# taz.de -- Bob Marley Biopic „One Love“: Rastas, Musik und Glaube | |
> Das Biopic „One Love“ setzt dem Reggae-Musiker Bob Marley ein Denkmal. Es | |
> idealisiert den Star, der inmitten einer von Gewalt geprägten Zeit lebte. | |
Bild: Kingsley Ben-Adir als Bob Marley, mit Lashana Lynch in „Bob Marley: One… | |
Um sie herum fliegen Bierflaschen und Steine. Die Polizei verprügelt Punks, | |
die prügeln zurück; Blaulicht beleuchtet den Nachthimmel. Doch die | |
Rastafaris mit den Sonnenbrillen haben keine Muffe vor den Riots im | |
Londoner East End, [1][irgendwann Ende der 70er Jahre]: „Reminds me of | |
Trenchtown“, sagt einer bedächtig, während sie unbeirrt ihrer Wege ziehen. | |
Trenchtown ist das harte Pflaster in Jamaica, auf dem Bob Marley (Kingsley | |
Ben-Adir) und Peter Tosh (Alexx A-Game) aufwuchsen. Reinaldo Marcus Greens | |
Biopic „One Love“ erzählt vom berühmtesten Kind dieses Viertels und einer | |
von Gewalt geprägten Phase in den 70ern. Unter anderem wurden bei einem | |
Gang-Angriff auf Marleys Haus sein Manager und seine Frau Rita (Lashana | |
Lynch) angeschossen. Das lässt Marley zweifeln, ob Jamaika noch gemeinsam | |
lächeln kann. „Smile Jamaica“ soll im Winter 1976 ein großes | |
Friedenskonzert mit ihm als Headliner heißen, organisiert vom | |
Premierminister. | |
Regisseur Green nimmt die wackelige Konzert-Planung als (ebenso wackelige) | |
Rahmenhandlung für seine Geschichte. Und erzählt zunächst vom Musiker im | |
Exil: In London hören Bob Marley and the Wailers den Soundtrack zu | |
„Exodus“. Dessen geschichtlicher Hintergrund inspiriert Marley zum | |
gleichnamigen Album. „Exodus, movement of Jah people“ singen Background und | |
er später, während Tosh mit fettestem Basssound und coolster | |
Kifferseelenruhe den Reggae-Bodensatz zementiert. | |
Es geht viel um Jah, um Marleys Verständnis als Rastafari und sein | |
Verhältnis zum „göttlichen“ äthiopischen Kaiser Haile Selassie. In einer | |
Traum-Rückblende nimmt er ihn durch die frühe Abwesenheit seines weißen | |
Erzeugers sogar als eine Art Vaterersatz wahr. | |
Dass Marley neben seiner musikalischen Sicherheit, der Sensibilität für | |
Ungerechtigkeiten, seinen pointierten Textgedichten und der Liebe zu | |
Fußball extrem spirituell war, verdeutlicht der Film oft: Musik und Glauben | |
sind für Marley eins. Es muss so lange geprobt, gespielt, getanzt werden, | |
bis man in einer anderen Bewusstseinsform, eben näher bei Jah ist. | |
## Marleys ambivalente Seiten ausgespart | |
Der britische Hauptdarsteller Ben-Adir, der als Basketball-Ken in „Barbie“ | |
kurz vorher eine wohl weit entfernte Rollenerfahrung hatte, versucht sich | |
für den Film in Patois, der auf Jamaika gesprochenen Kreolsprache. Er ist | |
ein mitreißender Frömmler. Wie er sich selbst in Trance spielt, sind | |
filmisch-musikalische Höhepunkte. | |
Marley würde jedoch, „Redemption“ hin oder her, im Grab rotieren, bekäme | |
er den Rest-Score zu hören. Denn aus unerfindlichen Gründen hat Green die | |
Reggaesounds zu grässlich-banalen Klavierakkorden plattwalzen und unter | |
viele Szenen legen lassen. Was „One Love“ überdies ausspart, sind Marleys | |
ambivalente Seiten – Green gibt ihm und seiner Ehefrau eine einzige | |
Streitszene, in der sie ihm sein promiskuitives und egoistisches Verhalten | |
vorwirft. | |
„No woman no cry“ klingt in dem Zusammenhang wie blanker Hohn. Sodann | |
verliert sich die affirmative (wenig überraschend von Marleys Familie | |
mitproduzierte) Erzählung weiter in Heilsreden – egal wohin er geht, man | |
liebt und verehrt ihn; er hilft allen, hört allen zu, tut allen Gutes. Nur | |
sich selbst nicht. [2][Marley, der Schulmedizin ablehnte, starb 1981 an | |
Krebs]. | |
## Musiker, der den Reggae um die Welt schickte | |
Das Friedenskonzert fand 1976 dann doch auf Jamaica statt. Marley, | |
energetisch wie üblich, versuchte auf der Bühne, verfeindete Politiker | |
miteinander zu versöhnen. Und sang selbstredend fantastisch. | |
Greens Film ist ein Denkmal für einen bahnbrechenden Musiker, der Reggae um | |
die Welt schickte, für die Rechte Schwarzer Menschen kämpfte, unsterbliche | |
Texte verfasste. Dass er sich jedoch wie mit Scheuklappen auf die Stärken | |
seines Helden konzentriert, kann man nicht mal nach einem extra dicken | |
Joint ignorieren. | |
14 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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