# taz.de -- Bioverbände zum Schutz vor Wölfen: Vergrämen, nicht töten | |
> Was tun mit dem Wolf? Der Biobranchenverband verlangt Methoden zum | |
> Verscheuchen der Tiere, aber keinen Abschuss – derzeit. | |
Bild: Bauern demonstrierten im Oktober 2017 in München für den Schutz von Wei… | |
BERLIN taz | Die Biobranche schließt sich nicht Forderungen an, schon jetzt | |
regelmäßig Wölfe zu schießen. In einem vor Kurzem beschlossenen | |
[1][Positionspapier] des Dachverbands Bund Ökologische | |
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) heißt es lediglich, bei einem nicht näher | |
bezifferten Wachstum der Wolfsbestände muss der bislang sehr strenge | |
Schutzstatus der Art „zeitnah überprüft werden“. Erst bei „größeren | |
Beständen und steigenden Übergriffen auf Weidetiere sollte der Wolf ins | |
Jagdrecht aufgenommen werden“. | |
Dieser Schritt würde auch nur dann Jagden erlauben, wenn das Gesetz Wölfe | |
nicht mehr so streng schützte. Denn sonst müsste für die Art automatisch | |
eine ganzjährige Schonzeit gelten. | |
Die Bioverbände hatten monatelang zu Stellungnahmen etwa des Bauernverbands | |
geschwiegen, ab sofort Wölfe zu bejagen. Dabei vertreten gerade die | |
BÖLW-Mitgliedsverbände wie Bioland oder Demeter Bauern, die ihre Tiere | |
gemäß Ökoverordnung der Europäischen Union auch draußen halten, was Tier- | |
und Naturschützer begrüßen. Doch dort können zum Beispiel Schafe, Ziegen | |
und Kälber ohne besondere Schutzmaßnahmen von Wölfen gefressen werden. | |
Deshalb treiben gerade Biobauern Sorgen vor Rissen durch das Raubtier um. | |
Die Tierart ist im Jahr 2000 dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt und | |
breitet sich nun nach und nach in den meisten Regionen Deutschlands aus. | |
Die Zahl der von Wölfen getöteten Nutztiere war zwar mit rund 1.100 im Jahr | |
2016 gering, steigt aber stark. Der Wolfsbestand legt jährlich im Schnitt | |
um etwa ein Drittel zu. | |
## Versicherung nötig | |
Um auf Sorgen von Weidetierhaltern einzugehen, fordert der Dachverband BÖLW | |
in seinem Papier, dass „Vorgehensweisen für eine präventive Vergrämung | |
entwickelt“ werden, um die „Scheu vor Weidetieren und Mensch zu erhalten“. | |
Wenn dieses Verscheuchen nicht gelingt, müssten aber auch Wölfe getötet | |
werden. „Solange keine wirksamen und praktikablen Konzepte“ zum Schutz von | |
Herden in manchen Gebieten vorlägen, „muss der Wolf aus diesen Regionen | |
ferngehalten werden“, schreibt der Verband weiter in seiner Stellungnahme. | |
Er nennt als Beispiele „Deich-Regionen, Gebiete mit Wanderwegen auf | |
Weideland, insbesondere Almen/Alpen“. | |
Zudem fordert der BÖLW, dass die Weideviehhalter bundesweit künftig auch | |
die Arbeitszeit für den Schutz ihrer Tiere vor Wölfen vergütet bekommen. | |
Greifen die Raubtiere dennoch an, sollten die Bauern auch Geld für „die | |
bürokratische Abwicklung oder das Einfangen in Panik entlaufener | |
Weidetiere“ erhalten. Außerdem müsse der Staat in Wolfsgebieten eine | |
Haftpflichtversicherung für Schäden wie Verkehrsunfälle bezahlen, die durch | |
flüchtende Weidetiere verursacht werden. | |
So versucht der Verband BÖLW offensichtlich, einen Mittelweg zu finden, | |
