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# taz.de -- Wolfsberater über Konflikte mit Schäfern: „Mit dem Wolf teilen�…
> Theo Grüntjens über den Streit mit Jägern und Schäfern, der die Rückkehr
> des Wolfs begleitet: „Es muss eine andere Lastenverteilung kommen“.
Bild: Nicht alle freuen sich über die Rückkehr der Wölfe: Bayerische Landwir…
taz: Herr Grüntjens, was macht eigentlich ein Wolfsberater?
Theo Grüntjens: Es gibt in Niedersachsen etwa 120 Freiwillige, die eine
kurze Ausbildung zum Wolfsberater absolviert haben. Wir leisten vor allem
Öffentlichkeitsarbeit, halten Vorträge in Schulen und Vereinen und reden
mit der Presse. Wenn Schafe oder andere Nutztiere gerissen werden, sichern
wir DNA-Proben, um zu beweisen, dass es ein Übergriff von Wölfen war.
Darüber hinaus beraten wir die Bauern, wie sie an ihre Ausgleichzahlungen
kommen oder Zuschüsse für Herdenschutzmaßnahmen beantragen können. Und wir
kümmern uns auch um das Monitoring: Wir gehen hinaus in die Natur und
versuchen, jede Art von Hinweisen auf Wölfe zu finden.
Wie viele Wölfe gibt es derzeit in Niedersachsen?
In letzten Veröffentlichungen waren wir Anfang April bei gut 100 Wölfen,
die wir unterscheiden können. Ich persönlich glaube, wir sind gegen Ende
des Jahres bei 150 Tieren. Deutschlandweit werden wir jetzt sicher bei etwa
600 Wölfen sein.
200 Jahre war der Wolf ausgerottet. Dass er sich jetzt seinen Platz
zurückerobert, gefällt besonders Jägern nicht. Liegt es daran, dass Rehe
die wichtigste Beute sind und er so zum Konkurrenten wird?
Das mag eine Rolle spielen. Ich sehe aber eher das Problem, dass sich das
Wild bei der Neuankunft der Wölfe vollkommen anders verhält als zuvor. Der
Tagesrhythmus ändert sich, die Zeiten, die man gewohnt war, verschieben
sich völlig, teilweise werden gerade Rehe für lange Zeit Nachttiere. Sie
werden gar nicht mehr gesehen und entziehen sich damit dem Jäger.
Und damit ist die Jagd für ihn vorbei?
Nein, er muss nur wieder lernen, die Natur besser zu lesen. Das Wild weicht
dem Wolf aus, Jagen wird anstrengender. Aber ich persönlich bin ja auch
Jäger und Förster. Ich sehe es als sehr spannend an, und ich schieße auch
nicht weniger. Also es ist machbar, mit dem Wolf zu teilen.
Erheblich dramatischer leiden oft Schäfer und Landwirte unter den Wölfen.
Immer wieder kommt es zu Angriffen auf Lämmer oder Kälber.
Die Tierhalter haben jetzt das Problem, dass sie ihre Tiere schützen
müssen. Vorher konnten sie sie mehr oder weniger frei laufen lassen.
Schutzhunde, Elektrozäune – der Aufwand ist deutlich höher, das kostet viel
Arbeitskraft und Geld. Gesetzlich sind sie dazu verpflichtet. Aber auf der
anderen Seite ist es genau die Gruppe, die wenig Geld hat. Die Schäfer
erbringen eine unwahrscheinliche Arbeitsleistung, auch für die Natur und
die Umwelt. Aber sie werden mit ihren Sorgen ein wenig alleingelassen.
Und mehr Geld sorgt dann für eine stärkere Akzeptanz des Wolfes?
Hier geht es auch darum, dass nur die Landbevölkerung mit dem Problem leben
muss. Für alle anderen ist das nice to have. Aber es kann nicht sein, dass
ein ganz kleiner Teil der Gesellschaft das schultern muss, was der größte
Teil der Gesellschaft will. Hier muss eine andere Lastenverteilung kommen.
Und wie soll die aussehen?
Es kann doch nicht sein, dass der Schäfer nachweisen muss, dass es ein Wolf
war, der seine Tiere gerissen hat. Normalerweise müssten die, die in der
Region an dem Thema arbeiten, schnell sagen können: Es handelt sich mit
großer Wahrscheinlichkeit um einen Wolfsriss. Und dann müsste sofort Geld
fließen, ohne dieses bürokratische Prozedere, das oft ein halbes Jahr oder
ein Jahr dauert.
Brauchen wir überhaupt den Wolf, nachdem wir so lange ohne ihn ausgekommen
sind?
Wir haben ihn einst aus wirtschaftlichen Gründen ausgerottet. Diese Gründe
waren nachvollziehbar, aber es gibt sie nicht mehr. Die Schäden, die der
Wolf verursacht, sind bezahlbar. Deshalb sollten wir einem Tier, das hier
einmal war, die Möglichkeit geben, wieder hier zu leben. Denn als Mensch
habe ich nicht das Recht, irgendein Tier auszurotten.
11 Nov 2017
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
## TAGS
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