| # taz.de -- Corona-Einschränkungen für Studierende: Online allein | |
| > Die Pandemie traf Studierende hart: Eine Medizinstudentin, ein Student in | |
| > London, ein Erstsemester und eine Frau in finanziellen Nöten erzählen. | |
| Bild: Leerer Hörsaal, denn die Studierenden sitzen alleine Zuhause und müssen… | |
| Eine Medizinstudentin, die nicht gelernt hat, wie sie Herzklappenfehler | |
| erkennt. Ein Erstsemester, der, vom Onlinestudium überfordert, sein | |
| Studium abgebrochen und nun etwas Neues anfängt. Eine Studentin mit | |
| finanziellen Sorgen, die in der Gastronomie arbeitete und nun nach | |
| verzweifelter Suche wieder einen Job hat. Ein deutscher Masterstudent, der | |
| in England seinen Master vor dem Bildschirm macht. Vier Protokolle über die | |
| Nöte von Studierenden in der Coronapandemie. | |
| ## Saskia Bunz (22), Medizinstudium im 6. Semester, Tübingen | |
| „Letztes Semester habe ich drei Untersuchungskurse gemacht: in der Inneren | |
| Medizin, in der Neurologie und der Psychiatrie. Normalerweise untersuchen | |
| wir Studierende dann Patienten im Krankenhaus. Das konnten wir nicht. | |
| Stattdessen haben wir uns gegenseitig untersucht. Meistens fiel die Praxis | |
| aber komplett weg, da wir Onlineunterricht hatten. Normalerweise werden | |
| auch extra Patienten, etwa mit einem Herzfehler, herausgesucht, damit wir | |
| Diagnosen üben können. Wenn wir uns gegenseitig abhören, sind wir ja | |
| gesund. | |
| Viele Untersuchungen konnte ich gar nicht am Patienten üben: | |
| Herzklappenfehler erkennen, Lunge abklopfen, Bauch abhören, Darmgeräusche | |
| erkennen, Schilddrüse und Lymphknoten untersuchen, Puls tasten … Die | |
| Leistungsscheine habe ich trotzdem bekommen. | |
| In dem Kurs für Innere Medizin haben wir uns nur einmal präsenzgetroffen, | |
| um das Stethoskop kennenzulernen und das Herz abzuhören. Die anderen Organe | |
| konnten wir nicht durchnehmen. | |
| Bei dem Kurs in der Neurologie hatte ich immerhin drei Präsenztermine. Mit | |
| einem Reflexhammer haben wir Reflexe getestet und mit der Diagnostikleuchte | |
| unsere Pupillen untersucht. | |
| Der Kurs in der Psychiatrie war komplett online. In Videos simulierten | |
| Schauspieler medizinische Fälle. In Onlinemeetings haben wir dann | |
| Auffälligkeiten und Symptome besprochen und wie die Behandlung aussehen | |
| könnte. Hier war das mit dem Onlineformat gut zu machen. | |
| Die praktische Prüfung zu den Untersuchungskursen findet im Herbst statt. | |
| Da wird verlangt, dass wir alles können. Ich fühle mich sehr schlecht | |
| vorbereitet, weil wir die praktischen Inhalte ja schlicht nicht hatten, die | |
| dort dann verlangt werden. Das sollen wir uns jetzt irgendwie selbst | |
| beibringen. | |
| Ich treffe mich dafür mit einer Freundin, die schon weiter im Studium ist. | |
| Wir haben uns gegenseitig abgehört, Organe ertastet und die Schilddrüse | |
| überprüft. Ich versuche das praktisch umzusetzen, was im Lehrbuch steht. | |
| Aber das ist nicht dasselbe, als wenn eine Ärztin neben mir steht und Tipps | |
| gibt. Es bleibt eine Unsicherheit: Habe ich jetzt wirklich die Leber | |
| getastet? | |
| In den Semesterferien gab es einen freiwilligen Nachholtermin in Präsenz, | |
| um zu lernen, wie ein Zugang gelegt wird. Das fand ich richtig gut. | |
| Die Uni will, dass wir keine Nachteile durch Corona haben und wir länger | |
| studieren müssen. Deswegen gibt es für alle praktischen Kurse einen | |
| Online-Ersatz. Oft ist aber der Inhalt anders. Jetzt habe ich einen Kurs in | |
| klinischer Chemie. Eigentlich würde ich im Labor stehen und Blutzuckerwerte | |