nämlich zwischen der Forderung etwa des Bauernverbands oder des Bauernbunds | |
und der Position der Umweltverbände, die mit den Bio-Vertretern in | |
agrarpolitischen Fragen verbündet sind und auf die natürliche Regulierung | |
der Bestände setzen. | |
Der Naturschutzbund (Nabu) lobte das Papier überwiegend. „Viele Punkte“ | |
habe der Nabu bereits vorher gefordert, teilte der Verband der taz mit. Die | |
„präventive Vergrämung“ und Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht dagegen lehn… | |
er ab. „Ungeschützte Weidetiere werden immer von Wölfen als potenzielle | |
Beute angesehen werden. Ob Wölfe bejagt werden, ist dafür vollkommen | |
unerheblich“, argumentierte der Nabu weiter. | |
Der Bauernbund Brandenburg, der kleinere konventionelle und | |
Bio-Familienbetriebe vertritt und einer der schärfsten Kritiker der | |
Wolfspolitik ist, freute sich, dass nun auch der BÖLW wolfsfreie Zonen | |
fordere. Geschäftsführer Reinhard Jung ergänzte aber: „Der Wolf muss | |
rigoros geschossen werden, sobald er sich Weidetieren nähert.“ Seine | |
Ausbreitung bedrohe die ökologische Weidetierhaltung. „Deshalb wünsche ich | |
mir vom BÖLW mehr Mut, die Dinge klar auszusprechen, auch wenn man sich | |
dafür mit der mächtigen Naturschutzlobby anlegen muss“, lautet die | |
Forderung des Bauernbunds Brandenburg. | |
24 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.boelw.de/fileadmin/media/pdf/Themen/Agrarpolitik/171218_BOELW_P… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Landwirtschaft | |
Wölfe | |
Schäfer | |
Naturschutz | |
Bundesamt für Naturschutz | |
Landwirtschaft | |
Wolfsberater | |
Landwirtschaft | |
Landwirtschaft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Frischfleisch von der Weide: Flauschig, aber tot | |
Die Zahl der von Wölfen getöteten Schafe steigt. In Niedersachsen wird | |
schon wieder laut über den Abschuss nachgedacht. | |
Umfrage des Naturschutzbunds: Deutsche mögen und fürchten Wölfe | |
30 Prozent der Bundesbürger würden sich nicht in einen Wald wagen, in dem | |
Wölfe leben könnten. Die meisten sind aber aufgeschlossen gegenüber den | |
Tieren. | |
Ergebnisse von neuer Raubtierzählung: Viel mehr Wolfsrudel – und Fragen | |
28 Prozent mehr „Familien“ des Raubtiers binnen eines Jahres. Doch wie | |
viele Wölfe das sind, sagt das zuständige Bundesamt nicht. | |
SPD-Minister Backhaus über Raubtiere: „Zahl der Wölfe festlegen“ | |
Zählt man Deutschlands und Polens Tiere zusammen, sei die Population groß | |
genug, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Backhaus. | |
Wolfsberater über Konflikte mit Schäfern: „Mit dem Wolf teilen“ | |
Theo Grüntjens über den Streit mit Jägern und Schäfern, der die Rückkehr | |
des Wolfs begleitet: „Es muss eine andere Lastenverteilung kommen“. | |
Angst vor Übergriffen auf Nutztiere: SPD-Minister für Jagd auf Wölfe | |
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Backhaus fordert, die Population zu | |
begrenzen. Wolfsmischlinge in Thüringen sollen doch nicht getötet werden. | |
Trotz Angst vor Übergriffen auf Vieh: Naturschützer stoppen Wolfabschuss | |
Weil die Grüne Liga Widerspruch eingelegt hat, verzichtet Sachsen vorläufig | |
darauf, eines der Raubtiere aus wirtschaftlichen Gründen zu töten. |