| # taz.de -- Antiziganismus in Schleswig-Holstein: Roma und Sinti werden noch an… | |
| > Großes Dunkelfeld: Die neue Meldestelle für Antiziganismus | |
| > Schleswig-Holstein hat ihren ersten Jahresbericht für 2024 | |
| > veröffentlicht. | |
| Bild: „Gemeinsam Antiziganismus bekämpfen“: Kundgebung gegen rassistische … | |
| Hamburg taz | Die Melde- und Informationsstelle für Antiziganismus | |
| Schleswig-Holstein (MIA SH) hat am Mittwoch ihren ersten Jahresbericht | |
| veröffentlicht. Im Jahr 2024 wurden ihr demnach 66 [1][Fälle von | |
| Antiziganismus] im Bundesland gemeldet. Ein Großteil davon ereignete sich | |
| im Bildungssektor. Die Autor:innen gehen jedoch davon aus, dass die | |
| Dunkelziffer deutlich höher liegt. | |
| Unter den gemeldeten Vorfällen sind zwei schwere körperliche Angriffe, | |
| beide stehen im Zusammenhang mit einem Sinti-Jungen, der an einer Schule in | |
| Schleswig-Holstein von Mitschüler:innen gemobbt wird. Im [2][Bericht | |
| der MIA] bleiben nicht nur Betroffene, sondern auch Orte und Institutionen | |
| anonym, um Beteiligte zu schützen. | |
| Laut dem Bericht wurde der Junge eines Tages nach dem Unterricht von | |
| mehreren männlichen Schülern festgehalten, an einer Bank fixiert, | |
| geschlagen und dabei gefilmt. Zudem seien Verwandte des betroffenen Jungen | |
| angegriffen worden, als sie die Eltern der Täter später konfrontieren | |
| wollten. Einem der Sinti sei dabei der Fuß gebrochen worden, ein anderer | |
| sei mit einem Messer bedroht und verletzt worden. Die Betroffenen meldeten | |
| die Angriffe der Polizei, heißt es im Bericht. | |
| Nicht alle Fälle aus dem Jahresbericht sind derart drastisch. Die | |
| Meldestelle zählt nicht nur strafrechtlich relevante Vorfälle. Sie bezieht | |
| auch nicht strafbare Diskriminierungen ein. Unter den gemeldeten | |
| antiziganistischen Vorfällen waren „verbale Stereotypisierungen“ mit 29 | |
| Fällen am häufigsten, gefolgt von 26 Fällen von Diskriminierungen, vier | |
| körperlichen Angriffen sowie zwei Sachbeschädigungen. | |
| ## Mahnmal in Flensburg geschändet | |
| Von allen in Schleswig-Holstein gemeldeten Fällen fanden etwa 68 Prozent | |
| „face to face“ statt, also im direkten Kontakt mit den betroffenen | |
| Menschen. Weitere rund 21 Prozent der Vorfälle ereigneten sich online. | |
| Einige Fälle richteten sich nicht gegen konkrete Personen. | |
| Dazu zählt auch die Schändung des erst ein Jahr zuvor errichteten | |
| [3][Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti in | |
| Flensburg] im Mai 2024: Unbekannte hatten dabei eine Metallstele aus dem | |
| Boden gerissen und einige Meter entfernt liegen gelassen. Die Polizei geht | |
| von einem politischen Motiv aus, konnte die Täter:innen bis heute aber | |
| nicht ermitteln. | |
| Der Angriff auf das Mahnmal in Flensburg ist einer der wenigen gemeldeten | |
| Fälle, die größere mediale Aufmerksamkeit erfahren haben. Bei den meisten | |
| ist das anders. | |
| ## Antiziganismus wird oft nicht erkannt | |
| Ein Beispiel ist der Fall einer jungen Mutter, der von der Großmutter eines | |
| Kindes, mit dem ihre Kinder zusammen spielten, vorgeworfen wurde, ihre | |
| Kinder würden Schulbrote klauen. Dabei habe die Großmutter das Z-Wort | |
| verwendet. | |
| Die MIA SH ordnet diesen Fall als „bürgerlichen Antiziganismus“ ein. Dabei | |
| werden Menschen aufgrund ihres [4][vermeintlich gesellschaftlich | |
| abweichenden Verhaltens diskriminiert]. Diese Form des Antiziganismus sei | |
| die häufigste unter den gemeldeten Fällen und werde oft nicht erkannt. | |
| Die Autor:innen gehen bei verschiedenen Formen antiziganistischer | |
| Vorfälle von einer großen Dunkelziffer aus. Das liege auch daran, dass die | |
| Meldestelle in Schleswig-Holstein erst im Juni 2024 ihre Arbeit aufgenommen | |
| hat. Sie ist eine von sechs regionalen Stellen der bundesweiten Melde- und | |
| Informationsstelle Antiziganismus (MIA). Diese wurde 2022 auf Empfehlung | |
| eines Expertenrats des Bundesinnenministeriums eingerichtet. | |
| ## Direkte Kontakte zu Betroffenen fehlen | |
| Die Stelle definiert Antiziganismus als „gesellschaftlich tradierte | |
| Wahrnehmung von und den Umgang mit Menschen oder sozialen Gruppen, die als | |
| ‚Z…‘ konstruiert, stigmatisiert und verfolgt wurden und werden“. Auch d… | |
| Bundesregierung bezieht sich auf diese Definition. | |
| Meldungen nimmt die MIA SH sowohl von Betroffenen als auch von Zeug:innen | |
| an. Dies ist online auf Deutsch, Romanes, Serbisch und Russisch möglich. | |
| Die Stelle vermittelt auch an Beratungseinrichtungen. Noch habe die junge | |
| Meldestelle zu wenig Kontakte zu direkt Betroffenen, heißt es im | |
| Jahresbericht. Viele der Meldungen seien über Personen eingegangen, die | |
| bereits mit der Meldestelle zusammenarbeiten und zum Teil selbst aus der | |
| Beratungsarbeit mit Roma und Sinti kommen. So sei auch zu erklären, dass | |
| über die Hälfte der gemeldeten Fälle aus dem Bildungssektor stammen. | |
| Zukünftig wolle die MIA deshalb vor allem das „Vertrauen der Zielgruppen“ | |
| gewinnen. Insbesondere durch ukrainisches und russisches Dolmetschen sollen | |
| auch geflüchtete Sinti und Roma erreicht werden. Zentral sei die | |
| Aufklärungsarbeit: „Personen müssen erkennen, was Antiziganismus ist.“ | |
| 18 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Antiziganismus-im-Alltag/!6000310 | |
| [2] https://mia-sh.de/ueber-uns/ | |
| [3] /Denkmal-fuer-Sinti-und-Roma-zerstoert/!6013883 | |
| [4] /Kelly-Laubinger-ueber-Diskriminierung/!5972181 | |
| ## AUTOREN | |
| Amira Klute | |
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