# taz.de -- CDU-Parteitag in Hannover: Der Quoten-Merz | |
> Ausgerechnet der CDU-Chef setzt eine parteiinterne Frauenquote durch. | |
> Friedrich Merz baut auf die deutschen Wählerinnen. | |
Bild: Während Merz für eine Frauenquote stimmte, sprachen sich junge Frauen i… | |
Vor gar nicht langer Zeit wäre das undenkbar gewesen: Friedrich Merz hat | |
auf dem [1][CDU-Parteitag] eindringlich für die Einführung einer | |
parteiinternen Frauenquote plädiert. Als letzter Redner griff der CDU-Chef | |
selbst in die Debatte ein – und setzte die Quote am Ende durch. Vorher war | |
an der Stimmung im Saal nicht eindeutig abzulesen, wie es ausgehen würde. | |
Am Ende votierten 559 Delegierte für die Quote, 501 waren notwendig. 409 | |
stimmten dagegen. | |
Ein revolutionäres Ereignis ist das wahrlich nicht – die Quote wird | |
gestaffelt eingeführt, ist mit Ausnahmen versehen und auf fünf Jahre | |
begrenzt. Immerhin: Nach langem, zähen Ringen hat sich die die CDU eine | |
kleine Modernisierung gegönnt. Ausgerechnet unter Merz könnte man sagen, | |
den die Befürworterinnen der Quote lange verhindern wollten und den seine | |
Unterstützer:innen gerade auch als Bollwerk gegen das wählten, was sie | |
als vermeintlich links-grüne Identitätspolitik aus schärfste bekämpfen. | |
Das Gegenteil stimmt wohl eher: Nur einer wie Merz konnte die | |
[2][Gegner:innen der Quote] so im Zaum halten, dass sie durchsetzbar | |
war. Entscheidend für ihn dürfte, wie so oft in der CDU, die Machtfrage | |
gewesen sein. Der Parteichef hat erkannt, dass die CDU die Wählerinnen | |
braucht, um zurück an die Regierung zu kommen. Frauen wählen nun einmal | |
lieber Parteien, in denen sie sich auch repräsentiert sehen. | |
Der [3][Frauenanteil unter den Mitgliedern] aber ist mit 26 Prozent | |
beschämend gering, die CDU hat keine Ministerpräsidentin und keine | |
Landeschefin, in der Unionsfraktion im Bundestag sind gerade 23 der | |
Abgeordneten weiblich, auch in den Landtagen sieht es schlecht aus. Lange | |
hat Angela Merkel, die erste Kanzlerin der Republik, das kaschiert. Aber | |
das ist vorbei. | |
## Vor allem junge Frauen stimmten gegen die Quote | |
Bei der [4][Debatte am Abend] erwachte die Partei zum Leben. Es wurde gut | |
anderthalb Stunden engagiert diskutiert, was bei der CDU, die gewöhnlich | |
Entscheidungen von oben brav abnickt, eine höchst seltene Ausnahme ist. | |
Auch redeten vor allem Frauen, kein einziger Mann hat sich – am Redepult – | |
gegen die Quote ausgesprochen. Interessant dabei: Vor allem junge Frauen | |
positionierten sich contra Quote. | |
Dabei führten sie vor allem sich selbst als Argument ins Feld. „Ich“ habe | |
es doch auch geschafft und will nicht als Quotenfrauen stigmatisiert | |
werden. Strukturelle Analyse: weitgehend Fehlanzeige. Die | |
Befürworter:innen argumentierten tiefgründiger, auch war die | |
Dramaturgie der Auftritte die deutlich bessere. Nach den bekannten | |
Vorkämpferinnen für die Quote wie Parteivize Karin Prien sprachen mit | |
Hendrik Wüst und Daniel Günther zwei erfolgreiche Ministerpräsidenten. | |
Ex-Parteichefin Annegret-Kramp Karrenbauer betonte, ihre ersten | |
Karriereschritte habe sie dem Quorum zu verdanken, das unter Helmut Kohl | |
ebenfalls stark umstritten war, und auch Julia Klöckner rief in einem | |
emotionalen Beitrag: „Deshalb haben sie sich um mich bemüht.“ Zudem teilte | |
die ehemalige Landwirschaftsministerin gegen schenkelklopfende Männer aus, | |
die sich freuten, wenn Frauen gegen Frauen in Stellung gebracht werden. Den | |
Schlusspunkt setzte der Parteichef selbst. | |
Für Merz barg das ein Risiko. Hätte sich der Parteitag gegen die Quote | |
ausgesprochen, wäre das eine Niederlage für ihn gewesen – und ein | |
beachtlicher Dämpfer. Das Risiko, ihren Parteichef zu schwächen, aber | |
wollten die meisten Delegierten nach Jahren der Parteiquerelen, zwei | |
verschlissenen Vorsitzenden und einer Niederlage bei der Bundestagswahl | |
dann doch nicht eingehen. Ein Teil von ihnen wird auch deshalb | |
zähneknirschend für die Quote gestimmt haben. | |
Unter den Nein-Stimmen werden viele sein, die in der Partei mitunter | |
Merz-Ultras genannt werden, die besonders treuen Anhänger:innen aus | |
Mittelstandsunion und Junger Union etwa. Der Parteichef wird auch ihnen | |
wieder entgegenkommen müssen, will er die CDU beisammen halten. In welche | |
Richtung sich die Partei unter ihm bewegt, ist noch nicht entschieden. | |
10 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Geschlechtergerechtigkeit-in-der-CDU/!5845554 | |
[2] /Vor-dem-CDU-Parteitag/!5864354 | |
[3] /Mangelnde-Diversity-bei-CDU-und-CSU/!5801558 | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=HVjN4Md3rFE | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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