# taz.de -- Kommentar Atomwaffen in Deutschland: Altes Problem, aktuelle Gefahr | |
> Die US-Atomwaffen in Europa sollen modernisiert werden. Dabei bestünde | |
> jetzt die Chance, Abrüstung durch Verschrottung voranzutreiben. | |
Bild: Demonstration in Büchel gegen dort gelagerte Atomwaffen (Archivbild 2015) | |
Während seiner letzten Tage im Amt sprach Außenminister Sigmar Gabriel eine | |
deutliche Warnung aus: Es sei wahrscheinlich, „dass wir in Europa neue | |
nukleare Mittelstreckenwaffen sehen werden“. Europa sei gerade mit „der | |
Zerstörung all der Erfolge bei Rüstungskontrolle und Abrüstung | |
konfrontiert, die in den 80er und 90er Jahren erreicht wurden“. Das spielt | |
auch auf den INF-Vertrag an, den ersten nuklearen Abrüstungsvertrag, der am | |
8. Dezember 1987 unterzeichnet wurde und jetzt den 30. Jahrestag feiert. | |
Dieses Abkommen führte zur Verschrottung aller atomaren | |
Mittelstreckenwaffen in Europa. Nach Jahrzehnten atomarer Hochrüstung | |
begann eine Phase der Denuklearisierung der Sicherheitspolitik für Europa. | |
Eine massive Trendwende, auf die heute eine Rolle rückwärts zu folgen | |
droht: die Renuklearisierung der Sicherheitspolitik in Europa. Die USA | |
haben vor, ihre rund 150 Atomwaffen in Europa zu modernisieren, die | |
europäischen Partner sollen neue Trägerflugzeuge kaufen. Erste US-Politiker | |
fordern schon, neue Mittelstreckenwaffen für Europa zu entwickeln, weil | |
Russland solche Waffen angeblich auch stationiert. | |
Gabriels Warnung ist das Eingeständnis eines völligen Versagens der beiden | |
letzten Bundesregierungen durch Passivität in Sachen nukleare | |
Rüstungskontrolle. Sie versteckten sich hinter der alleinigen Zuständigkeit | |
der USA, denen die Waffen ja gehören, und hinter einer Nato, die Abrüstung | |
ja „einstimmig“ beschließen müsse. | |
Auftritt der Grünen bei den [1][Jamaika-Sondierungen]: Wir wollen über den | |
Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und über eine konstruktivere Rolle | |
Deutschlands bei dem neuen Atomwaffen-Verbotsvertrag der UNO reden. Jetzt | |
kann eigentlich nur dreierlei folgen. Erstens: Das Thema wird abgeräumt. | |
Die anderen wollen leider nicht, Wiedervorlage irgendwann. Zweitens: | |
Rollentausch mit der SPD. Wir fordern das Maximum und bekommen als | |
Kompromiss die innenpolitische Zusage keiner Verschlechterung: keine | |
Zustimmung zu neuen Atomwaffen und keine zu neuen Trägerflugzeugen. | |
Schleichend läuft die nukleare Teilhabe aus. Was aber, wenn die Nato vorher | |
Druck von außen macht? Die dritte Lesart: Es wird ein Vabanquespiel | |
zwischen der Abrüstungshoffnung der Grünen und der realen Gefahr einer | |
Aufrüstung durch die Nato. Der Ausgang dieses Spiels ist angeblich offen, | |
aber ein blaues Wunder und ein blaues Auge sind fast schon garantiert. | |
13 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Otfried Nassauer | |
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