# taz.de -- Bundesparteitag der SPD: „Eine durchaus positive Stimmung“ | |
> Otto Ellerbrock ist 15, Axel Schäfer 71. Beide sind Sozis und hadern mit | |
> der Ampel. Wie sie den Kanzler sehen und was sie sich von der SPD | |
> wünschen. | |
Bild: Jüngster und ältester auf dem SPD-Parteitag in Berlin: Otto Ellerbrock … | |
taz: Herr Ellerbrock, wie haben Sie Ihren ersten Parteitag erlebt? | |
Otto Ellerbrock: Wir stellen den Bundeskanzler, aber leben in extrem | |
schwierigen Zeiten. Die Erfolge der Regierung werden überschattet von | |
zahlreichen Krisen. Aber hier herrscht eine durchaus positive Stimmung. | |
Herr Schäfer, Ihr erster Parteitag war 1977, vor fast 50 Jahren. Auch | |
damals stellte die SPD schon den Kanzler. Sehen Sie Parallelen? | |
Axel Schäfer: Ja, damals war Helmut Schmidt Kanzler und Willy Brandt | |
Parteivorsitzender. Heute haben wir mehr Krisen, aber damals war es auch | |
nicht einfach. Wir hatten damals nach Stammheim, nach Terrorismus, nach | |
Flugzeugentführungen den deutschen Herbst. Und wir waren ein geteiltes | |
Land. | |
Dafür hatte die SPD damals über 40 Prozent, jetzt steht sie in Umfragen bei | |
14 Prozent. Wie ernst ist die Lage? | |
Ellerbrock: Die Lage ist sehr ernst. Die Umfragen sind ein Signal der | |
Bürgerinnen und Bürger an die regierenden Parteien, dass sie durch die | |
ganzen Krisen verunsichert sind und dass sie Antworten erwarten. | |
Schäfer: Wir haben einen ganz großen Vorteil: Wir sind geschlossen wie | |
selten. Die Frage ist nur, ob wir auch immer so entschlossen sind, wie es | |
notwendig wäre. Problematisch sind die Streitigkeiten in der Koalition. Das | |
bleibt auch an uns hängen. | |
Wie zufrieden sind sie denn mit dem Kanzler? | |
Ellerbrock: Die Rede von Olaf hat gezeigt, dass er nicht nur mit kühlem | |
Kopf regiert, sondern auch mit heißem Herzen sprechen kann. Das hat mir gut | |
gefallen und ich habe mich abgeholt gefühlt. Ich bin mit Olaf Scholz sehr | |
zufrieden. Ich finde, dass er die Koalition gut zusammenhält und einen | |
wirklich guten Job macht. Aber ich möchte nicht in seiner Haut stecken. | |
Was macht die SPD denn falsch, dass sie jetzt bei 14 Prozent liegt? | |
Schäfer: Wir haben das schon einmal am Ende der Großen Koalition erlebt: Da | |
lagen wir auf dem gleichen Niveau, sind dann aber auf 26 Prozent | |
hochgekommen. Aber natürlich muss man sich fragen, was man falsch macht. | |
Ein Problem sind handwerkliche Fehler, die dann öffentlich zum Mega-Problem | |
aufgebauscht werden. Auf der anderen Seite müssen wir deutlicher machen, | |
worum es zurzeit geht: Nämlich, dass wir von den größten Herausforderungen | |
seit 1945 stehen, und das weltweit. Da geht es eben nicht mehr darum, ob | |
die SPD oder die CDU vorne liegt, denn unsere Demokratie ist so gefährdet | |
wie nie zuvor. | |
Was muss die SPD besser machen? | |
Ellerbrock: Man kann sicher vieles besser machen. Zum Beispiel in unserem | |
digitalen Auftritt – dort muss man die Arbeit im Bundestag für alle | |
Bürgerinnen und Bürger gut und verständlich erklären. | |
Das heißt, die Politik ist gut – sie müsste nur besser erklärt werden? | |
