| # taz.de -- Dänische Klimapolitik: Green Deal mit Bauernrabatt | |
| > Dänemark will mit einem Pakt das Klima schonen, Naturschutz voranbringen | |
| > und die Lasten für Agrarbetriebe in Grenzen halten. Wie soll das | |
| > aussehen? | |
| Bild: Gucken zwar so, aber an den Kragen soll es dänischen Kühen nicht gehen … | |
| Ohne sie geht es nicht, aber sie sorgt auch für gewaltige Klimabelastungen: | |
| Das ist die Krux der Landwirtschaft, nicht nur in Dänemark. Aber nur | |
| Dänemark hat jetzt ein Programm präsentiert, mit dem es alle Probleme | |
| gleichzeitig angehen will. Der Grüne Deal zwischen Regierung, | |
| Umweltschutzorganisationen, Landwirtschaft und weiteren Beteiligten soll | |
| das Klima schonen, den Naturschutz verbessern und die Belastung für die | |
| landwirtschaftlichen Betriebe in Grenzen halten – auch wenn diese künftig | |
| eine CO2-Abgabe zahlen müssen. Ein Überblick. | |
| Wann geht es los mit dem Klimapaket in Dänemark? | |
| Die neue und weltweit erste Klimaabgabe dieser Art wird ab 2030 fällig. | |
| Betriebe müssen dann zunächst 120 Kronen (umgerechnet rund 16 Euro) pro | |
| [1][Tonne CO2 zahlen, die sie etwa durch Tierhaltung produzieren]. Ab 2035 | |
| steigt die Abgabe auf 300 Kronen. Zum Vergleich: Für einen Großteil der | |
| anderen Branchen Dänemarks gilt ab 2030 eine Klimaabgabe von 750 Kronen pro | |
| Tonne – die Landwirtschaft bekommt also einen Rabatt. Der wird erreicht | |
| durch eine Besonderheit: Die ersten 60 Prozent ihrer klimaschädlichen | |
| Abgase sind abgabefrei. Damit sollen Anreize zu grünen Investitionen | |
| geschaffen werden. | |
| Wie können Betriebe ihre Abgabe reduzieren? | |
| Landwirt:innen haben nun fünf Jahre Zeit, Maßnahmen zu ergreifen. In | |
| besonders emissionsintensiven Bereichen wie der Milchvieh-Haltung können | |
| sie etwa durch verbessertem Umgang mit Gülle oder eine Umstellung beim | |
| Futter den Ausstoß von CO2 oder [2][des besonders klimaschädlichen Methans] | |
| senken. | |
| Die Klimaabgabe ist nur ein Teil des Grünen Deals – welche weiteren | |
| Elemente gibt es? | |
| Ein neuer, rund fünf Milliarden Euro schwerer Fonds soll eine „historische | |
| Umgestaltung der Landkarte von Dänemark“ ermöglichen, das haben die | |
| Beteiligten bei der Vorstellung angekündigt. Zentraler Verwendungszweck: | |
| Agrarflächen sollen aufgekauft und umgewandelt werden. 250.000 Hektar neuer | |
| Wald sind so in Dänemark geplant. 20.000 davon will der Staat selbst auf | |
| aufgekauften Flächen anpflanzen, den Rest sollen die Landwirte auf | |
| freiwilliger, staatlich geförderter Basis übernehmen. Außerdem sollen | |
| 140.000 Hektar [3][kohlenstoffreiche Niedermoorflächen aus der | |
| landwirtschaftlichen Nutzung genommen und renaturiert] werden. Eine weitere | |
| Milliarde Euro soll für die Lagerung von Biokohle aus Pyrolyse ausgegeben | |
| werden – durch die Verkohlung von Biomasse wird dabei CO2 gebunden. Als | |
| Anreiz für die auf freiwilliger Basis geplante Umwidmung | |
| landwirtschaftlicher Flächen bekommen Betriebe umgerechnet gut 10.000 Euro | |
| pro Hektar. Beobachter zeigen sich gespannt, ob das reicht, oder ob die | |
| Regierung hier später mit Gesetzen nachhelfen muss. Ökonomen warnen davor, | |
| [4][dass die Bodenpreise steigen] werden. | |
| Woher kommt das Geld für den Fonds? | |
| Wohl nicht aus der Klimaabgabe, denn die soll in Form von Förderungen für | |
| grüne Investitionen zurück an die Betriebe gehen. „Es ist eine große | |
| Rechnung“, bestätigte der sozialdemokratische Steuerminister Jeppe Bruus, | |
| „und die müssen wir gemeinschaftlich tragen“. Die Landwirtschaft könne | |
| nicht alleine dafür aufkommen. Chefökonom Ulrik Beck vom dänischen | |