| bestimmen. Stattdessen schauen wir uns Videos zu Diabetes an und | |
| beantworten Fragen. | |
| Auf die Untersuchungskurse habe ich mich eigentlich sehr gefreut. | |
| Medizinstudierende lernen vier Semester die Theorie. Dann folgen praktische | |
| Semester. Ich wollte mein Wissen endlich anwenden. Das ist frustrierend und | |
| dämpft die Freude am Studium. Online zu studieren ist für alle schwer, aber | |
| als Medizinstudentin habe ich das Gefühl, wichtige praktische Dinge zu | |
| versäumen. | |
| Dass die Vorlesungen online sind, finde ich dagegen gut. Wenn ich sie in | |
| meinem Tempo anhören kann, lerne ich mehr. Normalerweise habe ich auch | |
| Stundenpläne, die jede Woche wechseln. Da jetzt vieles asynchron angeboten | |
| wird, ist es mir auch möglich, einen Italienischsprachkurs zu belegen, den | |
| ich für mein geplantes Auslandssemester in Neapel brauche. | |
| Ich bin froh, dass ich schon ein paar Semester ohne Corona studiert habe, | |
| dadurch habe ich eine Lerngruppe und kann die Kurse mit Freunden besuchen. | |
| So können wir uns austauschen und die schwierige Zeit gemeinsam meistern. | |
| Für das laufende Semester wünsche ich mir, dass ich Praxis auf- und | |
| nachholen kann. Ich habe einen chirurgischen Untersuchungskurs. Er ist in | |
| Präsenz geplant. Ich hoffe, das bleibt so. Da sich Medizinstudierende, wenn | |
| sie Praktika im Krankenhaus machen, impfen lassen können, ist hoffentlich | |
| bald auch wieder im Studium mehr Praxis möglich, einfach weil wir geimpft | |
| sind.“ | |
| ## Leon Afen (21) studiert seit Herbst 2020 Berufspädagogik | |
| „Während der Coronapandemie mit dem Studium anzufangen ist scheiße! Ich | |
| habe meine Stuttgarter Uni erst dreimal von innen gesehen: bei der | |
| Einführungsveranstaltung und zwei Prüfungen. Sonst sitze ich nur vor dem | |
| Bildschirm. | |
| Letztes Jahr im Frühjahr habe ich zunächst angefangen Medieninformatik in | |
| Ulm zu studieren. Corona war da ja recht neu. Der Semesterstart war | |
| verkorkst. Alles war online – ich war da nie in der Uni. Das war für mich | |
| als Ersti echt ungünstig, ich war komplett überfordert, mich | |
| zurechtzufinden. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden konnte. Es gab | |
| eine Internetseite mit Fragen und Antworten, da musste ich mich durch | |
| tausend Links klicken, bis ich gefunden habe, wie ich Literatur beschaffe | |
| oder wie die Formalia für Hausarbeiten aussehen. Ich habe mich allein | |
| gelassen gefühlt. | |
| Medieninformatik habe ich dann abgebrochen. Wenn Corona nicht gewesen wäre, | |
| würde ich es vielleicht immer noch studieren. Das Studium hat so keinen | |
| Spaß gemacht. Ich kannte meine Kommilitonen nicht, konnte mich mit | |
| niemandem austauschen und hatte keine Lerngruppe. Natürlich hätte ich | |
| während einer Onlinevorlesung meine Handynummer in den Chat mit über 80 | |
| Leuten schreiben können, aber das wollte ich auch nicht. Gerade im Modul | |
| Mathematik für Ingenieure hat mir eine Arbeitsgruppe gefehlt, um die | |
| anspruchsvollen Übungsblätter zu rechnen. | |
| In Ulm hatte ich das ganze Semester lang ein Zimmer gemietet, aber habe da | |
| nur zwei Nächte geschlafen – das war rausgeschmissenes Geld. Das Zimmer | |
| stand dann komplett leer. Da ich niemand kannte, die Bibliothek geschlossen | |
| war und ich alle Veranstaltungen online besuchte, ergab es keinen Sinn, in | |
| Ulm zu wohnen. Ich bin dann bei meiner Mama geblieben. | |
| Da wohne ich auch jetzt noch. Seit Herbst 2020 studiere ich Berufspädagogik | |
| in Stuttgart. Erst wollte ich zwar nach Stuttgart ziehen, aber wohne jetzt | |
