| # taz.de -- Brexit-Abstimmung: Theresa May klar gescheitert | |
| > Der Brexit-Deal von Theresa May ist im britischen Unterhaus | |
| > durchgefallen. Ein EU-Austritt ohne Abkommen ist damit noch | |
| > wahrscheinlicher geworden. | |
| Bild: Theresa May will sich noch am Mittwoch einem Misstrauensvotum stellen | |
| London dpa | Das britische Parlament hat das zwischen Brüssel und London | |
| ausgehandelte [1][Brexit]-Abkommen abgelehnt. Mit 432 zu 202 Stimmen | |
| votierten die Abgeordneten am Dienstagabend in London gegen den Deal von | |
| Premierministerin Theresa May. Für die 62-Jährige ist das die wohl größte | |
| Niederlage in ihrer politischen Karriere. Die oppositionelle Labour-Partei | |
| stellte sofort nach der Abstimmung einen Misstrauensantrag gegen die | |
| Regierung. May bot an, sich dem schon an diesem Mittwoch zu stellen. | |
| Der [2][Machtkampf zwischen der Regierung und dem Parlament] über den | |
| Brexit-Kurs dürfte sich nun noch weiter verschärfen. Großbritannien will | |
| die Europäische Union bereits am 29. März verlassen. Gibt es bis dahin | |
| keine Einigung, droht ein Austritt aus der Staatengemeinschaft ohne | |
| Abkommen. Für diesen Fall wird mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft | |
| und viele andere Lebensbereiche gerechnet. | |
| „Das Unterhaus hat gesprochen und die Regierung wird zuhören“, kündigte M… | |
| nach der Abstimmung an. Zuvor hatte sie noch leidenschaftlich für das von | |
| ihr ausgehandelte Abkommen mit der EU geworben. „Eine Stimme gegen diesen | |
| Deal ist eine Stimme für nichts mehr als Unsicherheit, Spaltung und das | |
| sehr reale Risiko eines „No Deal““, sagte sie. Ein Ja sei der einzig | |
| sichere Weg, einen [3][ungeregelten Austritt Großbritanniens] aus der EU zu | |
| verhindern. „Dies ist das wichtigste Votum, an dem jeder von uns in seiner | |
| politischen Karriere teilnehmen wird“, sagte May. Diese Entscheidung werde | |
| jeder der Parlamentarier rechtfertigen und mit ihr für viele Jahre leben | |
| müssen. | |
| Labour-Chef Jeremy Corbyn sprach von einer katastrophalen Niederlage für | |
| die Regierung und dem größten Scheitern einer Regierung seit den 1920er | |
| Jahren. | |
| ## Wachsendes Risiko für ungeordneten Austritt | |
| EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht nach dem Scheitern des | |
| Abkommens im britischen Parlament ein wachsendes Risiko eines ungeordneten | |
| Brexits. „Auch wenn wir eine solche Situation nicht wünschen, wird die | |
| Europäische Kommission weiterhin an Maßnahmen für den Ernstfall arbeiten, | |
| um dafür zu sorgen, dass die EU vollständig vorbereitet ist“, betonte | |
| Juncker in Brüssel. | |
| EU-Ratspräsident Donald Tusk bedauerte das Scheitern des Brexit-Vertrags. | |
| „Wenn ein Deal unmöglich ist und niemand einen No-Deal will, wer wird den | |
| Mut haben zu sagen, wie die einzige positive Lösung aussieht?“, fragte er | |
| auf Twitter. Damit sei das Risiko eines britischen EU-Austritts ohne | |
| Vertrag gewachsen, ergänzte Tusks Sprecher. Die EU werde trotz der | |
| Ablehnung im britischen Unterhaus die Ratifizierung des Austrittsabkommens | |
| vorantreiben. | |
| „Ich rufe das Vereinigte Königreich dringend auf, uns seine Vorstellungen | |
| über das weitere Vorgehen so rasch wie möglich mitzuteilen“, fügte er | |
| hinzu. „Die Zeit ist fast abgelaufen.“ | |
| Das zwischen May und Brüssel ausgehandelte Abkommen sieht eine | |
| Übergangsphase bis mindestens 2020 vor. In diesem Zeitraum würde im Prinzip | |
| alles beim Alten bleiben. | |
| ## Widerstand auch in der Regierungsfraktion | |
| Der Deal stößt aber nicht nur in der Opposition auf Ablehnung, sondern auch | |
| in weiten Teilen der Regierungsfraktion und bei der nordirischen DUP, von | |
| deren Stimmen die konservative Minderheitsregierung abhängig ist. | |
| Vor allem die als [4][Backstop] bezeichnete Garantie für eine offene Grenze | |
| zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland ist | |
| umstritten. Die Regelung soll im Notfall die Einführung von Grenzkontrollen | |
| verhindern. Befürchtet wird sonst ein Wiederaufflammen des Konflikts in der | |
| früheren Bürgerkriegsregion. | |
| Der Backstop sieht vor, dass das ganze Land so lange in einer Zollunion mit | |
| der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden worden ist. Nordirland | |
| müsste zudem in Teilen des Binnenmarkts bleiben. Das stößt auf Widerstand | |
| bei der DUP. Sie lehnt jegliche Sonderbehandlung der Provinz ab. | |
| Brexit-Hardliner bei den Konservativen befürchten, dass Großbritannien | |
| durch die Regelung dauerhaft im Orbit der EU gehalten werden könnte. | |
| Ex-Außenminister Boris Johnson warnte sogar davor, dass sein Land sich zum | |
| „Vasallenstaat“ der EU entwickele. Solange Großbritannien die Außenzölle | |
| der EU anwendet, kann London keine Handelsabkommen mit Drittländern – zum | |
| Beispiel den USA – abschließen. | |
| ## May am Mittwoch im Parlament | |
| May will nach der Ablehnung ihres Brexit-Abkommens am kommenden Montag das | |
| weitere Vorgehen im Parlament darlegen. Voraussetzung für Mays Plan ist | |
| allerdings, dass ihre Regierung den Misstrauensantrag der oppositionellen | |
| Labour-Partei an diesem Mittwoch übersteht. Es gilt aber als | |
| wahrscheinlich, dass der Labour-Antrag scheitert. | |
| Das Brexit-Abkommen war am 25. November von den Staats- und Regierungschefs | |
| der übrigen 27 EU-Staaten gebilligt worden. Zuvor hatten die Unterhändler | |
| 17 Monate lang an dem Deal gearbeitet. Die EU hat deutlich gemacht, dass es | |
| keine Nachverhandlungen geben wird. | |
| 15 Jan 2019 | |
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