| # taz.de -- Comedian Hazel Brugger über Politiker: „Ich will nie der Depp se… | |
| > Als Reporterin für die „Heute-Show“ wurde Hazel Brugger in Deutschland | |
| > bekannt. Ein Gespräch über gut vorbereitete Schlagfertigkeit und lustige | |
| > Abgeordnete. | |
| Bild: „Wenn es ein Mädchen und einen Jungen als Klassenclowns gibt, lässt m… | |
| taz am wochenende: Frau Brugger, kann man Schlagfertigkeit trainieren? | |
| Hazel Brugger: Ich glaube, schon. Wichtig ist, dass man keine Angst davor | |
| hat, dass es etwas Blödes sein könnte, was man sagt. Schlagfertigkeit ist | |
| ja nicht unbedingt etwas Gutes. Es heißt einfach, dass man sehr schnell | |
| irgendwas sagt, was einigermaßen passt – und das ist sehr selten die beste | |
| Antwort. Deswegen hilft es, sich davon zu befreien, dass man einen Anspruch | |
| an sich hat, der perfektionistisch ist. | |
| [1][Als sogenannte Außenreporterin der „Heute-Show“] kriegen Sie das auch | |
| vor laufender Kamera hin. Sie trainieren also schon, oder? | |
| Ich mache das einfach. Der Trick ist ja bei mir gewesen, dass ich das gar | |
| nicht verstanden habe, dass es vielleicht nicht okay ist, so frech zu sein. | |
| Mittlerweile würde ich ganz anders agieren, viel mehr überlegen: „Was soll | |
| denn am Ende dabei rauskommen?“ Aber oft geht es gar nicht darum, was am | |
| Ende rauskommt, sondern dass dieser Moment möglichst krass ist. | |
| Das ist Ihnen in den vergangenen Jahren ziemlich oft gelungen. Wie bereiten | |
| Sie sich auf Parteitagsbesuche oder ähnliche Jobs vor? | |
| Ich frage mich: „Was sind die 20 Themen, über die auf jeden Fall gesprochen | |
| wird?“ Auf die bereite ich mich dann ganz speziell vor. Ich will nie der | |
| Depp sein, der nicht weiß, um was es geht. | |
| Ihre Fragen gehen dann ja gern in eine ganz andere Richtung. | |
| Das ist das Schöne: Zuerst geht es nur um das Thema und dann um was ganz | |
| anderes – was aber trotzdem seine Berechtigung hat. | |
| Zum Beispiel die Frage, [2][warum Friedrich Merz nur eine Brustwarze hat …] | |
| … und wo die andere Brustwarze geblieben ist. Je nachdem ist der Nippel | |
| halb voll oder halb leer. | |
| Wie viele Leute auf einem Parteitag müssen Sie anquatschen, bis so ein | |
| richtiger Dödel dabei ist? | |
| Gar nicht so viele. Für 4 gute Szenen brauche ich etwa 20 Interviews. | |
| Und wie schaffen Sie es, denen nicht ins Gesicht zu lachen? | |
| Das ist in dem Moment mein Job. Ich darf da nicht lachen. Ich höre denen | |
| auch zu. Manchmal lachen sie auch selber, aber damit machen sie es dann | |
| kaputt. | |
| Warum kommen die Politiker überhaupt zu Ihnen? | |
| Weil das extrem viel Werbung ist für die. Es gibt ja nichts | |
| Sympathischeres, als wenn man sich seiner Schwächen bewusst ist und auch | |
| darüber lacht. | |
| Weiß so einer wie Wolfgang Kubicki wirklich, was er da macht? | |
| Bei dem weiß ich’s auch nicht. | |
| Klar, Jens Spahn kommt zwecks Image-Korrektur. Aber hat manch anderer nicht | |
| Angst, dass er sehr viel unlustiger sein wird als Sie? | |
| Der Einzige, der witziger war als ich, war Karl Lauterbach von der SPD. Den | |
| fand ich megalustig. Mit dem hätte ich gern eine Stunde länger geredet. Da | |
| musste ich mir echt Mühe geben, dass ich nicht lache. Dorothee Bär hätte | |
| es dagegen gutgetan, ein bisschen mehr Gelassenheit reinzubringen. | |
| Wie stark greifen die ZDF-Menschen redaktionell und konzeptionell in Ihre | |
| Ideen ein? | |
| Mein Format „[3][Do it yourself]“ ist ja online exklusiv für die Sommer- | |