| erst einmal noch weiter daheim. Ich kann eh nichts unternehmen, dann ist | |
| das auch nicht so schlimm. | |
| Zum Glück lief in Stuttgart vieles besser. Die Regeln waren so, dass die | |
| Einführungsveranstaltung vor Ort stattfinden durfte. Im Anschluss war ich | |
| mit zwei Jungs aus meinem Studiengang beim Mexikaner Burritos essen. Wir | |
| haben uns gut connectet und angefreundet. Wir drei lernen oft online | |
| zusammen und treffen uns auch online zum Zocken. Im Studiengang haben wir | |
| auch eine Whatsapp-Gruppe zum Austauschen und treffen uns online zum | |
| Spielen und Reden. Dadurch kenne ich die Leute zumindest ein bisschen. | |
| Ich glaube, ich hatte eigentlich ein realistisches Bild vom Studium: | |
| Vorlesungen hören und vor- und nachbereiten. Das ist online ähnlich. Aber | |
| die einzelnen Veranstaltungen verschwimmen. Es ist egal, ob ich ein | |
| Tutorium, eine Lerngruppe oder eine Vorlesung habe. Ich sitze nicht einmal | |
| im Seminarraum, einmal in der Lernecke in der Bibliothek und einmal im | |
| Hörsaal, sondern immer in meinem Zimmer vor dem Bildschirm. Der Austausch | |
| fehlt. Es ist monoton. Langweilig. Das Internet und die Server der Uni | |
| knicken auch mal ein. Der Studiengang gefällt mir jetzt aber. | |
| Das dickste Minus von allen ist, dass die Partys flöten gehen. Wenn am | |
| Wochenende was Nices geplant ist, dann motiviert mich das, auch unter der | |
| Woche nochmal reinzuhauen mit Lernen, sodass das Wochenende frei ist. Die | |
| Motivation fällt weg, es ist schon schwierig, mich immer zu motivieren. | |
| Weil die Vorlesungen aufgezeichnet sind, kann ich sie mir anschauen, wann | |
| ich will. Das verleitet dazu, sie vor mir herzuschieben. | |
| Präsenzveranstaltungen ergeben mehr Struktur. | |
| Ich fand es trotzdem die richtige Entscheidung, das Studium begonnen zu | |
| haben. Natürlich ist es ärgerlich, dass mein Studienstart so verläuft, aber | |
| es gibt ja keine wirkliche Alternative. Es betrifft ja jeden, und ich | |
| versuche das Beste daraus zu machen. | |
| Ich wünsche mir, dass die Politik uns Studierende ernst nimmt. Natürlich | |
| gibt es Leute, denen es noch schlechter geht, aber die Politik muss uns ja | |
| nicht ganz vergessen.“ | |
| Transparenzhinweis: Leon Afen ist mit unserer Autorin verwandt. | |
| ## Rahel Pfeffinger (22) studiert im 6. Semester in Tübingen | |
| „Als es letztes Jahr im Frühjahr alles mit Online angefangen hat, war ich | |
| motiviert und habe das gut weggesteckt. Es wird auch für mich immer | |
| schwieriger durch die allgemeine Situation. Psychisch ist es jetzt härter. | |
| Soziale Kontakte und ein Ausgleich fehlen mir. Gefühlt muss ich bei der | |
| Online-Uni mehr leisten. Am schlimmsten ist: Es ist kein Ende in Sicht. Das | |
| macht es schwer durchzuhalten, so ohne Perspektive. Mir wären ein paar | |
| Wochen harter Lockdown lieber als immer so ein Hin und Her. | |
| In Rhetorik ist es schade um die Praxisseminare, die sind online einfach | |
| nicht dasselbe. Ich habe eines zu „Kreativem Schreiben“ belegt. Hier haben | |
| wir selbst Szenen überlegt und eine Geschichte geschrieben. Zum Glück | |
| kannte ich eine Person im Seminar, sonst hätte ich mich nicht wohl gefühlt, | |
| weil alles viel anonymer ist. | |
| Ein Seminar zu Moderner Rhetorik fand im Wechsel synchron und asynchron | |
| statt. Da habe ich am meisten mitgenommen und gemerkt: Auch eine Online-Uni | |
| kann Spaß machen. Auf das Seminar habe ich mich immer gefreut. Wir hatten | |
| spannende Diskussionen. Die fehlen sonst oft, weil die Leute ihre Kamera | |
| ausgeschaltet haben, alles still ist und Diskutieren vor dem Bildschirm | |
