# taz.de -- Südkorea trainiert für Olympia 2018: Lothar kriegt sächsisches K… | |
> Ein Deutscher soll im Wintersport-Entwicklungsland Südkorea das Rodeln | |
> lehren. Die Namen seiner Sportler kann er sich nicht merken. | |
Bild: 2014 waren sie schon dabei: Lothar und Franz alias Park Jin Yong und Cho … | |
Schnurstracks gehen die beiden Koreaner auf die Schlitten zu. Doch neben | |
der südkoreanischen Fahne stehen in schwarzen Buchstaben die Namen Lothar | |
und Franz. Es sind die neuen Rufnamen von Park Jin Yong und Cho Jung Myung. | |
Es ist ein Deutscher, der das koreanische Rodeldoppel umgetauft hat: | |
Steffen Sartor. | |
„Können Sie sich die koreanischen Namen merken?“, fragt der Cheftrainer der | |
koreanischen Nationalmannschaft. Und gibt gleich die Antwort: „Ich nicht. | |
Deshalb habe ich die Jungs und Mädchen angeschaut und überlegt, mit wem sie | |
Ähnlichkeiten haben.“ Herausgekommen sind Lothar und Franz oder Heike für | |
Sung Eun Ryung oder Guido für Kim Dong Hyeon. | |
Seit September 2013 betreut Sartor gemeinsam mit Robert Fegg, beide | |
ehemalige Weltklasserodler, die koreanischen Athleten. Bei den Olympischen | |
Spielen in Sotschi belegten sie Platz zwölf im Staffelrennen. Für die | |
Premiere war das ganz gut, beim zweiten Anlauf 2018 in Pyeongchang soll es | |
besser werden. Das ist Sartors Auftrag. Wie gut? „Wir werden uns nicht | |
verstecken müssen.“ | |
Immerhin hat der Cheftrainer nun Zeit, mit seinen Rodlern mehr zu üben. | |
„Nach Sotschi sind wir praktisch ohne Vorbereitung gefahren.“ Fegg ergänzt: | |
„Normalerweise benötigt ein Athlet von den Anfängen bis in die Weltspitze | |
zwölf Jahre. Wir haben gerade einmal vier.“ | |
## Duty-Free-Shop-König ist Verbandspräsident | |
Im Winter 2013 betreute der Thüringer Sartor die Schweizer Rodler, als er | |
vom koreanischen Präsident Jae Ho Chang angesprochen wurde. Daraufhin | |
erstellte der 43-Jährige, der im Doppel als Steffen Skel mit seinem Partner | |
Steffen Wöller sechs WM-Medaillen gewonnen hatte, einen Fünfjahresplan. Im | |
Sommer folgte eine Einladung zu einem Workshop nach Seoul, wo er sein | |
Konzept erläutern sollte. | |
Dann ging’s schnell. „Was willst du? Was brauchst du?“, fragte Präsident | |
Chang, Inhaber von Duty-Free-Shops auf sämtlichen koreanischen Flughäfen. | |
Am nächsten Tag lag der unterschriftsreife Vertrag auf dem Tisch. | |
Nach den Spielen von Sotschi suchte er sich, zusätzlich zu den | |
Olympiarodlern, weitere Athleten aus. Die Kriterien waren überschaubar: ein | |
Athletiktest und ein Interview. Danach stand die Nationalmannschaft mit | |
drei Frauen, drei Männern und einem Doppel. Seitdem ist der koreanische | |
Rodeltross gemeinsam unterwegs. „Wir tingeln von Bahn zu Bahn“, sagt | |
Sartor. „In Calgary haben wir Starts geübt, dann sind wir nach | |
Lillehammer.“ | |
An Weltcuprennen nehmen sie nur sporadisch teil. Innsbruck-Igls und | |
Königssee gehören quasi zum Pflichtprogramm. Auch auf den schweren Bahnen | |
in Altenberg und Sigulda treten die Koreaner an. „Da fahren weniger, | |
deshalb können wir besser punkten“, erklärt der Trainer seine Taktik. Sein | |
Doppel hat genügend Zähler, es darf immer im Weltcup ran. Ansonsten | |
befahren die Koreaner die Eiskanäle in der Woche nach den Weltcups. „Dann | |
haben wir Referenzzeiten.“ | |
## Essen ist für Rodler wichtig | |
Das Zentrum aber ist in Altenberg. In der Gemeinde in Sachsen gibt es nicht | |
nur einen anspruchsvollen Eiskanal, sondern dort betreibt Sartors Frau | |
Diana, eine ehemalige Skeletoni, eine Pension. Sie kann gut kochen. Das hat | |
sie als Gewinnerin in der ZDF-Sendung „Küchenschlacht“ bewiesen. Sie muss | |
zum Beispiel Kimchi-Salat zubereiten. Dafür wird Chinakohl samt Gewürzen in | |
eine Salzlauge eingelegt. „Wenn wir auf Lehrgänge zu anderen Bahnen fahren, | |
gibt sie jedem eine große Box mit“, sagt Sartor. Für die Rodler ist das ein | |
Stück Heimat. | |
Aber das mit dem Essen, das war anfangs schon ein Problem. „Ich habe ja nur | |
leichte Zwerge“, sagt der Trainer. Und anfangs wurden die immer leichter. | |
Die Lösung war dann ein Onlineshop in Frankfurt am Main für koreanische | |
Nahrung. Ins Trainingslager am Königssee wurden Pakete mit insgesamt 70 | |
Kilogramm Nahrungsmittel geliefert. Damit nahmen die Sportler auch wieder | |
zu. Masse ist im Rodeln wichtig. | |
Das Gewicht, mehr Erfahrung und eine ausgefeiltere Fahrtechnik schlagen | |
sich in besseren Zeiten nieder. „Am Anfang hatten wir zweieinhalb Sekunden | |
Rückstand, jetzt sind es nur noch anderthalb“, sagt Trainer Sartor stolz. | |
Trotzdem ist es noch ein weiter Weg. | |
Helfen soll auch der Heimvorteil. Vor wenigen Tagen wurde der Eiskanal in | |
Pyeongchang fertig. Nach den Weltmeisterschaften am Königssee sind die | |
Koreaner zu ausgiebigen Trainingsfahrten nach Hause geflogen. „Es ist keine | |
technische Knallerbahn, sondern eine für gute Gleiter“, sagt Sartor. Bei | |
dieser Charakteristik sind viele Übungsfahrten hilfreich, um fehlerfrei | |
runter zu kommen. | |
23 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Eckhard Jost | |
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