| Thinktank Kraka sagte im dänischen Rundfunk DR, man hätte die Klimabgabe | |
| aus der Landwirtschaft stärker dafür nutzen können, habe nun aber die | |
| Lösung mit starken Zuschüssen für die Betriebe gewählt. Jetzt bleibe die | |
| Rechnung beim Steuerzahler hängen. Chefökonom Ulrik Beck vom dänischen | |
| Thinktank Kraka sagte ebenfalls auf DR, die Menschen in Dänemark bekämen | |
| aber auch viel für ihr Geld: „Mehr Natur, verbesserte Gewässer und | |
| Erholungsgebiete.“ | |
| Wer lobt die Pläne? | |
| Erfreut zeigt sich Meeresexperte Stiig Markager von der Universität Aarhus. | |
| Zusammengenommen seien die Pläne „richtig gute Nachrichten für unser | |
| [5][Meeresumwelt, wo Stickstoffeinleitungen speziell aus der Landwirtschaft | |
| umfassenden Sauerstoffmangel] verursacht haben“, sagte er dem DR. Für die | |
| vollständige Erholung der Meeresumwelt sei allerdings eine stillgelegte | |
| Fläche von bis zu 600.000 Hektar vonnöten. Markager hob positiv hervor, | |
| dass der Deal den Zusammenhang zwischen den Klimagasen, Stickstoff, | |
| Trinkwasser und Biodiversität anerkenne. „Man hat alle Probleme | |
| zusammengedacht, die eine intensive Landwirtschaft mit sich bringt, und | |
| kommt zur einzig richtigen Lösung, nämlich Flächen außer Betrieb zu | |
| nehmen.“ | |
| Gibt es Kritik an dem Deal? | |
| Die dänische Regierung erwartet, dass die Pläne 2030 zur Einsparung von 1,8 | |
| Millionen Tonnen CO2 führen. Damit ziele sie nur auf das unterste Ende der | |
| Szenarien, die zuvor in mehreren Gutachten entworfen wurden, kritisieren | |
| Experten. Klimaminister Lars Aagaard (Moderate) werfen sie vor, sich bei | |
| seinen Berechnungen teilweise auf nicht sichere Zahlen berufen zu haben. So | |
| sei noch nicht klar, ob die Klimaemissionen der Niedermoore tatsächlich so | |
| hoch sind wie genannt – und die der übrigen Flächen nicht höher als | |
| angekommen. An der Universität Aarhus wird zu diesen Fragen noch geforscht. | |
| Kritik gibt es auch daran, dass bei den Aufforstungsplänen bislang erst | |
| eine Fläche von 20.000 Hektar gesichert sei. | |
| Sind Jobs in der Landwirtschaft in Gefahr? | |
| Der Verlust von Arbeitsplätzen war eine große Sorge. Das dänische | |
| Wirtschaftsministerium rechnete diese Woche vor, dass auf dänischen Höfen | |
| bis zum Jahr 2035 etwa 2.100 Arbeitsplätze verloren gehen dürften. Dafür | |
| rechne man allerdings mit neuen Jobs in Bereichen, die ebenfalls Folgen des | |
| Abkommens sind. Der Netto-Arbeitsplatzverlust werde vielleicht bei 100 | |
| liegen. Der Arbeitgeberverband Dansk Industri gibt sich ebenfalls | |
| zuversichtlich, dass es landwirtschaftsnahe neue Jobs geben wird, etwa in | |
| den Forsten, die mit dem geplanten Aufforstungsprogramm einen großen | |
| Mehrbedarf an Arbeitskräften haben werden. Die Gewerkschaft 3F kritisiert, | |
| für einen Wechsel zwischen den Bereichen seien Umschulungen nötig. Die | |
| Abgabe hat die Gewerkschaft aber akzeptiert, sie verweist nun darauf, dass | |
| sie dafür gekämpft habe, sie so gering wie möglich zu halten. | |
| Wie sicher ist es, dass das Abkommen umgesetzt wird? | |
| In [6][Neuseeland sind Pläne für eine Klimaabgabe für die Landwirtschaft | |
| nach Branchen-Protesten zuletzt gescheiter]t. Da in Dänemark | |
| Bauernvertretungen mitverhandelt haben, ist das hier nicht zu erwarten. | |
| Diskussionsbedarf sieht die Opposition vor allem bei der Finanzierung des | |
| neuen Fonds. Die Regierung hat die Gespräche mit den im Parlament | |
| vertretenen Parteien begonnen. Nach den Sommerferien soll der Deal dort | |
| verabschiedet werden. | |
| 30 Jun 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Diekhoff | |
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