| ohnehin schwerer ist. In Philosophie ist bei mir alles asynchron. Das fällt | |
| mir echt schwer – mir fehlt die Selbstdisziplin. | |
| Wie viele Studierende habe ich vor Corona in der Gastronomie gearbeitet – | |
| zweimal die Woche in einem Restaurant. Das hat super viel Spaß gemacht. Ich | |
| hatte nette Kolleg*innen und bin gerne zur Arbeit gegangen. Auf einen | |
| Nebenjob und das Geld bin ich echt angewiesen. | |
| Als die Gastronomie zumachen musste, stand ich ohne Job da. Mein Chef | |
| wusste auch nicht, wie es weitergeht. Das war eine große Unsicherheit für | |
| mich. Ich war hilflos. Auch weil ich gerade erst in eine neue WG gezogen | |
| war und mehr Miete zahlen musste. Da war ich gar nicht darauf gefasst, | |
| meinen Nebenjob zu verlieren … Richtig hart. | |
| Meine Eltern haben mich dann zum Glück finanziell stärker unterstützt. Das | |
| will ich eigentlich nicht, weil es für sie schwierig ist, mir dauerhaft | |
| mehr Geld zu geben, denn ich habe noch Geschwister. Anders wäre es aber | |
| nicht gegangen. Sonst hätte ich wieder nach Hause ziehen müssen. Als es | |
| über den letzten Sommer Lockerungen gab, habe ich dann richtig viel in dem | |
| Restaurant gearbeitet und auch noch im Biergarten. Ich habe lange Schichten | |
| gemacht, weil ich vermutete, dass im Winter wieder alles geschlossen wird. | |
| So war es dann auch. Die Hoffnung mit der Gastronomie habe ich erst mal | |
| aufgegeben. | |
| Seit Januar arbeite ich nun als Werkstudentin bei einem Discounter und | |
| kommissioniere Obst und Gemüse. Bin echt froh über den Job, auch wenn er | |
| keinen Spaß macht, aber ich brauche das Geld. Ich hätte nicht mehr lange | |
| ohne Job weitermachen können. Immerhin habe ich – anders als in der | |
| Gastronomie – feste Arbeitszeiten und verdiene mehr. Weil ich abends und | |
| nachts arbeite, bekomme ich auch Zuschläge. Bei dem Discounter hatte ich | |
| schon mal nach dem Abi gearbeitet. Damals habe ich mir geschworen: Das war | |
| eine gute Erfahrung, aber das will ich nie wieder machen! Mir ist Spaß bei | |
| der Arbeit wichtiger als Geld. Jetzt bin ich doch wieder da gelandet. Das | |
| fühlt sich so an, als ob ich mich selbst verraten hätte. | |
| Ich hätte versuchen können Coronahilfen zu beantragen. Aber ich habe ein | |
| bisschen Erspartes für später auf dem Konto, und so hätte ich, wenn | |
| überhaupt, nur sehr wenig bekommen. Von einer Freundin wusste ich auch, wie | |
| langwierig und kompliziert Bafög-Anträge sind, dass ich es erst gar nicht | |
| erst versucht habe. | |
| Über meine Dreier-WG, in der ich jetzt seit über einem Jahr lebe, bin ich | |
| richtig froh. Davor habe ich mit sehr vielen Leuten im Wohnheim gewohnt. Da | |
| hatten wir gleich zu Beginn der Pandemie einen Coronafall. Jetzt zu dritt | |
| fühle ich mich richtig wohl.“ | |
| ## Konstantin Mallach (24) machte den Master in London | |
| „Als ich mich im Frühjahr 2020 für den einjährigen Master in London | |
| beworben habe, dachte ich: Bei Studienstart im September sind wir in einer | |
| Spätphase von Corona und ich kann meinen Master normal machen … | |
| Zum Studienstart war die Kommunikation der Uni desaströs. Uns wurde | |
| versprochen, dass die Veranstaltungen sowohl auf dem Campus stattfinden als | |
| auch online. Die Uni hat bewusst bis zur ersten Semesterwoche gewartet, um | |
| zu verkünden, dass doch alles online ist. Da hatten wir die Studiengebühren | |
| bezahlt. Das war dreist. Auch die Bibliothek war bis vor Kurzem fast immer | |
| geschlossen. Eine Initiative fordert nun, dass die Gebühren nachträglich | |
