# taz.de -- Ugandischer Rebellenführer gefasst: Das Phantom der Mondberge | |
> Jamil Mukulu, geheimnisumwitterter Führer der brutalen ADF-Rebellen in | |
> Ugandas Rwenzori-Gebirge, ist in Tansania bei der Einreise verhaftet | |
> worden. | |
Bild: Kongolesische Armeepatrouille in ADF-Gebiet am Fuße der Rwenzori-Berge z… | |
BERLIN taz | Ein kleiner, aber entscheidender Schritt in Richtung Frieden | |
im Herzen Afrikas: Tansanische Behörden haben, wie jetzt bestätigt wurde, | |
den ugandischen Rebellenführer Jamil Mukulu festgesetzt. Mukulus Miliz ADF | |
(Vereinigte Demokratische Kräfte) wird für brutalste Massaker rund um die | |
Kleinstadt Beni im Osten der Demokratischen Republik Kongo verantwortlich | |
gemacht, über 400 Menschen sollen dort seit Anfang 2014 mit Macheten und | |
Äxten abgeschlachtet worden sein. | |
Die Festnahme Mukulus ist entscheidend für die Zerstörung der ADF. Die | |
ugandische Rebellengruppe hatte sich 1996 ins Rwenzori-Gebirge | |
zurückgezogen, das Uganda vom Ostkongo trennt. Hier verschanzten sich die | |
wenigen hundert Kämpfer in Höhlen und rekrutierten in den vergangenen | |
Jahren nach Angaben der lokalen Zivilgesellschaft über tausend Kongolesen, | |
meist durch Entführung. | |
Die ADF-Kämpfer sind im Kern Muslime aus dem Westen Ugandas, die sich in | |
den 80er Jahren zum Kampf gegen die Regierung von Präsident Yoweri Museveni | |
formiert hatten. ADF-Führer Mukulu stammt aus der ugandischen Kleinstadt | |
Iganga, war einst Katholik, konvertierte zum Islam und warf Musevenis | |
Regierung vor, Muslime zu unterdrücken. Die ADF wird für Massaker und | |
Bombenanschläge in Uganda in den 90er Jahren verantwortlich gemacht. | |
Vor wenigen Jahren gab es Befürchtungen, die ADF hätte Beziehungen zu | |
islamistischen Gruppen wie al-Qaida oder die somalische al-Shabaab | |
aufgenommen, was sich aber nie bestätigen ließ. | |
## „Operation Sukola“ | |
Anfang 2014 hatte Kongos Armee mit Unterstützung von UN-Blauhelmen große | |
Militäroperationen gegen die ADF rund um Beni gestartet: „Operation Sukola“ | |
hießen sie, „säubern“. Seitdem liefern sich Rebellen und Soldaten am Fuße | |
des Rwenzori-Gebirges einen erbitterten Krieg mit zahlreichen Toten, wobei | |
immer wieder der Verdacht aufkommt, dass ADF und Teile der Armee | |
zusammenarbeiten: Mutmaßliche ADF-Angreifer tragen oft Militäruniformen und | |
operieren in der Nähe von Armeestellungen; für die Ermordung des führenden | |
Armeekommandanten, Mamadou Ndala, verurteilte ein Militärgericht im | |
November 2014 kongolesische Offiziere und ADF-Chef Mukulu zum Tode, | |
Letzteren in Abwesenheit. | |
Im April hoben Soldaten das ADF-Hauptquartier am Fuße des Rwenzori-Gebirges | |
aus: Stabschef Kasadha Kalume, Nummer drei in der Befehlskette, wurde dabei | |
getötet. Kurz darauf zirkulierten erste Meldungen, Rebellenchef Mukulu sei | |
beim Grenzübertritt von Kenia nach Tansania verhaftet worden. Er hatte sich | |
zuletzt mehrfach in Kenias Hauptstadt Nairobi versteckt. | |
## Angriffe auf UN-Blauhelme | |
Die ADF scheint damit am Ende, aber bäumt sich noch einmal auf. Vergangene | |
Woche wurde ein UN-Hubschrauber beim Anflug auf den Flughafen in Beni | |
beschossen. In ihm saßen hohe Kommandanten der UNO und der kongolesischen | |
Armee. Kurz darauf geriet ein UN-Militärkonvoi unter Beschuss, zwei | |
tansanische Blauhelmsoldaten starben, 13 weitere wurden verletzt. Am | |
Montagabend wurden außerhalb von Beni wieder einmal fünf Zivilisten | |
massakriert. | |
Kongos und Ugandas Regierungen haben jetzt Delegationen nach Tansania | |
geschickt, um die Auslieferung Mukulus zu erwirken. Beide wollen ihn vor | |
Gericht stellen. Ugandas Armeesprecher bestätigt, es würden DNA-Tests | |
unternommen, um Mukulus Identität zu verifizieren. | |
## Keiner weiß, wie Mukulu aussieht | |
Denn der ADF-Führer gilt in der Region als Phantom: Er gab nie Interviews, | |
trat nie öffentlich auf. Das einzige Foto von ihm im Besitz des ugandischen | |
Militärgeheimdienstes ist über zehn Jahre alt. Mukulu reiste in den | |
vergangenen Jahren zwischen Kongo, Kenia, Tansania und London hin und her. | |
Er soll über zehn verschiedene Pässe besitzen. | |
Richter Peter Onega, Vorsitzender von Ugandas Amnestiekommission, | |
verhandelte seit über einem Jahr telefonisch mit Mukulu, um ihn zum | |
Aufgeben zu bewegen. Er hatte ihm sogar Straffreiheit zugesichert, erklärte | |
Onega der taz. Doch dafür ist es jetzt wohl zu spät. | |
12 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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