| # taz.de -- Das ZPS und seine Entschuldigung: Moralisch beschränkt | |
| > Nicht zum ersten Mal soll beim Zentrum für Politische Schönheit der Zweck | |
| > des Schockeffekts die trüben Mittel heiligen – Zeit, den Laden zu | |
| > schließen. | |
| Bild: Das gläserne Kernstück der Säule ist inzwischen mit schwarzem Klebeban… | |
| Armes Volk, selbst in den Gräbern stört man deine Ruhe!“ Alexander von | |
| Humboldt, Altmeister der künstlerischen Forschung, plagte sein Gewissen, | |
| als er aus der Höhle von Ataruipe, einer Begräbnisstätte des Stammes der | |
| Atures-Indianer, Knochen und Schädel mitgehen ließ. Ihm schwante schon, | |
| dass er da an einer moralischen Grenze operierte. | |
| [1][Ohne Selbstzweifel operierte das Zentrum für Politische Schönheit, als | |
| es in Polen die Asche mutmaßlicher Holocaustopfer mitgehen ließ], um sie | |
| als illuminiertes Beweismittel in Sachen unterlassener Erinnerung im | |
| Berliner Regierungsviertel auf einen Stahlpfahl zu ziehen. Etwas wie diese | |
| morbide Lavalampe mit posthumanen Schwebstoffen muss Guy Debord vor Augen | |
| gehabt haben, als er sein Verdikt „Die Gesellschaft des Spektakels“ | |
| schrieb. | |
| Der Zweck des größtmöglichen Schockeffekts heiligt bei Philipp Ruchs | |
| Gesellschaft mit moralisch beschränkter Haftung nicht zum ersten Mal die | |
| Mittel. Die toten Migranten von den EU-Außengrenzen, denen die Hohepriester | |
| der grausamsten Kunstfreiheit vor vier Jahren Schaugräber in Berlin | |
| aushoben, hatten wahrscheinlich per Patientenverfügung eingewilligt, als | |
| Demonstrationsobjekte der Direct Action zur letzten Ruhe gebettet zu | |
| werden. | |
| Bedurfte es [2][erst des massiven Protestes der Hinterbliebenen und der | |
| Opferverbände, um die die nekrophilen Marterpfähle wieder zu verhüllen?] | |
| Oder war das auch nur höhere Dialektik, die wir nicht verstehen, solange | |
| wir noch nicht das Rußmal der Gerechten und Erleuchteten tragen? | |
| ## Politmoralisches Virtuosentum | |
| [3][Sich zu entschuldigen, sich im gleichen Atemzug aber als „Sturmtruppe | |
| für die Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und | |
| menschlicher Großgesinntheit“ wieder aus dem Sumpf des Kniefalls zu | |
| ziehen], wie es am Ende des Mea-culpa-Textes des ZPS hieß, ist der Gipfel | |
| politmoralischen Virtuosentums. | |
| „Gedenken heißt kämpfen“ steht auf einem Banner über dem stählernen | |
| Erinnerungspoller. Die Nähe zur NS-Rhetorik ist fatal. Die Sturmtruppen zur | |
| Errichtung der sittlichen Schönheit, der nationalen Poesie und des | |
| menschlichen Großreinemachens, deren mörderisches Erbe das ZPS eigentlich | |
| aufgearbeitet wissen will, hätten es nicht martialischer skandieren können. | |
| „Die Hoffnung auf den moralischen Fortschritt der Menschheit liegt in der | |
| Kunst“ hat Philipp Ruch einmal gesagt. Wer in ihrem Subgenre | |
| Erinnerungsästhetik derart versagt, sollte die Gummizelle falsch | |
| verstandener Schönheit endgültig schließen. | |
| 6 Dec 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Aktion-mit-Asche-von-Opfern-der-Schoah/!5641561/ | |
| [2] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/umstrittene-installation-v… | |
| [3] https://politicalbeauty.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arend | |
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