| heruntergesetzt werden. | |
| Das Zimmer im Wohnheim musste ich für den kompletten Master buchen. Aus dem | |
| Vertrag kam ich nicht heraus. Die einzige Kulanz war, dass ich einen Monat | |
| später einziehen konnte und den nicht bezahlen musste. Das WG-Feeling fehlt | |
| dort: in England kann es sich keiner leisten, die WGs gemütlich | |
| einzurichten, da die Lebenskosten so hoch sind. Auch gehen Putzkräfte ein | |
| und aus. Ich habe einen sehr ruhigen und eine sehr laute Mitbewohnerin. Da | |
| sich gerade alles in der WG abspielt, ist das manchmal schwierig. Ich bin | |
| nicht unglücklich, aber im Lockdown war ich neidisch auf Leute, die mit | |
| ihren best friends zusammenwohnten. | |
| Im Oktober konnte ich vor dem harten Lockdown Kommiliton*innen im Pub | |
| treffen. Dann war ich größtenteils auf meine WG beschränkt. Das Risiko war | |
| wegen der hohen Inzidenz in London hoch. Leute aus meinem Studiengang habe | |
| ich über Gruppenprojekte kennengelernt und sie dann ins Blaue hinein auf | |
| Whatsapp angeschrieben, ob sie Lust auf einen Spaziergang haben. | |
| Im Innern der Uni war ich nur zweimal zu einem Seminar. Online zu studieren | |
| ist echt eine Herausforderung. Rauszugehen muss ein Tagesordnungspunkt | |
| sein. In interaktiven Seminaren sind die Dynamiken online ganz anders. Ich | |
| habe das Gefühl, Geschlechterdynamiken reproduzieren sich. Männer | |
| dominieren die Diskussionen. | |
| Mitte Dezember bin ich dann wieder nach Deutschland gekommen. Ich wollte | |
| aus dem harten Lockdown heraus. Ich hatte genug davon, in einer | |
| riesengroßen anonymen Stadt zu leben. Das war echt heftig. Ich konnte mich | |
| nie einleben. | |
| Nach Weihnachten gäbe es Präsenzveranstaltungen, hieß es vonseiten der Uni. | |
| Aber die britische Mutation hat das Blatt wieder gewendet. Und alles blieb | |
| geschlossen und online. | |
| Im Februar bin ich wieder nach London gegangen. Seit Mitte April haben die | |
| ersten Einzelhandelsläden und Pubs im Freien wieder geöffnet. Die | |
| Bibliothek hat geöffnet und wir treffen uns dort zum Arbeiten. | |
| Auch wenn der Herbst in London hart war – jetzt habe ich Glück mit den | |
| Inzidenzen hier. Ich glaube, die letzten Wochen werden richtig schön. | |
| Jetzt, wo alles aufgemacht hat, ist es wie eine andere Welt. Wenn ich | |
| jetzt hinausgehe, gefährde ich mich selbst, nicht mehr die Oma, die mir | |
| entgegenkommt, da alle Risikogruppen geimpft sind. Das Grundgefühl ist | |
| jetzt ein anderes. Uns werden auch Schnelltests zur Verfügung gestellt. | |
| Ich habe akzeptiert, dass mein Master anders verlief. Das Studium hat mir | |
| trotzdem viel Spaß gemacht. Vieles war hart und anders als geplant, aber | |
| ich war fertig mit dem Bachelor und wollte dann den Master machen. Da hätte | |
| es nicht so den Unterschied gemacht, ob ich London oder woanders studiert | |
| hätte. | |
| Es ist spannend, in eine britische Institution hineinzuschauen, auch wenn | |
| es jetzt ein distanzierterer Blick ist. Das Studium ist anders organisiert: | |
| Ich habe kaum Hausarbeiten in den Semesterferien geschrieben wie in | |
| Deutschland, sondern es gab Prüfungen während des Semesters. Das ist ein | |
| krasser Workload: Ich hatte keine Freizeit außer zweimal die Woche | |
| Fußballspielen. Hier konnte ich auch Leute kennenlernen. | |
| Im Juni gehe ich zurück nach Deutschland und schreibe meine Masterarbeit. | |
| Ich habe keine Hoffnung, die Uni nochmal von innen zu sehen.“ | |
| 18 May 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Mareike Andert | |
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