| # taz.de -- Aussöhnungsabkommen mit Namibia: Protest vor Parlament in Windhoek | |
| > Am Dienstag sollte das Parlament über die Einigung mit Deutschland | |
| > abstimmen. Der Deal ist hochumstritten, auch auf der Straße regt sich | |
| > Widerstand. | |
| Bild: Mahnmal zur Erinnerung an die Verbrechen der Kolonialzeit in Windhoek, Na… | |
| Berlin taz | In der namibischen Hauptstadt Windhoek haben am Dienstag | |
| Gegner*innen des Aussöhnungsabkommens zwischen Deutschland und Namibia | |
| protestiert. Die Demonstration startete wie geplant im Township Katutura | |
| und bewegte sich dann in Richtung des namibischen Parlaments. Die | |
| Tageszeitung Namibian Sun [1][veröffentlichte auf Twitter Videoaufnahmen | |
| davon], wie Demonstrierende die Zäune zu den Gärten des Parlaments | |
| überwanden, und berichtete davon, dass Menschen auch das Parlamentsgebäude, | |
| den sogenannten Tintenpalast, gestürmt hätten. | |
| Auslöser für die Proteste war die für den Nachmittag vorgesehene | |
| Ratifizierung der umstrittenen Einigung durch die Abgeordneten. Bis | |
| Redaktionsschluss lag das Ergebnis noch nicht vor. Die Regierungspartei | |
| Swapo belegt allerdings im Parlament 63 von 71 Sitzen, [2][weshalb die | |
| Opposition die Ratifizierung erwartete]. | |
| Mit dem Aussöhnungsabkommen werden die brutalen Verbrechen der deutschen | |
| Kolonialtruppen an den Herero und Nama als Völkermord anerkannt. Die | |
| Deutschen schlugen im damaligen Deutsch-Südwestafrika zwischen 1904 und | |
| 1908 die Widerstände der Volksgruppen gegen die Kolonialherren nieder. Die | |
| Truppen ermordeten mehr als 80.000 Menschen oder vertrieben die Menschen in | |
| die Wüste, wo sie verdursteten. | |
| Die Einigung beinhaltet nun eine an die Nachkommen gerichtete | |
| Entschuldigung sowie deutsche Wiederaufbauhilfen in Höhe von 1,1 Milliarden | |
| Euro. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollen sich daraus aber nicht | |
| ableiten lassen – das Abkommen verzichtet auf den Begriff der Reparationen. | |
| Diese hatte die namibische Seite gefordert, Windhoek [3][bezeichnete die | |
| Geldzahlungen auch bei Abschluss der Einigung dem Parlament gegenüber als | |
| „reparations package“]. | |
| ## Kritik an der Höhe der Entschädigungszahlungen | |
| Unter anderem die Höhe der Wiederaufbauhilfen kritisieren Gegner*innen | |
| harsch. Sie werden im Abkommen einzelnen Bereichen zugewiesen und sollen | |
| über 30 Jahre ausgeschüttet werden. Auch die namibische Regierung hatte auf | |
| mehr gepocht: „Wir sind nicht stolz über die Höhe, aber wir können sagen, | |
| dass unsere Verhandler unter den ihnen gegebenen Umständen ihr Bestes | |
| gegeben haben“, sagte Namibias Vizepräsident Nangolo Mbumba von der | |
| Regierungspartei Swapo (South-West Africa People’s Organisation) [4][nach | |
| Berichten im Juni bei einer Pressekonferenz] und gestand ein, dass diese | |
| Geldsumme „nicht genug“ sei. | |
| Zuletzt habe sich auch der Eindruck verstärkt, das Abkommen solle nach den | |
| Verzögerungen durch die Coronapandemie schnell durchgebracht werden, | |
| schreibt [5][der Soziologe Reinhart Kößler in der Zeitschrift iz3w]: „Dabei | |
| hat die namibische Seite offenkundig umfassend nachgegeben. Sie hat den | |
| innernamibischen Konsens über die Notwendigkeit von Reparationen | |
| stillschweigend kassiert und sich mit einer sehr viel geringeren Summe | |
| zufriedengegeben, als in ihrer zwischenzeitlich durchgesickerten | |
| ursprünglichen Forderung veranschlagt worden war.“ | |
| Doch nicht nur die Höhe der Zahlungen sorgt für Unmut, auch kritisieren | |
| Nachfahren der Opfer seit Jahren, dass sie nicht an den Entscheidungen | |
| beteiligt würden. Die Vertreter, die die Mehrheit der Herero und Nama | |
| repräsentierten, seien ausgeschlossen von den Verhandlungen. | |
| Zusätzlich hatte sich die Coronalage in Namibia tragisch zugespitzt. Auch | |
| [6][wichtige Akteure im Ringen um Aussöhnung waren einer | |
| Covid-19-Erkrankung zum Opfer gefallen]: Im Juni starben sowohl einer der | |
| erbittertsten Kritiker des Abkommens, Vekuii Rukoro, Chef des | |
| traditionellen Rates der Herero, als auch der namibische Chefunterhändler | |
| für die Einigung, Zed Ngavirue. | |
| 21 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/namibiansun/status/1440260192428429321 | |
| [2] https://www.namibian.com.na/105379/read/LPM-wary-of-Swapo-bulldozing-genoci… | |
| [3] https://opm.gov.na/documents/97540/1079527/Genocide_PM+Briefing+Statement+o… | |
| [4] https://opm.gov.na/documents/97540/1079527/Genocide_PM+Briefing+Statement+o… | |
| [5] https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/386_InformelleOekonomie/namibia | |
| [6] /Coronakrise-in-Namibia/!5779023 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Oer | |
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