# taz.de -- Antisemitische Hetze auf Wahlplakaten: Gerichte bremsen Ermittlungen | |
> Die Partei Die Rechte verbreitete antisemitische Plakate. Aber das Amts- | |
> und das Landgericht Hannover genehmigten keine Durchsuchungen. | |
Bild: Die Holocaust-Leugnerin und Die Rechte-Spitzenkandidatin Ursula Haverbeck… | |
HAMBURG taz | Das Statement der Partei Die Rechte markiert ihren Feind | |
unmissverständlich: „Israel ist unser Unglück! Schluss damit“, steht in | |
fetten Lettern auf einem ihrer Plakate. Und: „Zionismus stoppen“. Ein | |
deutlicherer verbaler Angriff auf jüdische Menschen und den israelischen | |
Staat lässt sich kaum formulieren, ohne ausdrücklich radikal-antisemitisch | |
zu werden. Die Provokation und bewusste Grenzverletzung findet hier | |
inmitten der Öffentlichkeit statt, auf einem offiziellen Plakat der | |
rechtsextremen Kleinstpartei. Strafrechtliche Konsequenz hat es nicht. | |
Am Montag bestätigte Bernd Kolkmeier, Oberstaatsanwalt bei der | |
Generalstaatsanwaltschaft Celle, dass von Seiten der Gerichte keine | |
weiteren Ermittlungen angeordnet werden. Wegen der inhaltlichen Aussage | |
würden zwar keine Zweifel daran bestehen, „dass die plakatierten Äußerungen | |
sich unter dem dünnen Schleier vermeintlicher Kritik an dem Staat Israel | |
als antisemitische Hetze darstellen“. | |
Es habe jedoch nicht hinreichend aufgeklärt werden können, wer an der | |
Konzeption, Herstellung und Verbreitung des Wahlplakats beteiligt gewesen | |
sei. Deshalb bekam die Staatsanwaltschaft Hannover weder vom Amtsgericht | |
Hannover noch vom Landgericht Hannover die Erlaubnis für Durchsuchungs- und | |
Beschlagnahmungsmaßnahmen. Die Gerichte sahen keinen Anfangsverdacht für | |
eine Straftat. Diese Entscheidung kann nicht angefochten werden. | |
Im Europawahlkampf 2019 hatte Die Rechte um Sascha Krolzig und Sven Skoda | |
das Plakat nicht allein für mögliche Stimmengewinne genutzt, sondern auch, | |
um ihre eindeutigen Positionen offen zu propagieren: Der Rechtsrahmen der | |
Wahlen als legales Moment der politische Provokation. Die Spitzenkandidatin | |
der Partei war die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck, die | |
sich zur Zeit der Wahl in Haft befand. | |
Mehrere Anzeigen von Privatleuten und jüdischen Gemeinden hatten zu den | |
Ermittlungen geführt. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte das Plakat | |
zunächst als nicht strafbar eingestuft, nahm die Ermittlungen nach einer | |
Beschwerde aber wieder auf. Erneut einstellen musste sie aufgrund der | |
abgelehnten Durchsuchungsbeschlüsse. | |
Dagegen erhob eine in Laatzen lebende Jüdin erneut Beschwerde bei der | |
Generalstaatsanwaltschaft. Ihre Großeltern und weitere Verwandte sind im | |
Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Sie und andere sehen in der | |
Parole einen „Aufruf, der letztlich auf die Ermordung der Juden | |
hinausläuft“. Mit Rede über Israel seien hier alle Juden und Jüdinnen | |
gemeint. | |
Die Generalstaatsanwaltschaft sieht das im Grunde nicht anders. Im November | |
2019 hatte sie die Ermittlungen angeordnet, eben weil sich das Wahlplakat | |
nicht nur gegen den Staat Israel und dessen aktuelle Politik, sondern gegen | |
die jüdische Bevölkerung im Allgemeinen richte. Die gewählte Formulierung | |
erkannten auch die Ermittelnden als bewusste Anleihe an die Hassparole „Die | |
Juden sind unser Unglück“, die in der NS-Zeit auf der Titelseite der | |
antisemitischen Wochenzeitung Der Stürmer propagiert worden war. Die | |
Formulierung sei als antisemitische Hetze nicht von der | |
Meinungsäußerungsfreiheit geschützt. Ohne Durchsuchungen könnten jedoch | |
nicht die notwendigen Beweismittel gewonnen werden und somit erfolge keine | |
Anklage. | |
4 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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