Ellerbrock: Es kommt zu wenig bei den Leuten an, und manchmal wird es zu | |
umständlich erklärt. Es muss so erklärt werden, dass jeder, egal welcher | |
sozialen Herkunft, es auch versteht. | |
Schäfer: Das hätte ich mit 25 nicht so gut formulieren können, wie er das | |
mit 15 macht. Ein Thema, das für Verunsicherung sorgt, ist die | |
Migrationspolitik. | |
Welcher Kurs ist da richtig? | |
Ellerbrock: Das ist ein schwieriges Thema, und die Debatte wird seit Jahren | |
geführt. Wir brauchen da eine klare europäische Antwort. | |
Schäfer: Das lässt sich nur gesamteuropäisch lösen, und da muss man ehrlich | |
sagen, was machbar ist. Wenn die deutsche Position ein Stückchen | |
restriktiver als bisher ist, dann liegt das auch daran, dass es dafür in | |
Europa sonst keine Mehrheit gibt. Wenn man weiß, dass das Verhältnis vier | |
Länder gegen 23 ist, dann weiß man, wie schwierig es ist. Das kann man den | |
Menschen vermitteln. | |
War die Ansage von Olaf, ab jetzt werde [1][im großen Stil abgeschoben], | |
wirklich nötig? | |
Schäfer: Das ist natürlich eine zugespitzte Formulierung. Es geht darum, | |
den Menschen das Gefühl zu geben, dass der Staat funktioniert und dass man | |
sich an die Regeln hält, die wir uns selbst gegeben haben. Das zeigt sich | |
auch daran, ob Leute, die abgeschoben werden könnten, auch abgeschoben | |
werden. | |
Wie kann die SPD innerhalb der Koalition ihr Profil schärfen? Zwischen zwei | |
Polen, der FDP und den Grünen, ist das ja nicht ganz einfach. | |
Ellerbrock: Diese Koalition hat sich gefunden, weil sie zusammenarbeiten | |
wollte. Sie hat viele Versprechen umgesetzt. Aber jetzt ist die Zeit, | |
wieder an einem Strang zu ziehen – gerade mit Blick auf die Gefahren, die | |
diesem Land durch rechte Parteien drohen. Ich glaube, das kommt auch bei | |
der FDP so langsam an. | |
Schäfer: Es zeigt sich ja, dass die FDP mit ihrer Oppositionsrolle | |
innerhalb der Regierung keine Stimmen gewinnt. Wir müssen weiter | |
Überzeugungsarbeit leisten. Ich leiste im Bundestag meinen Beitrag dazu: | |
Ich habe einen Kollegen von der FDP und einen von den Grünen, zusammen | |
praktizieren wir die Ampel im Kleinen. Wir hoffen, dass uns das auch im | |
Großen gelingt. | |
10 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&… | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
SPD | |
Olaf Scholz | |
Ampel-Koalition | |
Bundesparteitag | |
GNS | |
SPD | |
SPD-Parteitag | |
SPD-Parteitag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Scholz auf dem SPD-Parteitag: Parole Zuversicht | |
Es steht nicht gut um die SPD und ihren Kanzler. Der Parteitag dient den | |
Genossen daher als Selbstvergewisserung für ihre Politik und ihr | |
Potenzial. | |
Kanzlerrede auf dem SPD-Parteitag: Genosse Scholz ist zurück | |
In ungewohnter Klarheit verteidigt Olaf Scholz auf dem SPD-Parteitag den | |
Sozialstaat und den Klimaschutz. Fast alle Genossen sind begeistert. | |
Debatte um Haushalt 2024: SPD erhöht Druck auf Scholz | |
Auf dem Parteitag fordert der SPD-Vorstand vom Kanzler, die Schuldenbremse | |
erneut auszusetzen. Ein Ja der Delegierten für den Antrag gilt als sicher. |