| und Winterpause der „Heute-Show“, da haben wir nicht diesen zeitlichen | |
| Rahmen wie in der Show. Das finde ich super. Die Drehs variieren auch | |
| zwischen 6 und 14 Minuten. Ich kann schon viel sagen, aber wo wir | |
| inhaltlich hingehen und wer kommt, das ist vorgegeben. | |
| Heißt, Jens Spahn hätten Sie sich gar nicht ausgesucht? | |
| Ich hätte mir die Merkel ausgesucht, aber die wollte nicht kommen. Ich bin | |
| eigentlich mit allen zufrieden. Und wenn ich sage „Nee, der geht gar | |
| nicht“, wird das auch nicht gemacht. | |
| AfDler waren nicht dabei. | |
| Nein, wollte ich auch nicht. Das ist schwierig, dass die nicht zu positiv | |
| rüberkommen – und positiv soll es ja generell sein. Aber ich glaube, ich | |
| würde schon mal mit einem AfDler was basteln, je nachdem, was. In | |
| Kommentaren wird mir empfohlen: „Haschkekse mit Höcke“. Aber ich würde die | |
| dann lieber mit ihm nehmen als machen. | |
| Das wäre sicher der Renner im Netz. „DIY“ gibt’s erst wieder im Sommer �… | |
| weil Sie im Winter keine Zeit haben. So wie Sie generell keine Zeit haben, | |
| [4][wenn man Ihren Tourplan anschaut.] | |
| Den schaue ich auch nicht an. Ich schaue immer nur so eine Woche, wie beim | |
| Skifahren: Du darfst nie den ganzen Berg runterschauen. Im Sommer hatte ich | |
| ein bisschen frei und jetzt an Weihnachten auch zwei Wochen. Das passt | |
| schon. Andere gehen ins Büro. | |
| Das geht ja schon länger so. Nach einem Auftritt im Schweizer Fernsehen | |
| hatten Sie wenig später 300 Gigs pro Jahr. | |
| Vor ein paar Jahren habe ich noch so perverse Sachen gemacht wie 17 | |
| Auftritte am Stück, heute mache ich nur noch 5. München ist ja okay, da | |
| kann man ja rumlaufen und mal was essen, aber wenn man so richtig in der | |
| Walachei ist und da den Tag totschlagen muss, da fragt man sich schon: „Was | |
| mach ich hier eigentlich?“ | |
| Waren Sie schon immer ein Bühnentyp, früher der Klassenclown? | |
| Ich will gar nicht auf die Geschlechterschiene kommen, aber beim Thema | |
| Klassenclown ist es wirklich so, dass das nichts für Mädchen ist. Wenn es | |
| ein Mädchen und einen Jungen als Klassenclowns gibt, dann lässt man dem | |
| Jungen den Vorrang. Ich war immer so der Co-Host. Aber ich war | |
| Schülersprecherin, habe mit 15 ein Austauschjahr in Australien gemacht, war | |
| dort im Theaterkurs, aber nie so vorne dabei. Dort habe ich auch Englisch | |
| gelernt, spreche deswegen jetzt ein sehr verwirrendes Englisch. Den | |
| australischen Akzent kriege ich einfach nicht weg. | |
| Am 1. Februar hat Ihr neues Solo-Programm „Tropical“ Premiere in Luzern. | |
| Wie wird das so? | |
| Sehr fruchtig, wie der Name sagt. Es wird mehr um mich gehen – was blöd | |
| ist zu sagen, weil es immer um mich geht, wenn ich allein auf der Bühne | |
| bin. Im letzten Programm, das nun am 7. Dezember in Regensburg endet, ging | |
| es mehr um die Welt und die Strukturen. Ich möchte nun mehr persönliche | |
| Sachen erzählen. | |
| Wie kommt ’s? | |
| Ich will das schon immer machen, aber ich glaube, wenn man sich mit 20 zum | |
| allerersten Mal ohne Textblatt hinstellt, ist das ein bisschen zu viel | |
| verlangt. Ich will mich jetzt mehr öffnen. Wenn ich heute 17-Jährige | |
| kennenlerne – ich habe ja mit 17 angefangen –, denke ich mir: „Wieso habe | |
| ich das gemacht in dem Alter?“ Ich würde das niemandem raten – einerseits. | |
| Auf der anderen Seite ist es sehr gut, weil man so jung ist, dass man nicht | |
| überlegt. Man denkt gar nicht, wie schlimm das sein könnte. | |
