| # taz.de -- Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Impfpflicht gegen Masern b… | |
| > Die Karlsruher Richter:innen bestätigen die Regelung für Kita-Kinder. | |
| > Geklagt hatten vier impfskeptische Elternpaare. | |
| Bild: Pieks – und Pflaster drauf! | |
| Freiburg taz | Die Masern-Impfpflicht für Kinder ist mit dem Grundgesetz | |
| vereinbar. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht [1][in einem am | |
| Donnerstag veröffentlichen Beschluss]. Die Verfassungsbeschwerden von | |
| impfskeptischen Eltern wurden abgelehnt. Gesundheitsminister Karl | |
| Lauterbach sprach von einer guten Nachricht für Eltern und Kinder. | |
| Seit dem 1. März 2020 gilt bundesweit [2][das Masernschutzgesetz]. Es sieht | |
| vor, dass Kinder in Kitas, Horten und Schulen gegen Masern geimpft sein | |
| müssen. Ausgenommen sind nur Kinder, die bereits Masern hatten und daher | |
| immun sind, und Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden | |
| können. Wird die Impfung nicht nachgewiesen, dürfen Kinder nicht in die | |
| Kita. Bei Schulkindern droht den Eltern ein Bußgeld bis 2.500 Euro. Der | |
| Stichtag für den Nachweis wurde wegen Corona mehrfach verschoben. Derzeit | |
| gilt der 31. Juli 2022. | |
| Gegen dieses Gesetz [3][hatten vier Elternpaare mit vier Kindern | |
| Verfassungsbeschwerde erhoben.] Die Klagen wurden von der „Initiative freie | |
| Impfentscheidung“ koordiniert. Da die Kinder noch im Kita-Alter sind, ging | |
| es in Karlsruhe nur um die Impfpflicht von Kita-Kindern. Es ging auch nicht | |
| um die parallel eingeführte Impfpflicht für Personen, die in Schulen, | |
| Kitas, Krankenhäusern, Arztpraxen und Flüchtlingsheimen arbeiten. | |
| Die Eltern machten geltend, dass durch die Impfung unverhältnismäßig in die | |
| körperliche Unversehrtheit der Kinder sowie in ihr Elternrecht eingegriffen | |
| werde. | |
| ## Impfschaden „extrem unwahrscheinlich“ | |
| Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts lehnte die Klagen nun ab. Die | |
| Masern-Impfpflicht sei verhältnismäßig. Sie diene vor allem dem Schutz von | |
| Menschen, die nicht geimpft werden können, insbesondere Säuglingen im | |
| ersten Lebensjahr und Menschen mit Immunschwächen. | |
| Die Richter:innen räumten ein, dass die Masern-Impfpflicht einen „nicht | |
| unerheblichen“ Eingriff in die Grundrechte der Kinder und Eltern darstelle. | |
| Zwar gebe es keinen Impfzwang. Aber wenn eine Betreuung von ungeimpften | |
| Kindern in Kitas und anderen Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen ist, | |
| übe das Druck auf die Eltern aus, was vom Gesetzgeber ja auch beabsichtigt | |
| gewesen sei. Eltern müssten die Betreuung der Kinder dann anders | |
| organisieren, außerdem fehle den Kindern auch die entsprechende | |
| vorschulische Förderung. | |
| Das Gesetz verfolge aber das legitime Ziel, die Impfquote in Deutschland zu | |
| erhöhen, so die Richter:innen. Derzeit liegt sie bei 4- bis 7-jährigen | |
| Kindern bei 93,1 Prozent. Um die Masern auszurotten, was weltweit | |
| angestrebt wird, ist aber eine Impfquote von 95 Prozent erforderlich. | |
| Deutschland ist einer von nur noch fünf EU-Staaten, in denen es immer | |
| wieder zu Masern-Ausbrüchen kommt. So gab es 2015 bundesweit 2.465 Fälle, | |
| 2021 allerdings nur zehn. | |
| Die Abwägung von Nutzen und Risiken spreche eindeutig für die | |
| Masern-Impfpflicht, so die Richter:innen. Masern seien hochansteckend und | |
| könnten im Extremfall tödlich enden. Dagegen sei die Impfreaktion mit | |
| Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle „mild“. Ein | |
| echter Impfschaden sei „extrem unwahrscheinlich“. | |
| Die Richter:innen halten auch den Eingriff in das Elternrecht für | |
| gerechtfertigt. Denn das Elternrecht sei „kindeswohlorientiert“ auszulegen | |
| und die Impfung verbessere die „gesundheitliche Sicherheit“ des Kindes | |
| erheblich. | |
| Nur eine Einschränkung machte Karlsruhe. Da in Deutschland keine reinen | |
| Masern-Impfstoffe zugelassen sind, dürften zwar Kombinationspräparate | |
| genutzt werden, die auch gegen Mumps, Röteln und Windpocken schützen. | |
| Unzulässig wäre es aber, wenn es ausschließlich Kombinations-Impfstoffe | |
| gäbe, die sich auch gegen weitere Krankheiten richten. | |
| 18 Aug 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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