| # taz.de -- Chefredakteurin über Straßenmagazin: „Es geht auch um den Austa… | |
| > Das Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ wird wieder gedruckt und | |
| > verkauft. Die Chefredakteurin erläutert, was das für die Verkäufer*innen | |
| > bedeutet. | |
| Bild: Ein Straßenverkäufer steht am U-Bahnhof in Hamburg-Winterhude | |
| taz: Frau Müller, nach zwei Monaten Pause wird seit Mittwoch das | |
| [1][Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“] wieder als gedruckte Ausgabe | |
| verkauft. Wir sprechen Mittwochmittag miteinander, wie läuft es bisher? | |
| Birgit Müller: Wir sind begeistert und haben uns gefreut, die Verkäufer | |
| wiederzusehen. Seit 10 Uhr werden bei uns die Magazine ausgegeben. Die | |
| Verkäufer hatten Zeitkarten erhalten, damit sie wissen, wann sie kommen und | |
| ihren Satz Magazine abholen können, damit es nicht zu einem Andrang kommt. | |
| Alle Verkäufer haben sich genau an die Regeln gehalten, was mich | |
| außerordentlich freut. Normalerweise machen wir am Ausgabetag eine große | |
| Versammlung mit Essen für alle Verkäufer, das musste natürlich leider | |
| ausfallen. Immerhin haben wir auch Lunchtüten und Obst rausgegeben. Das ist | |
| natürlich nicht dasselbe, aber wir haben die Zeit beim Anstehen genutzt, um | |
| uns zu unterhalten. | |
| Haben Sie schon Feedback bekommen, wie es bisher läuft mit dem Verkauf? | |
| Bisher haben wir noch keinen Rücklauf, dafür ist es zu früh. Unsere ganz | |
| große Hoffnung ist, dass die Hinz&Künztler ihre angestammten Plätze wieder | |
| einnehmen können, beziehungsweise dass die Supermärkte und Geschäfte ihnen | |
| dabei helfen, einen neuen Platz zu finden, wo sie das Magazin anbieten | |
| können. | |
| Wie schützen sich denn die Verkäufer*innen vor Infektion? | |
| Wir geben Masken aus und Visiere, die gespendet wurden, wir haben | |
| Desinfektionsmittel und achten auf die Abstandsregeln. Das gilt auch für | |
| uns selbst: Unser Team ist zweigeteilt, es gibt Team rot und Team grün, | |
| jedes ist für sich einsatzfähig, aber die Teams dürfen sich nicht begegnen. | |
| Das ist für den Fall, dass es einen Infektionsverdacht gibt und alle | |
| Kontakte dieser Person in Quarantäne müssen. Dann könnte das andere Team | |
| immer noch weitermachen. | |
| Die gedruckte Ausgabe von „Hinz&Kunzt“ ist zweimal ausgefallen. Wie haben | |
| die Verkäufer*innen die letzten Wochen erlebt? Wie hat sich das Fehlen der | |
| Druckzeitung für sie ausgewirkt? | |
| Wir waren alle verzweifelt, als wir beschlossen haben, das Magazin nicht zu | |
| drucken. Es geht ja einerseits darum, ein bisschen Geld dazuzuverdienen, | |
| aber es geht auch um Austausch. Viele der Verkäufer haben nicht so viele | |
| Menschen, mit denen sie sich austauschen können, oft sind das vor allem die | |
| Kunden. Was wirklich wunderbar ist: Wir haben um Spenden gebeten, damit wir | |
| jedem Verkäufer 100 Euro Soforthilfe auszahlen können, dafür hätten wir | |
| 53000 Euro benötigt. Aber durch [2][die großartige Hilfe der Hamburger] | |
| sind sogar 390000 Euro zusammengekommen, sodass wir vier Mal Geld | |
| ausbezahlt haben und heute ein Starterset für jeden bereit hatten – mit 20 | |
| geschenkten Magazinen, Maske und Visier und Desinfektionsmittel. | |
| In der Coronazeit erlebt ja das Digitale einen zusätzlichen Aufschwung. | |
| Gibt es eine Zukunft für das Prinzip Straßenzeitung auch online? | |
| Natürlich senden wir ohnehin über digitale Kanäle wie Social Media, allein | |
| schon um junge Leser zu gewinnen. Aber ehrlich gesagt gibt es noch keine | |
| gangbare Lösung für eine voll digitale Straßenzeitung. Denn Magazin und | |
| Verkäufer sind unzertrennlich. Jede Lösung, ob digital oder sonstwie, muss | |
| über den Verkäufer laufen, und über den persönlichen Kontakt. Solange es | |
| eine solche Lösung nicht gibt, gibt es keine Alternative zum gedruckten | |
| Magazin. | |
| 27 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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