# taz.de -- Bundeswehr verlässt Bürgerkriegsland: Afghanische Helfer wollen w… | |
> Mindestens 450 der sogenannten Ortskräfte, die die Bundeswehr in | |
> Afghanistan unterstützt haben, wollen nach Deutschland ausreisen. Die | |
> Taliban drohen ihnen offen. | |
Bild: Lokale Helfer der Bundeswehr sind in Gefahr: Dürfen alle rechtzeitig nac… | |
BERLIN dpa | Vor dem [1][Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan] will ein | |
großer Teil der einheimischen Mitarbeiter Schutz in Deutschland bekommen. | |
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben inzwischen mehr als | |
450 der sogenannten Ortskräfte, die aktuell oder in den vergangenen beiden | |
Jahren in dem Land beschäftigt waren, einen entsprechenden Antrag gestellt. | |
Das sind mehr als 80 Prozent der Menschen in dieser Gruppe. Zu ihnen kommen | |
meist noch Familienangehörige. | |
Darüber hinaus gibt es etwa 300 Anträge von Afghanen, die in früherer Zeit | |
als Helfer eingestellt waren, aber innerhalb der geltenden Zweijahresfrist | |
keine Gefährdung angezeigt hatten. Unter ihnen können auch Beschäftigte von | |
Vertragsfirmen sein, die nicht unmittelbar bei der Bundeswehr angestellt | |
waren. Wie und ob auch ihre Fälle neu zu bewerten sind, ist eine | |
Entscheidung, die politisch noch nicht getroffen ist. | |
Die Bundeswehr leistet in Afghanistan Amtshilfe bei der Organisation der | |
Ausreisen. Dazu gehören auch die Erfassung der Daten sowie biometrischer | |
Merkmale. Diese werden für die Erteilung von Visa oder eines Passersatzes – | |
eines sogenannten Reiseausweises für Ausländer – benötigt. Über die | |
Aufnahme der einzelnen Männer oder Frauen als Teil des Ortskräfteprogramms | |
entscheiden in Deutschland dann aber Auswärtiges Amt und | |
Bundesinnenministerium. | |
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte im April für | |
ein schnelles Verfahren plädiert. „Wir reden hier von Menschen, die zum | |
Teil über Jahre hinweg auch unter Gefährdung ihrer eigenen Sicherheit an | |
unserer Seite gearbeitet, auch mitgekämpft haben und ihren persönlichen | |
Beitrag geleistet haben“, sagte sie. „Ich empfinde es als eine tiefe | |
Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, diese Menschen jetzt, wo wir | |
das Land endgültig verlassen, nicht schutzlos zurückzulassen.“ | |
## Experten plädieren für schnelle Evakuierung | |
Experten warnten in der vergangenen Woche, dass die Zeit ablaufe. | |
Wissenschaftler, frühere Diplomaten und Offiziere forderten in einem am | |
Freitag verbreiteten offenen Brief [2][eine unbürokratische und schnelle | |
Aufnahme Betroffener in Deutschland parallel zum Abzug.] „Die Taliban haben | |
immer wieder deutlich gemacht, dass sie diese Ortskräfte als Kollaborateure | |
des Westens begreifen, die sie als Unterstützer eines militärischen | |
Besatzungsregimes zur Verantwortung ziehen wollen“, hieß es in dem | |
Schreiben. | |
Es sei zu befürchten, dass Gefährdete schutzlos zurückgelassen werden | |
könnten, warnen die Unterzeichner. Und: „Wer die effektive Aufnahme | |
wirklich will, der kann in den verbleibenden Wochen nur eine | |
unbürokratische Prozedur für all die Ortskräfte und ihre Angehörigen | |
umsetzen, die für deutsche Stellen gearbeitet haben: öffentliche | |
Bekanntgabe des Aufnahmeprogramms, Registrierung, Vorbereitung der | |
Ausreise, die möglichst geschehen muss, solange die Bundeswehr noch im | |
Lande ist, gegebenenfalls Durchführung von Charterflügen.“ | |
Seit 2013 seien nach Zahlen des Verteidigungsministeriums knapp 800 | |
Ortskräfte plus Familienangehörige in Deutschland aufgenommen worden, heißt | |
es in dem Brief. Zwischen 2014 und 2021 seien aber gerade einmal 15 | |
zusätzliche Aufnahmen erfolgt, obwohl sich die Sicherheitslage | |
verschlechtert habe. Zu den Unterzeichnern gehören auch mehrere Politiker | |
und frühere Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr. | |
18 May 2021 | |
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