| „Schweizerin des Jahres“ sind Sie vor ein paar Jahren geworden – was ist | |
| das denn für eine Auszeichnung? | |
| Die wird von einer Zeitschrift vergeben. Da war ich ein Jahr lang ein | |
| richtiger Star in der Schweiz. Das ändert sich aber gerade. Seit ich mehr | |
| in Deutschland auftrete, erkennen mich die Schweizer nicht mehr wirklich, | |
| dafür werde ich in Deutschland auf der Straße angesprochen. | |
| Oft? | |
| Drei Mal am Tag oder so, meistens nette Leute. Es ist mir noch nie | |
| passiert, dass jemand gesagt hat: „Ich find voll scheiße, was du machst.“ | |
| Ganz im Gegenteil, Sie haben vielmehr alle relevanten Kabarettpreise | |
| gewonnen. Deutscher Kleinkunstpreis, Swiss Comedy Award, Deutscher | |
| Comedypreis. | |
| Bei den kleinen habe ich auch nicht mitgemacht – weil man sich sonst kaputt | |
| spielt. Das klingt jetzt sehr arrogant, aber ich schaue ja immer diese | |
| amerikanischen Preisverleihungen, und solange ich nicht neben Conan O’Brian | |
| und Will Ferrell auf der Bühne stehe, finde ich all die Preise gar nicht so | |
| krass wie alle anderen. Ich habe gerade die Verleihung des | |
| Mark-Twain-Preises an Julia Louis-Dreyfus gesehen – megageil! Den Preis | |
| würde ich gern mal gewinnen. Aber die Chance ist quasi null. | |
| Mit Ihrem Aussie-Akzent … Wie geht das nun weiter mit Ihnen? | |
| Jetzt kommt erst mal das neue Programm, und dann würde ich das „DIY“ gern | |
| noch ein bisschen ausspecken, gerne auch mal mit Fußballern. | |
| Au ja! So einer wie Jérôme Boateng würde Ihnen bestimmt gefallen. | |
| Glaube ich. Der ist mega. | |
| Der redet so, dass man ihm eigentlich tröstend über den Kopf streicheln | |
| will. | |
| Das würde ich dann machen. | |
| 30 Dec 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5495972/ | |
| [2] https://www.facebook.com/hazelbrugger/videos/wusstet-ihr-dass-friedrich-mer… | |
| [3] https://www.youtube.com/playlist?list=PL1WD5cS057uxYvQ_Wi4stkFsDgXKPh4KV | |
| [4] http://hazelbrugger.ch/#appointments | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Becker | |
| ## TAGS | |
| Hazel Brugger | |
| ZDF | |
| heute show | |
| Jens Spahn | |
| Friedrich Merz | |
| Dorothee Bär | |
| Karl Lauterbach | |
| Comedy | |
| Poetry Slam | |
| Lesestück Interview | |
| Bremen | |
| heute show | |
| Netflix | |
| Lesestück Interview | |
| Grimme-Preis | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Youtube-Serie „Hazel & Thomas“: Die Kneipe als bedrohter Kulturraum | |
| Die Komikerin Hazel Brugger und ihr Sidekick Thomas Spitzer widmen sich in | |
| ihrer Youtube-Serie „Hazel & Thomas“ zwei legendären Bremer Kneipen. | |
| Nach Angriff auf Team der ZDF-„heute-show“: Polizei nimmt sechs Personen fe… | |
| 20 Vermummte hatten am Freitag in Berlin ein Drehteam um den Comedian | |
| Abdelkarim attackiert. Die Polizei meldet nun einen Ermittlungserfolg. | |
| Comedy-Star Hannah Gadsby: Die Prügel zum Schluss | |
| Die australische Comedian Hannah Gadsby rechnet in ihrer Show mit der | |
| Comedy-Branche ab. Dafür wird sie gefeiert. | |
| Gespräch mit einer Kabarettistin: „Humor unterscheidet uns vom Tier“ | |
| Sie macht seit fast 40 Jahren Witze, erst bei den „Missfits“, jetzt mit der | |
| „Ladies Night“. Gerburg Jahnke über Gags, Tabus, Feminismus und das | |
| Ruhrgebiet. | |
| Grimme-Preis für Maren Kroymann: Frau, 68, lesbisch – geht doch! | |
| Bei ihr werde „Haltung zu Unterhaltung“, erklärte die Jury: Maren Kroymann | |
| wurde mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. |