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# taz.de -- Datenmessung beim Rodeln: Alle zwei Millimeter Daten
> Die deutschen Rodler können mit Hilfe eines Autokonzerns erstmals jede
> Fahrt vermessen. Dadurch wollen sie ihre Dominanz ausbauen.
Bild: Auch beim Skeletonfahren ist die Ideallinie entscheidend, wie diese Studi…
Maisach taz | Das Gewusel war groß bei der Präsentation der deutschen
Rodler und Bobfahrer auf dem Übungsgelände eines großen deutschen
Automobilherstellers im bayerischen Maisach. Mittendrin standen, wie unter
einer imaginären Glocke, Felix Loch und Marco Wittmann. Seelenruhig
sprachen der dreifache Olympiasieger und der zweimalige DTM-Champion
miteinander. Worum es ging, ließ sich anhand ihrer Gestik leicht erraten.
Immer wieder zeichneten die beiden mit den Händen Kurven.
Später präsentierte Loch mit dem Juniorenweltmeister Julian von Schleinitz
die neueste Errungenschaft der deutschen Rodler. Gemeinsam mit der
Motorsportabteilung von BMW haben sie ein Messsystem entwickelt, das ihnen
die Suche nach der Ideallinie erleichtert. „In manchen Passagen wissen wir
nicht, was schneller ist“, sagt der elffache Weltmeister, „sollen wir eine
Welle fahren oder den Schlitten zwingen, auf einer Höhe zu fahren?“
Rennfahrer Marco Wittmann ist es von Beginn seiner Motorsportkarriere
gewohnt, dass er anhand von Daten ablesen kann, wo er wie schnell war. Die
Rodler haben seit 50 Jahren dasselbe System. Am Start lösen sie über eine
Lichtschranke die Zeitnahme aus, im Ziel stoppen sie die Uhr, wieder durch
eine Lichtschranke. Dazwischen gaben Zwischenzeiten nur unzureichend
Aufschluss über die Güte der Fahrt. Trainer beobachteten deshalb an
Schlüsselstellen die Läufe und gaben Korrekturen. Mehr oder weniger exakt.
Weil eine Auswertung von GPS-Daten wegen der mit Stahlbeton überbauten
Kurven nicht möglich ist, wurden an den Schlitten Beschleunigungs-,
Drehraten- und Temperatursensoren angebracht. Nun können die Läufe
verglichen werden, weil alle zwei Millimeter Daten erfasst werden. „Unser
Ziel ist es, den perfekten Lauf hinzubekommen“, verrät Loch, „auch wenn das
eigentlich fast nicht möglich ist.“ Dabei hilft es natürlich, die
Ideallinie zu kennen. Wobei es die eine Ideallinie nicht gibt, behauptet
Hackl. Diese sei individuell von der Geschwindigkeit und der Masse des
Fahrers abhängig.
Sebastian Meyer, der verantwortliche Renningenieur des Projekts, wurde vor
mehrere Herausforderungen gestellt. Zunächst waren dies die engen
Platzverhältnisse. Und auch die wenigen Trainingsfahrten. „Während Marco
bei Testfahrten mehr als 100 Runden abspult“, vergleicht Meyer, „haben die
Rodler aufgrund der enormen Belastung nur vier oder fünf Fahrten am Tag.“
Das Spannende sei nun, aus den geringen Datenmengen das Maximale
herauszuholen. Initiator Julian von Schleinitz, Student für
Ingenieurwissenschaften und als Rodler hinter Loch und Ralf Palik die
Nummer drei im erfolgsverwöhnten deutschen Kader, sieht sich nach den
ersten Trainingsfahrten in seiner Einschätzung bestätigt: „Was die
Fahrlinie betrifft, können wir das Rodeln auf ein höheres Niveau heben.“
Ausgiebig Daten konnten Meyer und die Rodler in der vergangenen Woche bei
der Trainingswoche auf der Olympiabahn in Innsbruck-Igls sammeln. Diesen
Eiskanal hat BSD-Vorstand Thomas Schwab neben den vier deutschen Bahnen
zwar als „Heimbahn“ bezeichnet, doch die nur 1.270 Meter kurze Eisrinne
gilt als leicht zu fahren. Im Vorfeld der Ende Januar stattfindenden
Weltmeisterschaft können schon Kleinigkeiten helfen, die Dominanz bei
Titelkämpfen abzusichern.
Diesen Vorsprung wollen nicht nur die Rodler haben. Auch die Bobfahrer und
Skeletonis haben bereits ihr großes Interesse bekundet, dass sie dieses
System auch verwenden dürfen. Dieses System auch anderen Nationen zur
Verfügung zu stellen ist momentan nicht geplant. Dagegen wird bereits eine
Erweiterung der Messungen, bei denen das Reibverhalten der Kufen auf dem
Eis untersucht wird, angedacht.
23 Nov 2016
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
## TAGS
Rodeln
Daten
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Wintersport
Fußball
Sotschi 2014
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