vor | |
Mitternacht verlauten lassen: „Entgegen dem Rat und der Rechtsauffassung | |
meiner Anwälte beabsichtige ich, dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft | |
zuzustimmen, das Ermittlungsverfahren einzustellen und in diesem | |
Zusammenhang 15.000 Euro zu zahlen“. Es gehe ihm dabei darum, die Affäre | |
angesichts der „ernsten Sicherheitslage“ so schnell wie möglich zu beenden. | |
Die Affäre, die Strobl meint, ist schon einige Monate alt und ziemlich | |
verworren. Seit Dezember ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen | |
den Polizeinspekteur von Baden-Württemberg. Dem 47-Jährigen wird | |
vorgeworfen, in einer Videobesprechung einer Kriminalkommissarin, die in | |
den höheren Dienst wechseln wollte, die Beförderung gegen Sex in Aussicht | |
gestellt zu haben. Das Innenministerium hatte die Vorwürfe selbst | |
veröffentlicht und den Beamten vom Dienst suspendiert. | |
Strobl hat längst zugegeben, in diesem Zusammenhang ein Schreiben vom | |
Anwalt des Polizeiinspekteurs an einen Reporter der Stuttgarter Nachrichten | |
weitergegeben zu haben. Was er sich davon versprochen hat, bleibt unklar. | |
Seitdem laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Innenminister | |
und den Journalisten wegen der „[2][verbotenen Mitteilung aus | |
Gerichtsverfahren]“. Ein Paragraf, der unter vielen Juristen als | |
einigermaßen antiquiert gilt. | |
## Standhafthaftes schwarz-grünes Bündnis | |
Die Standhaftigkeit im Amt ist politisch aber nur möglich, weil ihm sowohl | |
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), als auch die CDU-Fraktion | |
den Rücken stärken. Was bei Kretschmann wenig überraschend ist, weil er | |
Strobl vertraut und mit ihm das nicht immer einfache grün-schwarze Bündnis | |
zusammenhält. Bei der CDU-Fraktion war der Rückhalt nicht immer so klar, | |
auch weil Strobl als Übergangsvorsitzender gilt. Aber offenbar gelang es | |
Fraktionschef Manuel Hagel, der als Nachfolgers Strobls gehandelt wird, in | |
der Nachtsitzung, die Unterstützung für den Minister zu organisieren. | |
Offenbar hat man in der CDU nur ein Jahr nach der Landtagswahl kein | |
Interesse, die Koalition in Turbulenzen zu bringen. Deshalb hielt sich der | |
Groll über Strobls Verhalten auch in der Grünen Fraktion zuletzt in | |
Grenzen. Sollte sich doch die CDU um ihre eigenen Probleme kümmern. | |
Nur die Opposition schäumt angesichts des ausgefallenen Rücktritts. Sie | |
hatte einen Untersuchungsausschuss eingesetzt und mehrfach Strobls | |
Rücktritt gefordert. Oppositionsführer Andreas Stoch (SPD) schrieb nach | |
Bekanntwerden der Geldauflage auf Twitter: „Die Staatsanwaltschaft geht | |
davon aus, dass Strobl Recht gebrochen hat. Und mit der Annahme räumt er | |
seine strafrechtliche Verantwortlichkeit ein. Wie soll so jemand im Amt des | |
Verfassungsministers bleiben, Herr Kretschmann?“ | |
Doch nach Lage der Dinge bleibt er nun. Die Einstellung des Verfahrens ist | |
nach dem Gesetz möglich, wenn die Verfolgung nicht dem öffentlichen | |
Interesse dient. Strobl dürfte den Weg dafür durch das Eingeständnis von | |
Fehlern frei gemacht haben. Er gilt dann auch als nicht vorbestraft. | |
Allerdings muss das zuständige Gericht dem Deal noch zustimmen. | |
21 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://fdp-landtag-bw.de/pressemitteilungen/ruelke-strobl-muss-zuruecktret… | |
[2] https://www.jusline.at/gesetz/stgb/paragraf/301 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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